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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Heilige und ihre Kirche, keine angstvollen Spekulationen über die Zukunft. Sie hatten etwas gegessen, waren ein wenig herumspaziert und dann in ihrer winzigen Wohnung gelandet. Der Sex war nicht unvermittelt gekommen, aber mit einer gewissen Unausweichlichkeit und hatte weniger aus besonders raffinierten Stellungsspielen bestanden. Er glich eher einem Aneinanderklammern, als ob Vampire sich gegenseitig den letzten Rest an Lebensenergie aussaugten. So in etwa fühlte sich Roby auch. Dennoch war es eine befriedigende Nacht gewesen, denn es war irgendwas von Bedeutung geschehen, das er noch nicht recht einordnen konnte. Er fühlte das Bedürfnis, noch zu bleiben, und hegte die Hoffnung, wiederkommen zu dürfen. Und dieser Beschützerinstinkt, den er schon gestern im Laden empfunden hatte, war eher stärker als schwächer geworden.
    Roby wollte sich nicht zu viele Gedanken darüber machen. Er hatte die Befürchtung, dass der Schmerz, der daraus entstehen würde, ihn nur allzu sehr vom Überleben ablenken würde.
    Es war auch gar nicht klar, wie Bella die Dinge sah. Sie umklammerte die Kaffeetasse wie eine Ertrinkende. Die Decke war heruntergerutscht und gab den Blick auf die flachen Brüste frei. Da war nicht viel zu kneten gewesen, wie sich Roby erinnerte, doch das war nicht weiter schlimm gewesen . Es gab Präferenzen, die schob man beiseite, wenn sich Gefühle Bahn brachen, die eher … unerwartet eintraten.
    Nein, er wollte darüber nicht nachdenken. Es führte zu nichts.
    Bella nahm einen Schluck, seufzte leise auf und ließ die Tasse sinken. Versonnen blickte sie auf das bemerkenswert kitschige Blümchenmuster, mit dem die Plastikwände überall bedruckt waren, etwas ausgewaschen zwar, aber noch gut erkennbar. Sie wohnte in einem Plasthausblock in einer der Randsiedlungen der Stadt, billig hochgezogen, mit einem permanenten Hintergrundgestank, 22 Zweizimmerwohnungen auf jeder der zwanzig Etagen, alle gleich aussehend, alle Wände mit Blümchenmuster bedruckt. Immerhin, man konnte die Wände leicht abwaschen, wenn ein frustrierter Bewohner sein Gehirn oder das eines Angehörigen darauf verspritzte. Roby vermutete, dass das einer der wesentlichen Gründe für die Bauweise war.
    »Ist natürlich jetzt irgendwie scheiße gelaufen«, sagte Bella schließlich.
    Roby blickte sie verwirrt an. Er hoffte ein wenig, dass sie sich nicht auf seine Leistungserbringung in der letzten Nacht bezog, die er für eigene Verhältnisse als nicht sonderlich einfallsreich, dafür aber doch recht intensiv und ausdauernd bewertete.
    »Scheiße?«, fragte er mit einem unsicheren Lächeln.
    Sie sah ihn an. »Ja, richtig dumm. Es war nicht beabsichtigt.«
    »Dass wir miteinander schlafen?«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach was. Das habe ich einkalkuliert. Spaß muss sein. Nein. Dass ich mich in dich verguckt habe. Das ist ganz großer Mist. Beziehungen sind scheiße. Ich will so was nicht. Verfickte Hormone! «
    Dann starrte sie wieder auf die Blümchen, seufzte erneut und fügte hinzu: »Aber es ist so, wie es ist. Jetzt sag mir fix, dass du mich nur bumsen wolltest und wir Freunde bleiben und du jetzt dringend zum Dienst musst und wir uns ›hoffentlich‹ bald wiedersehen.«
    Roby wollte ihr den Gefallen tun, doch als er den Mund öffnete, kam es ihm falsch vor. Er schloss ihn wieder, sah sie irritiert an, horchte noch irritierter in sich hinein – war das Herzklopfen? Zu starker Kaffee? – und rang ein wenig mit den Worten, ehe er sagte: »Kann ich nicht.«
    Sie sah auf. »Oh Mann.«
    »Ja.«
    »Das ist wirklich scheiße, sag ich ja.«
    »Ist wohl so.«
    Sie schwiegen dann wieder eine Weile und tranken den Kaffee auf.
    Roby betrachtete Bella, wie sie an einem winzigen Stück Haut an ihrem Zeigefinger zupfte, bis es immer tiefer einriss und zu bluten begann.
    Er reichte ihr ein Taschentuch.
    Sie nahm es und lächelte halb entschuldigend.
    » So was macht mich wahnsinnig«, murmelte sie und wickelte das Tuch um den Finger. »Absolut wahnsinnig.«
    Roby fühlte da eine Wärme in sich, die nichts mit dem gerade konsumierten Getränk zu tun hatte. Da saß er, verknallt wie ein Schuljunge, auch noch in eine nicht übermäßig anziehende Frau, von der er eigentlich nur wusste, dass sie Mitglied einer verrückten Sekte war und sich mit Messern auskannte.
    Nun ja, dachte er.
    Recht betrachtet, war das völlig okay so.
        
     

29
     
    Sie öffneten die Kapsel und gaben Slap genug Zeit, sich aus seinem Sitz zu schälen und

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