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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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wertvoll bin, warum unternimmt niemand etwas gegen Estevez?«, hakte er also noch einmal nach.
    Heinemann lächelte. »Estevez hat nichts beschädigt, was Sie als Controller brauchen werden. Sie achtet da sehr sorgfältig drauf. Sie weiß, wo sie die Grenze ziehen muss. Solange sie diese nicht überschreitet, hat sie keine Probleme und genießt den Schutz ihres Vaters.«
    »Und wenn ich den Vorfall melde?«
    Heinemann zuckte mit den Achseln.
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Aber Sie sollten wissen, dass der Sicherheitschef der Controller-Akademie General Joaquim Estevez ist. Ihr Vater. Muss ich dazu mehr sagen?«
    Das musste er nicht, wie Slap einsah. Er versank in brütendes Schweigen, was auch Heinemann schließlich zu bemerken schien . Er verabschiedete sich wenige Minuten später und überließ Slap seinen Gedanken.
        
     

10
     
    Roby war sich nicht sicher, ob das ein gutes Zeichen war, als ihn der neue Ausbilder – der genauso aussah wie sein alter, den er umgebracht hatte – mit einer Armbinde zum Caporal auf Zeit aufwertete. Insgesamt vier der Rekruten wurden so ausgezeichnet, sie würden während der kommenden Übungen ihre aus 12 bis 15 Mann bestehenden Trupps anführen, waren für Meldungen und die Einhaltung der Dienstpläne verantwortlich, überwachten die endlosen Reinigungsaktionen, den Zustand der Ausrüstung und alles andere, mit dem man gut schikanieren konnte. Die Kluft zu den normalen Rekruten wurde durch die Tatsache vertieft, dass die Caporale von einigen der Reinigungsdienste befreit waren – sie hatten diese ja schließlich zu beaufsichtigen – und außerdem einen eigenen Tisch in der Kantine bekamen. Das Essen war für sie aber keinesfalls besser. Der größte Unterschied war, dass die Caporale – immer abwechselnd zwei – an Sonntagen einen Nachmittag dienstfrei bekamen. Wenn etwas Neid und Missgunst auslöste, dann das.
    Zu der Schärpe gehörte auch einer der Elektrostäbe, deren Wirkung Roby nur zu gut kannte.
    Ihm war klar, was nun von ihm erwartet wurde.
    Er hatte zu brüllen und zu schreien, zu disziplinieren, zu schimpfen, zu beleidigen und er hatte die Ladung des Stabs freigiebig und auch bei kleinsten »Vergehen« einzusetzen, ganz genau so, wie es die anderen Ausbilder taten. Roby wusste nicht, was damit bezweckt wurde, denn andererseits sorgten die Ausbilder auch dafür, dass die Caporale, kamen sie ihren Pflichten nicht in vollem Umfang nach, wimmernd im Dreck lagen, was nicht zuletzt für große Schadenfreude bei den anderen Rekruten sorgte. Wer Caporal auf Zeit war, gehörte zu niemandem, zumal man sich untereinander nicht helfen konnte. Man stand zwischen zwei Fronten, und beide hatten auf ihre Art und Weise die Möglichkeit, es ihnen heimzuzahlen. Die Ausbilder durften sie jederzeit nach Belieben maßregeln und die Rekruten konnten durch bewusstes Hervorrufen von Mängeln dafür sorgen, dass die Caporale bestraft wurden, wenn sie sich an ihnen für etwas rächen wollen.
    Dass dabei dann auch die Rekruten meist unter den Strafen litten, waren einige von ihnen offenbar bereit in Kauf zu nehmen.
    Roby hatte keinen Spaß daran, zu brüllen, zu maßregeln und zu schikanieren. Gleichzeitig konnte dieses zu unterlassen von den Ausbildern als Vernachlässigung der Pflichten bewertet werden, was wiederum Strafen nach sich zog. Er war in mehrfacher Hinsicht eingesperrt.
    Auf sehr subtile Art und Weise versuchte er daher, nett zu sein. Zum einen signalisierte er durch sein Verhalten, dass er auf brutale Strafen verzichtete, wenn kein Ausbilder in der Nähe war. Er machte deutlich, dass er viel lieber einen Rekruten minutenlang anschrie und beleidigte, als auch nur einmal den Elektrostab einzusetzen. Die Rekruten begannen, ihn zu verstehen und mitzuspielen. Brüllte er herum, blickten sie rechtschaffen betreten drein, ja angstvoll, sodass die Ausbilder sich zufrieden zeigen konnten. Und wurde Roby aufgefordert, Männer für besonders unangenehme Arbeiten auszusuchen – meist einem Befehl folgend, der »Nehmen Sie die Leute, die es verdient haben!« lautete –, dann rotierte er diese unter den Rekruten, schoss sich auf niemanden ein, machte keinen zum alleinigen Sündenbock. Natürlich wurde gegrummelt. Es wurden böse Blicke geworfen. Aber die Rekruten waren schnell zu dem Schluss gekommen, dass es besser war, Robys Spiel mitzuspielen, anstatt ihn in eine bedrohliche Situation zu bringen, nur weil man neidisch auf ihn war. Sie alle schlossen einen

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