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Tentakelblut (German Edition)

Tentakelblut (German Edition)

Titel: Tentakelblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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und rang sich ein freundliches Lächeln ab.
    »Dann wünsche ich Ihnen dabei alles Gute.«
    Joks lächelte zurück, wollte sich bereits wieder abwenden, als er zögerte und sich erneut an Roby wandte.
    »Sie … Sie verzeihen mir?«
    »Sie haben mir gerade erklärt, dass es nichts zu verzeihen gibt. Das System. Die Nische. Keine Alternative.«
    Joks sah Roby an, als wolle er ergründen, ob dieser seine Erwiderung ernst meinte oder ironisch. Doch auch nach intensivem Studium, so hoffte Roby, würde Joks darauf keine Antwort finden. Das war seine kleinliche Rache, eine Petitesse. Er wollte, dass sich Joks an diesen Moment erinnerte und sich dabei nie sicher sein würde, wie Roby seine Antwort gemeint hatte.
    Er war jedoch überzeugt, dass dies dem Anwalt keine schlaflosen Nächte bereiten würde.
    Dieser Menschenschlag war für allzu große Skrupel nicht konfiguriert.
    Joks wandte sich ab und reihte sich unter den wachsamen Augen einiger Rahels in die Kolonne ein, die langsam die Rampe hinunter in die weitläufige Bunkeranlage verschwand.
    Eine Rahel trat auf ihn zu. »Hat er Sie belästigt? Wir können ihn auswechseln und fortschicken. Es warten genug andere.«
    Roby schüttelte den Kopf. Das war die Sache nicht wert. Er stand jetzt weit darüber, und letztlich … ohne die »Vertretung« dieses Mannes wäre er nicht hier. Keine Bella. Kein Ticket. Er sollte irgendwie dankbar sein, auch wenn ihm dies doch schwerfiel.
    »Nein, er ist in Ordnung. Ein alter Bekannter. Ich wünsche ihm Glück.«
    Die Rahel sah ihn forschend an.
    Doch er war bereits weitergegangen.
        
     

20
     
    Direktor Vangaarden war rein theoretisch so etwas wie ein Staatsoberhaupt, aber niemand nahm ihn in dieser Funktion sonderlich ernst. Nicht einmal er selbst, wie es schien. Er lächelte und nickte unentwegt und tat nicht viel mehr, als den Vertretern des Militärs das Wort zu erteilen und ihnen lobende Worte zu schenken.
    Er war das zivile Feigenblatt der Militärdiktatur. Mirinda hatte relativ früh gemerkt, dass den Mann eine Aura des Fatalismus umgab. Sobhex hatte wohl den gleichen Eindruck gewonnen, obgleich er der Sitzung nicht physisch beiwohnte, sondern vor der Optik seiner Kapsel saß, irgendwo im Orbit um den Jupiter, und sein Abbild hierher projizieren ließ.
    Die wahre Macht in der sogenannten Irdischen Sphäre lag beim Militär und hier bei dem guten Dutzend von hohen Offizieren, die sich nunmehr versammelt hatten, um die letzte wirklich wichtige Entscheidung zu treffen, die ihnen noch blieb.
    Wer sollte überleben?
    Mirinda wusste, dass ein Teil der Diskussion bereits abgeschlossen war, ehe sie überhaupt begann. Die hier Anwesenden würden – zusammen mit ihren Familien, Freunden und engen Verwandten – auf jeden Fall zu den Glücklichen gehören, die in den Genuss der Evakuierung kommen würden. Mirinda schätzte, dass allein diese versammelte Entourage der höchsten Militärführer rund 300 der Evakuierungsplätze ausmachen würde. Sie ging davon aus, dass darüber hinaus noch einmal rund 1700 eine Chance bekommen würden, bis die Tentakel die Verteidigungslinie um den Jupiter wieder sprengen und den Zugang zum Tor isolieren würden.
    »Ich denke, wir müssen hier zwei Gruppen unterscheiden«, erklärte ein General, ein schwerer, rotgesichtiger Mann, der mit seiner schieren physischen Präsenz alle zu erdrücken schien. Er hieß Simmons und war eigentlich für die Verteidigung der eurasischen Landmasse verantwortlich, eine Aufgabe, die er nach den zur Verfügung stehenden Informationen nicht allzu erfolgreich erfüllte. Amerika und Afrika kontrollierten derzeit noch mehr als 50 Prozent ihres Territoriums, ein Anteil, der langsam, aber sicher abschmolz. Eurasien hingegen stand schon zu rund 70 Prozent mehr oder weniger unter Tentakelkontrolle. Angesichts der Tatsache, dass es die größte Landmasse des Planeten war, eine höchst bedrohliche Entwicklung, die Simmons aber nicht so sehr zu stören schien.
    Er würde in nicht allzu ferner Zukunft sein Kommando an einen leichter ersetzbaren Offizier übergeben, der die Stellung halten durfte, während er selbst sich auf ein Raumschiff begab, um sein Heil in der Flucht zu suchen.
    »Zwei Gruppen?«, fragte der Direktor, nur um überhaupt etwas zu sagen.
    »Zum einen jene, die wir in personam mitnehmen – also lebende, atmende Menschen. Zum anderen diejenigen, deren Potenziale wir weitertragen wollen, die wir aber selbst leider … zurücklassen müssen – also Träger von

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