Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm

Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm

Titel: Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
den passgenau gebauten Hangar und hinter ihr schlossen sich die Panzerstahltore. Dies war kein Ort für Menschen, die unter Platzangst litten. Als sich die Mannschaft aus der Station befreit hatte, entließ Rahel sie in die Ruheperiode und begab sich in das Lagezentrum, wo der Wachhabende sie begrüßte. Es war Lieutenant Sporcz, der sich mittlerweile gut an seine Vorgesetzte und ihre kleinen Macken gewöhnt hatte. Zu diesen gehörte unter anderem auch, dass sie im durchaus bequemen Sessel des Lagezentrums zu schlafen pflegte und ihre privaten Unterkünfte seines Wissens nach bisher noch nicht einmal aufgesucht hatte. Es war beruhigend, dass sie dabei dennoch streng auf die persönliche Hygiene achtete.
    Nicht, dass das in etwa sieben Stunden noch irgendjemanden interessieren würde.
    Als sich Rahel in den Sessel setzte, begann sie sofort, sich zu entspannen. Obgleich die Ärzte weiterhin auf regelmäßigen Untersuchungen bestanden – wahrscheinlich ebenfalls eine Sache, an die in sieben Stunden niemand mehr denken würde –, fühlte sie sich wieder hergestellt. Sie musste sich noch an die Tatsache gewöhnen, dass die psychischen Spätfolgen ihres massiven Drogenmissbrauchs auf Lydos nicht so einfach zu beseitigen waren wie die physischen. Wo ihr Körper wieder einwandfrei funktionierte, plagten sie regelmäßig Albträume oder lange Phasen der Schlaflosigkeit. Sie stand wieder unter Drogen, aber diesmal sollten die Mittel helfen, ihre Psyche wieder ins Lot zu bringen oder zumindest die gravierendsten Konsequenzen abzumildern. Unter normalen Umständen hätte man sie für Monate in ein Sanatorium gesteckt, irgendwo in den Bergen oder der Südsee, mit psychologischer Betreuung und möglichst wenigen weiteren Mittelchen. Doch selbst ihre Ärzte hatten einsehen müssen, dass derzeit alles andere als normale Umstände herrschten. Die Termine beim Psychiater, die man ihr aufgedrückt hatte, waren ihr bisher als inhaltsleeres Gefasel vorgekommen. Das wäre anders gewesen, wenn ihr Verstand nicht völlig andere Aufgaben zu bewältigen gehabt hätte.
    Rahel blickte auf die dreidimensional projizierten Anzeigen vor sich und sah nichts, was ihr unmittelbares Eingreifen erfordern würde. Die aufmerksamen Blicke Sporczs und anderer diensthabender Soldaten ignorierend, schloss sie die Augen, holte tief Luft und versuchte, sich auch noch fünf Stunden Ruhe zu gönnen. Ihre subkutanen Pharmadepots waren fast leer. Die Ärzte hatten ihr die meisten Möglichkeiten genommen, sich aufzuputschen oder ihre Leistungsfähigkeit über das menschlich Mögliche hinaus zu verlängern.
    Das war der größte Unterschied zu dem, was sie auf Lydos erlebt hatte, wie sie fand.
    Hier fühlte sie sich sterblicher.

 
17 Europa
     
    Leon hatte, wie die meisten seiner Kollegen, schließlich fristlos gekündigt. Da sich angesichts der Lage ohnehin niemand darum kümmerte, ob das vertragsgemäß war oder nicht, hatte er sich mit seiner gesamten Ausrüstung in seine Wohnung in einem der Vororte verzogen. Seine Frau hatte seine Entscheidung stillschweigend akzeptiert. Sie war drei Jahre älter als er und ihr Haar war grau, mit weißen Einsprengseln. Sie hatte ein schwereres Leben gehabt als ihr Mann, war als Kind in einer der Unterschichtfamilien aufgewachsen, die seit Generationen nur von staatlichen Zuwendungen lebten und sich trotz aller lauten Klagen niemals etwas anderes würden vorstellen können. Ihr Vater war ein brutaler Menschenverächter gewesen und sie hatte das elterliche Heim so schnell wie möglich verlassen. Als Leon sie kennengelernt hatte, war sie Verkäuferin in einem Bistro gewesen, und die Erkenntnis, dass sie sich um sich selbst kümmern musste, wenn sie sich nicht den fürsorglichen, kalten Armen des Staates ausliefern wollte, war für die beginnende Beziehung nicht unproblematisch gewesen. Leon, der noch einige eher altertümliche Vorstellungen über die Schutz- und Fürsorgepflichten eines Familienoberhauptes mit sich herumtrug, musste feststellen, dass seine Frau seines Schutzes nicht bedurfte und Fürsorge für sie ein Geschäft auf Gegenseitigkeit darstellte. Die Tatsache, dass sie nun ruhig am Küchentisch saß und in aller Gelassenheit ihre Waffe säuberte, die man ihr zusammen mit einer schriftlichen Anleitung überreicht hatte, war in gewisser Hinsicht ein Ausdruck dieser Einstellung.
    Carla gehörte zu jenen Teilen der Bevölkerung, die nicht mit obsoleten Armeebeständen ausgerüstet worden war, zumindest, was ihre Waffe

Weitere Kostenlose Bücher