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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Steuerzentrale, liefen schließlich alle Informationen zusammen. Doch Suarez legte Wert auf zwischenmenschliche Kommunikation. In der weitläufigen Anlage arbeiteten außer den Wachmannschaften keine 30 Experten, und aufgrund der Größe der Brutstätte lief man sich nicht allzu häufig über den Weg. Der Schichtdienst führte auch dazu, dass man sich nicht beim Essen traf, die meisten nahmen ihre Mahlzeiten ohnehin am Arbeitsplatz zu sich. Alle standen sie unter Zeit- und Erfolgsdruck, keiner wollte in der Aufmerksamkeit nachlassen. Suarez war als derjenige, der letztlich die Gesamtverantwortung trug, in alle Prozesse eingebunden.
    Er schlief in letzter Zeit eher schlecht.
    »Alles im Plan«, erwiderte sein Assistent pflichtschuldigst. »Die erste Tranche ist fast fertig gestellt.«
    Die erste Tranche bestand aus 500 Klonsoldaten, die in fein säuberlich aufgereihten Brutkammern einem beschleunigten Wachstum unterzogen wurden. Suarez hatte von seinem Steuerzentrum aus durch große Panoramafenster einen direkten Blick auf die Bruthalle. 2000 Brutkammern alleine in dieser Anlage konnten binnen vier Wochen vom befruchteten Ei bis zum Embryo voll ausgebildete Mustersoldaten erschaffen, deren grundlegende Kenntnisse bereits während der Entwicklung durch Psychoinduktion vermittelt wurden. Sobald sie ausgewachsen und konditioniert waren, würde ein vierwöchiges motorisches Training folgen, sodass zwei Monate nach der künstlichen Befruchtung ein recht leidlich nutzbarer Soldat existierte. Man erwartete nicht viel vom hier produzierten Kanonenfutter: Die Klone sollten in der Lage sein, Befehle zu verstehen und auszuführen, über einen gewissen Selbsterhaltungstrieb verfügen, der sie unter Feuer Deckung suchen ließ, eine Waffe führen können und über ein gewisses Maß an körperlicher Stärke und Fitness verfügen. Ansonsten ging man davon aus, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Klonsoldaten im Felde 3 bis 4 Monate betragen würde. Da sie letztlich weitaus preiswerter herzustellen waren als Kampfroboter, hatte man sich für diese Variante entschieden. Es ging um Masse, denn das war schließlich auch das Pfund, mit dem die Tentakel wucherten.
    Auf der ganzen Erde verteilt sowie auf dem Mars gab es 26 dieser Anlagen. Mit Beginn des ersten Anzeichens der Invasion waren sie auf vollen Produktionsmodus geschaltet worden. Bald würden sie im wöchentlichen Abstand Tausende und Abertausende von Klonsoldaten ausspucken. Die Vorräte zur Produktion, vor allem Energie und die notwendigen Nährflüssigkeiten, reichten für ein Jahr. Dann, so die Kalkulation der Strategen, war man entweder in der Lage, Nachschub zu liefern, oder es war bereits alles verloren.
    Suarez schaute auf die Brutkammern der ersten Tranche, die im sanften Rotlicht schimmerten. Er wusste, dass zeitgleich mit diesen 500 Soldaten in allen anderen Anlagen eine parallele erste Gruppe kurz vor dem Brutende stand. Auf einen Schlag würden 13 000 neue Soldaten zur Verfügung stehen. Eine Woche später würden es bereits 26 000 sein. In einem Monat 52 000. Und so würde es kontinuierlich weitergehen, bis die Invasion die Anlagen zum Stillstand zwingen oder etwas anderes eintreten würde, das den Produktionsprozess unterbrach.
    Dr. Suarez wollte sich das nicht ausmalen.
    Er wandte sich um, nickte seinem Assistenten zu und sagte: »Ich mache dann mal meinen Rundgang.«
    Es war eine Gewohnheit von ihm, einmal in der Schicht die Brutkammern persönlich in Augenschein zu nehmen. Jetzt, kurz vor dem Ende des Prozesses, würde man die Gesichter und Körper der Neugeborenen genauer ausmachen können, da deren Entwicklung so gut wie abgeschlossen war. Alle sahen natürlich gleich aus, dennoch hatten die Genetiker es sich nicht nehmen lassen, fünf verschiedene »Serien« zu entwickeln, die sie leichten Variationen unterworfen hatten: Haarfarbe, Augenfarbe, Nasenform. Die Körpergröße jedoch blieb einheitlich, in allen Belangen. Die Militäradministration hatte schließlich auch nur Stiefel und Uniformen in einer Einheitsgröße vorbereitet. Zu viel Variation würde die Effizienz beeinträchtigen.
    Suarez wollte sich seine Geschöpfe vor Ort, mit eigenen Augen ansehen. Er trug für sie die Verantwortung. Die persönliche Inspektion in dieser entscheidenden Phase der Produktion war das Mindeste, das er ihnen schuldig war. Er war, auf eine verquere Art, so etwas wie ihr Vater.
    Er stieg die Metalltreppe in die Halle hinab, in der es ungleich wärmer war als im

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