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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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wieder in einer Zelle, in der Slap allein gelassen wurde. In ihm hatte sich so etwas wie Fatalismus breitgemacht, zumindest deutete er seine Gefühlslage so.
    Zwei Tage vergingen, in denen er nicht einmal einen Wachmann zu Gesicht bekam. Er erhielt Nahrung über eine Versorgungsklappe in der Tür. Er konnte sich an einem stählernen Waschbecken in der Zelle mehr schlecht als recht waschen. Meist lag er auf der Pritsche und starrte an die Decke. Er versuchte, viel zu schlafen und unnötige Grübeleien zu vermeiden. Er konnte die Zeit messen, denn zur Nachtphase wurde das Licht ausgeschaltet und die Mahlzeiten ließen sich in Frühstück, Mittag- und Abendessen unterteilen. Aber es war die Monotonie, die irgendwann begann, an seinen Nerven zu zerren.
    Am Nachmittag des zweiten Tages öffnete sich die Zelle unvermittelt und Slap wurde in ein Verhörzimmer geführt. Außer einem stehenden Wachsoldaten gab es nur einen Offizier mit bewegungslosem Gesicht sitzend hinter einem Schreibtisch. Auch Slap durfte sitzen. Er wurde nicht einmal gefesselt.
    »Rekrut, ich muss Ihnen die Problematik Ihrer Situation wohl nicht verdeutlichen«, hob der Offizier unvermittelt an. Er hatte eine fast sanfte Stimme, die Slap einen kalten Schauer den Rücken hinunterjagte. Das schmale Gesicht des Mannes wurde dominiert von zwei schwarzen, durchdringenden Augen, die ihn zu sezieren schienen. Slap fühlte sich unwohl, und das war ohne Zweifel auch der tiefere Sinn der ganzen Übung.
    Slap erwiderte nichts. Irgendwie hatte der Mann keine Frage gestellt.
    »Sie haben aber Glück im Unglück«, meinte der Offizier nun. »Es sind mir Berichte über gewisse Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Verhalten des Ermordeten wie auch einiger involvierter Offiziere zugetragen worden, die, das will ich zugeben, durchaus Verständnis für Ihre Tat bei mir auslösen.«
    Slap sah den Mann verwundert an. Sein Blick fiel auf das Namensschild. Es war ein Colonel, und sein Name war Bouvier. Wenn sich Slap an seine Lektionen über Abzeichen richtig erinnerte, gehörte dieser Mann zum Militärgeheimdienst. Slap wurde etwas unwohl. Er hatte den Militärstaatsanwalt erwartet oder eigentlich erst einmal seinen Verteidiger. Aber offenbar fehlte ihm der Bezug zu den Realitäten der Flotte immer noch. Es gab Regeln. Und es gab die Art und Weise, wie die Dinge tatsächlich abliefen. Slap fühlte sich ein wenig verloren. Es gab mal wieder nichts, auf das er sich verlassen konnte.
    Außer auf sich selbst.
    Er fragte sich, wie es Roby jetzt wohl erging .
    »Rekrut, ich muss Sie aus mehreren Gründen aus der Schusslinie ziehen«, sagte Bouvier nun. »Der erste Grund: Sie sind hochbegabt. Sie sind eine so wertvolle Ressource, ich darf nicht zulassen, dass sie verschwendet wird.«
    Normalerweise hielt Slap nicht so viel davon, als Ressource bezeichnet zu werden, aber in diesem speziellen Fall sah er es als gutes Zeichen.
    »Zum Zweiten ist es so, dass der Vater einer involvierten Offizierin sehr daran interessiert ist, dass die ganze Angelegenheit so wenig Aufsehen wie möglich erregt. Ein Verfahren würde zweifelsohne Aufsehen erregen – und gewisse Details an die Öffentlichkeit bringen.«
    Slap deutete nur ein Nicken an.
    »Zum Dritten kann ich Sie aber nicht in die normale Controller-Ausbildung schicken, denn Sie sind letztlich ein Delinquent und es wäre nicht vermittelbar, dass der Mord durch einen Delinquenten einfach übergangen wird. Ich stecke, wie Sie sehen, etwas in einem Dilemma.«
    Slap hatte nicht den Eindruck, als würde er Bouvier sehr dabei helfen können, dieses Dilemma zu überwinden. Er fand, dass der Ball immer noch in der Hälfte des Geheimdienstlers lag. Er erwartete ein Angebot. Einen Ausweg. Sonst hätte sich der Colonel die lange Vorrede auch sparen können.
    Slap war sich zumindest schon einmal sicher, dass er überleben würde. Er war auch für kleine Fortschritte dankbar.
    »Sie werden die Ausbildung nicht in der Akademie absolvieren«, erklärte Bouvier. Da er eine Pause machte und Slap auffordernd ansah, erschien es angemessen, etwas zu sagen, und zwar etwas Naheliegendes.
    »Wo dann?«
    »Sie werden Teil eines Geheimprojektes. Dieses Projekt gibt es erst seit zwei Tagen und es hängt mit dem Systemalarm zusammen, den Sie ja auch mitbekommen haben.«
    »Die Tentakel kehren zurück«, schoss es aus Slap heraus. Er wollte unbedingt mehr darüber wissen. In der Haft hatte ihm niemand etwas erzählen wollen.
    Bouvier nickte.
    »Das ist das eine.

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