Tentakelwacht
junge Sergentin namens Navrova, die ihm direkt gegenübersaß, stieß laut die Luft aus und sah sich um.
»Mir stinkt es«, fasste sie die allgemeine Stimmung zusammen. »Es ist doch klar, wir sollen Klone jagen. Die falschen Klone. Diese Frauen.«
Allseitige Zustimmung, geäußert durch Nicken und Gegrunze.
So viel hatten sie sich selbst ausgerechnet. Details jedoch hatte man ihnen nicht mitgeteilt.
»Ich will aber keine Klonfrauen erschießen«, meinte Navrova dann und schaute vor sich auf den Boden. »Die haben meine ganze Gruppe niedergemetzelt, als wir sie daran hindern wollten, die Fabrik zu verlassen. Sie sind schneller als wir, widerstandsfähiger als wir, entschlossener als wir …«
»Und sie sehen besser aus«, konnte sich ein männlicher Sergent-Chef nicht verkneifen, was die zu erwartenden Pfiffe auslöste. Navrova, die solche Sprüche ganz bestimmt gewohnt war, grinste nur schwach.
Roby sagte nichts. Der Unwille der Soldatin in Bezug auf diesen Einsatz stammte nicht aus der Einsicht, dass es möglicherweise falsch war, die Klonfrauen zu jagen – aus moralischen, vielleicht sogar aus strategischen Gründen –, sondern daher, dass sie glaubte, es sei zu riskant. Das war eine nachvollziehbare Motivation, aber für Roby griff sie zu kurz.
Er hielt den Mund. Weitere Kommentare seiner neuen Kameraden bestärkten ihn in diesem Entschluss. Einige kündigten vollmundig an, den Klonsoldatinnen den Arsch aufreißen zu wollen, verbunden mit eindeutigen sexuellen Untertönen. Andere teilten Navrovas kritischere Einschätzung und äußerten Besorgnis, dass es genau andersrum ausgehen könnte, was wieder mit sexuellen Kommentaren gewürzt wurde. Dann aber, am Ende einer minutenlangen Diskussion, richteten sich die Augen auf Roby – weil er sich nicht an ihr beteiligt hatte. Er sah auf, begegnete den erwartungsvollen Blicken und räusperte sich.
Jetzt musste er sprechen. Doch was sollte er sagen?
»Ich …« Er unterbrach sich. Bisher war er doch immer mit Ehrlichkeit gut gefahren. Er kannte diese Leute nicht. Er würde mit ihnen kämpfen müssen. Würde ein Vertrauensvorschuss von seiner Seite helfen, aus ihnen ein richtiges Team zu machen? Oder würde es eher stören? Roby lauschte in sich hinein, lotete seine intuitive Einschätzung aus und traf eine Entscheidung.
»Ich bin der Ansicht, dass die Klonsoldatinnen möglicherweise auf der gleichen Seite wie wir kämpfen.«
»Wer ist denn ›unsere Seite‹? Der Militärgeheimdienst?«, fragte Navrova ohne Aggression in der Stimme.
»Nein, damit meine ich uns alle, die Menschen, die von den Tentakeln bedroht werden.«
»Das sehen unsere Vorgesetzten möglicherweise anders.«
»Kann sein.« Roby nickte ihr zu. »Aber im Ernst: Wenn die Tentakel breitflächig gelandet sind, müssen wir ohnehin zunehmend autonom entscheiden. Ich bin mir nicht so sicher, wie sehr dann das, was unsere obere Befehlskette so will, noch relevant ist.«
Alle starrten ihn an. So offene Worte an Bord eines Militärfahrzeuges war niemand gewohnt.
»Sei vorsichtig«, murmelte Navrova. »Was wird der Capitaine dazu sagen?«
»Er wird ihm zustimmen.«
Alle Augen richteten sich auf die Tür zum Cockpit, die sich geöffnet hatte. Dort stand der Capitaine und nickte Roby zu. »Der Sergent hat nämlich völlig recht. Und wissen Sie was, ich habe eine Überraschung für Sie – wir wollen gar keine Jagd auf die Klonsoldatinnen machen. Wir haben dafür nämlich gar keine Zeit mehr.«
Er hatte die volle Aufmerksamkeit seiner Leute.
»Die Invasion der Tentakel wird früher stattfinden als erwartet. Nach aktuellen Prognosen, haben wir keine Monate mehr, bis es richtig losgeht, sondern eher Wochen. Die Tentakel haben das äußere Sonnensystem bis zum Asteroidengürtel mehr oder weniger unter Kontrolle. Jupiter wird noch umkämpft, und es gibt offenbar Gründe, warum man dort so lange wie möglich verteidigen möchte. Aber de facto ist die Angriffsspitze gegen den Mars bereits unterwegs. Dort rechnet man innerhalb der nächsten 14 Tage mit dem Beginn des Hauptangriffes.«
»Und wir?«
»Die Tentakel werden nicht darauf warten, bis sie mit dem Mars fertig sind. Sie sind diesmal weitaus besser ausgestattet als vorher. Sie werden die Erde mehr oder weniger parallel angreifen. Die Erde ist aber besser verteidigt, bis in den Orbit hinein. Wir haben ein klein wenig mehr Zeit als unsere Kameraden auf dem Mars. Aber lange dauert es nicht mehr.«
Roby kommentierte nicht, dass auch der Capitaine
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