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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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sicher, ob das reichen wird.«
    Jemand hob die Hand, ermutigt durch die erschreckende und überraschende Offenheit des Colonels. Sonst war man eher Durchhaltesprüche und überoptimistische Prognosen gewohnt. Offenbar wollte man dies Unterführern nicht zumuten.
    »Ja?«
    »Mon Colonel, besteht nicht die Gefahr, dass die Tentakel uns einfach aus dem Orbit bombardieren und sturmreif schießen?«
    »Die Gefahr besteht in der Tat, und derlei ist ja auch bei der ersten Invasion geschehen. Aber die Tentakel haben Interesse an einem weitgehend intakten Ökosystem, so vermuten wir zumindest. Wir gehen derzeit davon aus, dass sie nicht riskieren wollen, es nachhaltig etwa durch einen Fallout oder massive Klimastörungen zu beeinträchtigen.«
    Jemand anders meldete sich. Der Colonel nickte ihm auffordernd zu.
    »Mon Colonel, es gibt Gerüchte über massive Truppenrekrutierungen, über neu aufgestellte Einheiten. Ist das korrekt?«
    Der Offizier sah den Fragesteller mit zusammengekniffenen Augen an. Es wurde Roby schnell klar, dass er diese Frage entweder nicht erwartet hatte oder sie nicht besonders mochte. Aber jetzt musste er reagieren.
    »Die Gerüchte haben einen wahren Kern«, sagte er schließlich. »Es werden neue Einheiten aufgestellt. Die gute Nachricht ist: Diese Einheiten sind speziell für den Fronteinsatz ausgebildet, sie werden im Falle einer Invasion die Speerspitze unserer Abwehrmaßnahmen darstellen. Erst danach werden die Soldaten in die Kämpfe eingreifen, die Sie kommandieren. Das verschafft Ihnen eine Atempause, zusätzliche taktische Informationen und wird Sie vor allem vor bösen Überraschungen schützen, die die Tentakel möglicherweise bereithalten. Mehr kann ich Ihnen dazu aber derzeit noch nicht sagen.«
    Der Fragesteller schien zufrieden zu sein. Solange die benannten Vorteile sich für ihn tatsächlich ergaben, war es ihm wahrscheinlich egal, aus was für Soldaten diese seltsamen neuen Einheiten eigentlich bestanden – vor allem, da der gesamte Bodensatz der Gesellschaft, Roby inklusive, doch längst einberufen und mobilgemacht worden war. Dahinter verbarg sich eine wichtige Geschichte, dessen war Roby sich sicher, doch er hielt wohlweislich den Mund. Es war nie eine gute Idee, zu sehr aufzufallen, und so wog die Auszeichnung an seiner Brust besonders schwer. Wer auffiel, wurde für allerlei Missionen freiwillig gemeldet, und das war ein Schicksal, das er auf jeden Fall vermeiden wollte.
    Die restliche Sitzung verlief ereignislos. Roby bemerkte, dass er bereits sanft vor sich hin dämmerte , als sie schließlich abtreten durften. Seine Lebensgeister wurden geweckt, als er ins Freie trat. Sämtliche Restriktionen für den Ausgang aus der Kaserne waren für ihn und eine Reihe seiner besten Kameraden vollständig aufgehoben worden. Es war fast 17 Uhr und er hatte bis zum Dienstantritt am kommenden Morgen tatsächlich so etwas wie Feierabend. Bald würden sich seine diesbezüglichen Privilegien noch erweitern, wie er wusste. Man hatte ihm bereits die baldige Beförderung in Aussicht gestellt, wenn er nur einige hastig zusammengeschusterte Lehrgänge absolvierte. Eine vollständige Ausbildung würde er nicht mehr bekommen, aber der Bedarf nach nicht völlig verblödeten Unterführern war so groß, dass man auf diese Feinheiten keine Rücksicht mehr nahm.
    So etwas passierte, wenn man auffiel. Immerhin: In seiner Tasche brannte der Bonus, von dem er nicht wusste, was er damit anfangen sollte, wenn die Tentakel erst landeten. Also raus mit dem Geld, so schnell und so effizient wie möglich. Er wusste noch nicht genau wie, aber er hatte die Absicht, es heute herauszufinden.
    Zehn Minuten später spazierte er in Zivilkleidung aus dem Kasernentor. Es war, als würde die Luft draußen doch gleich viel süßer schmecken. Obgleich er mittlerweile wirklich nicht mehr wie ein Gefangener behandelt wurde, fühlte er sich doch immer noch so. Der wahre Akt der Befreiung, so befürchtete er, würde erst eintreten, wenn Sporen verschießende Tentakelaliens die hohen Mauern der Anlage einzureißen begannen.
    Das war dann auch keine sehr erfreuliche Aussicht.
    Roby hatte Geld, aber er wusste nicht genau, wofür er es eigentlich ausgeben sollte. So schlenderte er ziellos durch die Innenstadt. Das Wetter war angenehm und die Straßen voll. Aus manchen Geschäften drang Musik; diese verstärkte die hysterische Fröhlichkeit nur noch, unter der viele zu leiden schienen. Roby hörte mehr lautes Lachen als sonst, sah mehr

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