Tentakelwacht
Abscheu wurde Wut, und Wut lenkte seine Waffe, als er, wie viele seiner Kameraden, auf den durch die erste Verteidigungslinie durchgebrochenen Tentakelsoldaten feuerte. Die Geschossgarben, auf diese Entfernung zielsicher und extrem effektiv, taten mit dem erst wankenden, dann stürzenden Leib des Aliens das, was dieser mit dem armen Soldaten getan hatte: Er wurde förmlich geschreddert. Das Unheimliche war, dass der Tentakel leise starb, keinen Schrei ausstieß, obgleich seine Agonie länger dauerte als erwartet. Der mächtige Körperpanzer hielt genug Schüsse ab, um ihn noch einige Schritte weitertaumeln zu lassen und Sporen in alle Richtungen abzufeuern. Dann aber wurde er durch die Flut überwältigt und sackte in sich zusammen; dabei lösten sich Stücke aus dem Körper und flogen wild durch die Luft. Roby kam es fast so vor, als würde sich dies alles in Zeitlupe abspielen, und er merkte erst, dass das Magazin leer war, als sein Zeigefinger voller Schmerzen protestierte, dermaßen fest hatte er den Auslöser seiner Waffe gedrückt gehalten.
Er ließ los, atmete aus, schloss einen winzigen Moment die Augen, während seine Hände vollautomatisch das Magazin austauschten und die Waffe durchluden und entsicherten.
Als er wieder hinsah, war der Tentakel am Ende. Kein weiterer der Aliens hatte es so weit geschafft. Für Robys Männer hieß das weiter vorrücken .
Etwas in ihm schrie, doch einfach hierzubleiben und sich zu verkriechen. Das Gesicht des Mannes in seiner Nähe war bleich und dessen Bewegungen schienen fahrig. Ah, dachte Roby, das war also die Feuerprobe, in der sich zeigte, wer es konnte und wer nicht. Etwas unbeteiligt stellte er fest, dass es ihm noch einigermaßen gut ging. Also musste er dafür sorgen, dass alle den nächsten Schritt machten.
Roby hasste das. Roby hasste sich. Und irgendwann, so befürchtete, würden seine Leute ihn hassen, spätestens dann, wenn die ersten von ihnen mit Sporen im Leib schreiend am Boden lagen und nach ihrer Mutter riefen. Oder um Erlösung baten.
Roby raffte sich auf. Er hatte seine Mutter nie kennengelernt. Und das mit der Erlösung hatte noch keinen rechten Reiz für ihn entwickelt.
Etwas knatterte durch die Blätter der Büsche. Roby fiel flach zu Boden und wartete einen Moment, dann hob er den Kopf. Die Optik zeigte ihm drei Tentakelkrieger, die sich in seine Richtung vorarbeiteten. Sie hatten die Front erreicht.
»Konzentriertes Feuer!«, befahl er. »Gruppe eins, Ziel Alpha. Gruppe zwei …«
Sein Befehl ging im eröffneten Feuer der Soldaten unter. Der Höllenlärm wurde dadurch verstärkt, dass die drei Tentakel ein helles Kreischen ausstießen, fast als würden sie sich gegenseitig Mut zusprechen. Sie warfen sich nach vorne, feuerten Sporen ab und schienen sich über das gegnerische Feuer eher zu freuen, es als Ansporn für einen Sturmangriff zu sehen.
Dennoch hatten sie keine Chance. Drei oder vier Meter schafften sie, dann lagen sie grob gehäckselt am Boden. Stille senkte sich über die Szenerie. Roby warf einen Blick auf die taktische Karte. Wenn die Angaben stimmten, dann war die überraschende Landung der Aliens mittlerweile völlig gescheitert. Die rasch herangezogenen Truppen räumten unter den Invasoren auf, die alleine schon aufgrund der Übermacht ihrer Feinde keine Chance hatten. Rote Icons, die identifizierte Feinde zeigten, erloschen mit rasanter Geschwindigkeit. Robys Truppe sollte nichts weiter tun als diesen Abschnitt sichern. Hier zeigte das Display weit und breit keine Tentakel mehr an. Also Kopf runter und bis zum Ende abwarten.
Roby war das nur recht.
»Sanitäter!«, erklang der schwache Ruf aus dem Helmlautsprecher. Roby rutschte auf dem Boden zurück, bis hin zu einem Mann, der auf der Seite lag, die Uniform aufgerissen. Eine Tentakelspore hatte ihn am Arm erwischt und sich tief ins Fleisch gegraben. Die Wunde blutete kaum, die Sporen sorgten dafür, dass sie sich schnell verschloss und heilte. Es ging um den Nachwuchs und um Nährstoffe, da wurde nichts verschwendet. Der Mann sah Roby mit gequältem Blick an. Doch ehe Roby seine eigenen Ampullen hervorholen konnte, war der Sanitäter zur Stelle.
Der Mann zögerte nicht lange. Wortlos holte er einen Injektor hervor, geladen mit der empfohlenen Quantität, drückte das stumpfe Ende des Instruments an den verletzten Arm und löste es aus. Binnen weniger Augenblicke schoss das Mittel in die Blutbahn. Der Mann schaute den Sanitäter hoffnungsvoll an und dieser tätschelte ihm
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