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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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beruhigend die Schulter.
    »Gleich geht’s ins Hospital, da schneiden sie dir die Spore raus«, sagte er leise. »Und dann einfach nur liegen bleiben und gesund werden.«
    Sie alle kannten das Risiko der Behandlung. Doch beim letzten Angriff, der ersten Invasion, wäre es Robys Aufgabe gewesen, dem Mann den Gnadenschuss zu geben und die Leiche zu verbrennen, damit sie nicht als Nährboden für neue Tentakelkrieger dienen konnte. Jetzt hatte der Soldat eine Chance, alles zu überleben – zumindest bis zum nächsten Mal.
    Roby lächelte ihm aufmunternd zu. »Wird schon!«, sagte er. Er meinte es auch so. Es war gut, wenn man echten Anlass zur Hoffnung hatte.
    Das Display forderte wieder seine Aufmerksamkeit. Während der Verletzte abtransportiert wurde, führte es erstmals die Verlustmeldungen der menschlichen Truppen auf. Das Verhältnis war erschreckend. Das Landungsboot der Tentakel hatte rund 300 Tentakelsoldaten ausgespuckt, von denen jetzt noch vielleicht 30 oder 40 in unmittelbarer Nähe des halbwracken Raumschiffes operierten. Die Sicherheitskräfte hatten inklusive der zuletzt angeforderten Einheiten fast 1500 Mann aufgeboten, von denen über 150 gefallen und weitere 100 verletzt waren. Roby stellte sich vor, wie das Verhältnis wohl sein würde, wenn die Menschen keine so klare Übermacht hatten.
    Das sah alles nicht besonders gut aus.
    Er verfolgte die weiteren Meldungen und fühlte, wie sich überall die Atmosphäre entspannte. Eine gute halbe Stunde verstrich, dann meldete man das Gebiet als gesäubert und die Teams betraten offenbar das gelandete Raumschiff. Alles Weitere lag nun in den Händen der Eierköpfe, dennoch bezweifelte Roby, dass sie etwas grundsätzlich Neues herausfinden würden. Nach der ersten Invasion hatte es im ganzen Sonnensystem jede Menge herumtreibende Tentakeltechnik gegeben, auf den Schlachtfeldern der Erde ebenso. Soweit Roby wusste, waren die Tentakel in einigen Feldern technologisch überlegen, jedoch nicht in allen und der Vorsprung war nie sehr weit. Die Aliens hatten es nicht nötig, auf technologische Innovation zu setzen. Sie hatten sich selbst, und das schien im Regelfalle zu genügen.
    Dann kam auch für seine Leute der Rückzugsbefehl. Es war mittlerweile dunkel geworden, kühl dazu, und die Stimmung in der Truppe war mies. Alle hatten irgendwann mitbekommen, mit welchem Aufwand die Invasoren zurückgedrängt worden waren. Alle hatten die Schreie der Verletzten und Sterbenden im Ohr, auch wenn sie selbst unverletzt geblieben waren. Und alle waren sehr, sehr müde.
    Roby beobachtete schweigend, wie sie die Transportfahrzeuge bestiegen. Die Rückfahrt verlief in völliger Stille. Roby fühlte, wie sich Angst in ihm ausbreitete. Er hoffte, dass die Angst nicht fortging, nicht kühler Distanz oder, noch schlimmer, Abgestumpftheit wich. Etwas Angst würde ihn wachsam bleiben lassen.
    Wachsamkeit, so stellte er fest, wurde mit jedem Tag wichtiger.
        
     

Zwischenspiel
     
    Dr. Hernan Suarez schaute auf die Kontrollanzeigen vor ihm. Er strich sich dabei abwesend mit der Hand über den Dreitagebart, der sein hageres, abgehärmt wirkendes Gesicht zu zieren begonnen hatte. Eine automatische Bewegung, unbewusst, ein Reflex, um sich zu vergewissern, dass er noch wach war, eine Ersatzhandlung für den Schlaf, den er so bitter nötig hatte. Das schabende Geräusch ließ den Laborassistenten Kurt Germann aufblicken. Germann war bis vor Kurzem Doktorand gewesen, ein Schüler Suarez ’ , doch ihre aktuelle Arbeit hatte nichts mehr mit der Theorie der Biogenetik zu tun, nur noch mit der Praxis. Als bekannt geworden war, dass die Tentakel auf dem Weg waren, hatte man sie eingezogen.
    Für Suarez war das keine sonderlich große Überraschung gewesen. Die Einrichtung, in der sie sich seit Wochen aufhielten, war ihm wohlbekannt. Er hatte geholfen, sie zu entwerfen. Dass er den Krieg hier miterleben würde, damit hatte er fest gerechnet. Für seinen Assistenten war es ein Schock und eine Erleichterung zugleich gewesen. Erschrocken hatte ihn die Existenz der hoch geheimen, weitläufigen unterirdischen Anlage. Erleichtert hatte ihn die Tatsache, dass er nicht zur kämpfenden Truppe musste, sondern hier sogar sehr gut bewacht wurde.
    Mit der kämpfenden Truppe hatte er aber dennoch zu tun, denn hier wurde sie hergestellt.
    » Wie weit sind wir?«, fragte Suarez. Eine unnötige Frage, konnte er sich doch jederzeit über den Fortschritt des Brutprozesses selbst informieren. Hier, in der

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