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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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irgendwo dazwischen, ohne dass er dieses »dazwischen« genauer fassen konnte. Und als die erste Angstattacke erst einmal überwunden war, empfand er eine seltsame Ruhe, fatalistisch fast, aber wieder erfüllt von der völlig aus der Luft gegriffenen Gewissheit, dass ihm schon nichts passieren würde.
    Erst allmählich klärte sich sein Blick wieder. Langsam gewann alles wieder an Struktur. Daten tröpfelten zurück in sein Gehirn. Er blinzelte, versuchte, einen optischen Eindruck seiner Situation zu bekommen. Alles verfestigte sich. Der Schwindel verflog, die Benommenheit schwand, der Druck auf seinem Kopf ließ nach. Er spürte, wie jetzt, verspätet, die medizinische Automatik agierte und ihm etwas injizierte, was ihm den Kopf klärte und ihn mit nunmehr falscher Zuversicht erfüllte.
    Langsam sortierte er die neuen Eindrücke.
    So viel war klar, stellte er nach wenigen Augenblicken fest.
    Auf dem Jupiter befand er sich nicht mehr.
        
     

26
     
    »Die Situation ist wie folgt!«
    Die Stimme des Colonels war durchdringend, lange darin trainiert, auch ohne Verstärker ans Ohr der Zuhörer zu gelangen. Der hagere Mann stand da, als habe er einen Stock verschluckt, und schien jeden Einzelnen der Anwesenden mit seinem stechenden Blick durchbohren zu wollen. Das war natürlich albern, wie Roby wusste. Im großen Besprechungsraum saßen gut 100 Zuhörer, und allein die Tatsache, dass er selbst in der zweiten Reihe saß, führte möglicherweise dazu, dass ihn der Colonel direkt ansah. Roby bewegte sich unruhig. Seine saubere und gestärkte Uniform knisterte bei jeder Bewegung. Es war ihm auch so, als würde ein Druck auf seiner Brust liegen. Das war ebenfalls Einbildung, ausgelöst durch die frisch auf die Uniformjacke eingenähte Auszeichnung, die er für … ja, für was eigentlich bekommen hatte? Vielleicht war es die seltsame Kombination aus Niederschlagung eines Plündererüberfalls und Beteiligung an der Tentakelabwehr, die Aufmerksamkeit hervorgerufen hatte. Vielleicht war es aber auch nur so, dass jetzt, wo es langsam heiß wurde, irgendjemand einen Orden bekommen musste, um die Moral zu stärken.
    Roby konnte sich schlecht dagegen wehren (außerdem bekam er einen finanziellen Bonus und zwei Tage Sonderurlaub), aber so sehr er auch in sich forschte, die Moralstärkung war bei ihm noch nicht spürbar.
    Und die Besprechung, geleitet vom Colonel mit den stechenden Augen, trug ebenfalls nicht dazu bei, das wurde schnell klar, als der Offizier mit der Darstellung der aktuellen Lage begonnen hatte.
    Es war alles sehr bedrückend.
    »Zusammengefasst also: Wir haben die Kontrolle über die drei äußeren Planeten bereits verloren. Wir gehen davon aus, dass die Tentakel auf den Uranus- und Neptunmonden Stationen errichten. Unsere Indizien weisen darüber hinaus darauf hin, dass sie Produktionsstätten irgendwo in der Oort’schen Wolke betreiben und von dort ein steter Nachschub an Raumschiffen und Tentakeln erfolgt, dem wir derzeit nichts entgegensetzen können. Die Tentakel gehen diesmal weitaus überlegter, strategischer und langsamer vor als bei der ersten Invasion. Sie greifen immer wieder die inneren Welten oder die großen Militärinstallationen um Jupiter und Saturn an, aber bisher nur probehalber, um unsere Reaktionsgeschwindigkeit und Abwehrkraft zu testen. Darüber hinaus vermuten wir, dass sie jetzt einen Planeten nach dem anderen unter ihre Kontrolle bringen wollen, ohne ihre Kräfte zu verzetteln. Das stellt für uns ein Problem dar, da wir trotz aller Flottenaufbauprogramme viele unserer Verteidigungsanlagen stationär installiert haben. Das heißt, die Tentakel fokussieren ihre Angriffe und ihre Ressourcen, während wir dies nur bei den mobilen Elementen unserer Kräfte können. Das genügt nicht, um die Invasion zurückzuschlagen.«
    Er hielt inne.
    »Was sind die guten Nachrichten? Jupiter und Saturn haben massive, fest installierte Abwehrsysteme. Der Vormarsch der Tentakel wird ab jetzt mit jeder weiteren Welt langsamer. Nach unseren Schätzungen wird selbst im schlechtesten Fall der Angriff auf die Erde in frühestens einem halben Jahr erfolgen, eher noch später. Das hilft uns, geeignete Vorbereitungen zu treffen. Wenn der Feind kommt, werden Mars und Terra für ihn so bereit sein, wie wir es uns nur vorstellen können. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass das Schicksal der Menschheit einmal mehr auf der Erde entschieden werden wird, im Kampf Mensch gegen Tentakel. Und ich bin mir nicht

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