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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Klauen hatte.«
    »Ja. Danke für den Besuch.«
    Heinemann schüttelte den Kopf.
    »Ich bin nicht deswegen hier. Was Ihnen geschieht, ist schon vielen zugestoßen. Auch mir. Sie hat es auf Controller mit hohem Potenzial abgesehen, weil wir sie an das erinnern, was sie selbst nie erreicht hat.«
    Slap erwiderte nichts.
    »Ich bin hier, weil Sie von allen getesteten Delinquenten das höchste Potenzial haben. Eine 12,6 auf der Meinhardt-Delavier-Skala. Ich selbst habe 10,1 und gelte damit als begabt. Der höchste jemals gemessene Wert ist 13,4.«
    Slap zuckte mit den Schultern. All dies sagte ihm nichts.
    »12,6 bedeutet, dass Sie zum obersten Fünftel der Controller gehören. Sie werden nach der Basisausbildung und einigen Routineeinsätzen in eine der Netzstationen versetzt werden, um einen ganzen Abschnitt automatischer und ferngesteuerter Waffen zu kontrollieren – in einem Abschnitt von mehreren Lichtminuten. Kann nicht jeder.«
    »Sie werden auch dazugehören?«
    Heinemann schüttelte den Kopf. »Mit 10,1 liege ich unter dem Schwellenwert. Ich bin gut, also werde ich eine der Festungen bekommen, draußen am Systemrand. Aber die Netzstationen verbinden zwanzig Festungen und Hunderte von Waffenplattformen miteinander. Von Ihrer Sorte gibt es nur ein Dutzend. Sie sind was Besonderes.«
    Slap schaute an sich hinab. »Und deswegen macht Estevez so was?«
    »Sie wurde getestet und ist knapp gescheitert. Sie wollte immer Controller werden. Das ist eine Manie bei ihr. Jetzt vergewaltigt sie welche, um ihrer Besessenheit auf eine perverse Art zu dienen. Sie ist durch und durch krank. Wenn ihr Vater nicht wäre … Aber es gibt ihn halt. Ich warte, wie viele, auf den Zeitpunkt, an dem der den Löffel abgibt oder in den Ruhestand geht. Es wird dann einen sehr tragischen Unfall geben.«
    »Ich mache mit, wenn es so weit ist«, murmelte Slap.
    Heinemann grinste. »Stellen Sie sich bitte hinten an. Die Schlange ist lang. Es gibt Leute mit älteren Rechten.«
    Slap fühlte sich für einen Moment richtig entspannt, beinahe heiter. Er erwiderte das Grinsen.
    »Was heißt es, ein Controller zu sein? Bisher hat mir das niemand richtig erklären können.«
    »Eine Erklärung nur mit Worten kommt an die Erfahrung nicht einmal näherungsweise heran«, erwiderte sein Besucher. Seine Augen bekamen dabei einen entrückten, träumerischen Ausdruck. Slap war davon eher alarmiert. Diesen Blick hatte er in seinem Leben zu oft gesehen – und zwar bei Junkies.
    »Es geht weit über diese VR-Spiele hinaus, an denen jeder hängt«, meinte Heinemann. »Es ist eine neue Form der Symbiose von Datenverarbeitung und menschlichem Geist. Es fühlt sich unbeschreiblich an. Wir haben das Prinzip letztlich von den Tentakeln übernommen, wissen Sie? Sie nannten es den Tentakeltraum.«
    »Nie davon gehört«, murmelte Slap. Er hatte sich nie sonderlich für diese höchst imaginäre Tentakelbedrohung interessiert. Wie viele seiner Generation glaubte er nicht, dass die blutrünstigen Aliens jemals zurückkehren würden. Und die Details jener Zeit vor mehr als 100 Jahren waren nichts, womit er sich jemals besonders intensiv befasst hätte. Propaganda, wie er fand.
    »Wie dem auch sei, Sie werden in Ihrer Ausbildung mit diesem Phänomen konfrontiert werden«, erklärte Heinemann. »Die Ausbildung dauert nicht allzu lange. Es ist die Konfiguration auf Ihrem Posten und die Lernkurve nach der Initiation, die dauern. Wenn man seinen endgültigen Posten bekommen hat, bleibt man dort bis zum Ende der Dienstzeit. Es hat etwas mit der psychischen Verbindung von Maschine und Geist zu tun.«
    »Das hört sich reichlich mystisch an«, wagte Slap zu widersprechen.
    Heinemann zuckte mit den Schultern.
    »Ich kann es wirklich nur in trockenen Worten wiedergeben. Sie werden es verstehen, wenn es so weit ist. Tatsache ist, dass Sie wertvoll sind wie ein Rohdiamant und Ihr wahrer Wert als dauerhafte Investition sich erst ergeben wird, wenn man Sie sorgfältig geschliffen hat.«
    Slap war sich nicht sicher, ob er diesen Vergleich als ausgesprochen verheißungsvoll ansehen sollte. Heinemann schien durchaus enthusiastisch zu sein, doch wirkte er auf Slap weiterhin wie jemand, der nur begrenzt Herr seiner Sinne war. Allein schon durch seine Wortwahl machte er den Eindruck, als habe jemand sein Gehirn gewaschen. Wenn dies Teil des »Feinschliffs« war, von dem er gerade so geschwärmt hatte, war Slap nicht übermäßig interessiert.
    Leider hatte er keine Wahl.
    »Wenn ich so

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