Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
Worten Nachdruck zu verleihen, richtete er die Pistole wieder auf den Delinquenten, drückte ab und jagte eine Kugel direkt in dessen Kopf. Der Körper des Getöteten zuckte nur noch einmal zusammen, dann lag der Mann regungslos in einer sich stetig ausbreitenden Blutlache.
    Der Schütze sah Roby an.
    »Sie machen das erst weg!«, befahl er mit Blick auf die Leiche. »Dann Appell, in 45 Minuten.«
    Damit wandte er sich ab.
    Roby starrte auf die blicklos ins Leere starrende Leiche. Er zitterte am ganzen Leib.
    Es fing wieder zu regnen an.
        
     

13
     
    Es war eine wahnsinnige Sauerei. Und es hatte besser funktioniert als gedacht. Wie gut, dass der Systemalarm ausgebrochen war.
    Slap hatte einen Moment zu lang auf den Auslöser gedrückt. Er war sich nicht sicher, ob seine Waffe ein zweites Mal eine ähnliche Wirkung entfalten konnte.
    Die Reste des Mannes waren auf reichlich ekelerregende Art und Weise an Wänden und Boden verteilt. Als er Slap mitten in der Schlafphase ergriffen hatte, war dessen Reaktion automatisch gekommen, schnell, im Halbschlaf, fast unbewusst. Er hatte dem Gorilla die gezackte Mündung der Pistole durch das dünne Bordhemd in den Magen gerammt und abgedrückt.
    Etwas zu lang, wie gesagt.
    Das Treibgas hatte binnen einer Sekunde sein Opfer zur Explosion gebracht. Er war aufgeschwollen, seine Magenwand geplatzt wie eine reife Frucht. Er hatte nur kurz aufgeschrien, dann waren auch seine Lungen explodiert, die Herzkammer, alles, wo der Treibsatz sich am leichtesten hatte ausbreiten können.
    Eine riesige Sauerei. Keiner der Schlafenden war verschont geblieben, jedem hingen Gedärme oder Innereien in den Decken oder im Haar. Einige zitterten. Slap zitterte. Es war alles zu schnell gegangen, und dann, als der zweite Gorilla, mit Entsetzen und Panik im Blick, nach ihm gegriffen hatte, war der Alarm gekommen. Er hatte sie alle durchgeschüttelt, jeden aus der Starre gerissen, in die sie gefallen waren. Slap zuallererst.
    Die Druckluftpistole war seiner Hand entglitten.
    Im Türrahmen stand Estevez, die Hände vor dem Mund, die Augen aufgerissen. Dann hatte der Alarm auch sie aufgeschreckt und sie wankte davon.
    Es gab eine Durchsage des Kommandanten.
    Irgendwas von einem Systemalarm.
    Slap war noch damit beschäftigt, sich die Innereien seines Peinigers von der Uniform zu wischen. Es herrschte allgemeine Aufregung und es war niemand da, der für Disziplin sorgte. Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis ein Trupp von fünf Besatzungsmitgliedern in die Unterkunft kam. Ein Sergent mit steinernem Gesichtsausdruck und vier Männer mit großen Elektroknüppeln. Da sich niemand wehrte, musste auch nicht geschlagen werden. Slap wurde in die Mitte genommen und fand sich wenige Augenblicke später in der Brig wieder, einer winzigen Zelle mit einem aufklappbaren Plastikbett. Man gestattete ihm, sich zu säubern und eine frische Uniform anzuziehen. Die Wachsoldaten bemühten sich um Emotionslosigkeit, doch egal, ob es sich um Frauen oder Männer handelte, es waren winzige Gesten oder Worte, die bei Slap den Eindruck erweckten, als habe er sich für seine Tat eine gewisse Sympathie erworben. Er wurde nicht misshandelt. Er bekam einen Plastikteller mit Standardrationen und genügend Wasser. Er wurde nicht einmal angeschrien. Die normalen Besatzungsmitglieder behandelten ihn anständig. Niemand wusste, was die Schiffsführung nun tun würde, aber Slap ging davon aus, dass man ihn schlicht bis zur Ankunft auf dem Mars einbuchten und dann der Militärgerichtsbarkeit übergeben würde. Slap machte sich über sein Schicksal nicht allzu viele Illusionen. Zwar hatte er auf der einen Seite in Notwehr gehandelt. Auf der anderen Seite stand Estevez’ Gesicht lebhaft vor seinem geistigen Auge, diese Mischung von Entsetzen und … ja, er meinte, sich an Hass erinnern zu können. Keine idealen Voraussetzungen für seine weitere Karriere.
    Slap horchte kurz in sich, suchte nach Bedauern, nach Trauer oder Reue. Er suchte wirklich danach, aufrichtig, aber er fand nichts davon. Das war in gewisser Hinsicht bestürzend, denn obgleich er im Verlaufe seiner Jugend an allerlei Gaunereien beteiligt gewesen war, so hatte er doch noch kein Menschenleben auf dem Kerbholz. Er unterlag nicht in dem Maße dem Männlichkeitswahn anderer Gangmitglieder, die einen Mord zur Selbstbestätigung für unvermeidbar hielten. Man hatte dies auch nie von ihm verlangt, dafür waren seine Fähigkeiten als Hacker und Einbrecher viel zu wichtig

Weitere Kostenlose Bücher