Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
zurück. »Was ist das?« Sein rundes Kinn zeigte auf die Akte unter meinem Arm.
»Haftpflichtschaden.«
»Nowak?«
Ich nickte.
»Ich kenne den Pfeiffer«, plauderte er drauflos. »Hohes Tier. Mein Schwager hat schwarz auf seinem Grundstück geackert. Das Haus, was da steht, ist türkische Qualitätsarbeit, Schätzchen.« Er zwinkerte und schob gleich danach kritisch seine Augenbrauen zusammen. »Der Pfeiffer kann Geld scheißen, ernsthaft.«
»Willst du damit sagen, dass er keinen Grund hat, die Versicherung zu prellen?«
»Nein, ich will damit sagen, dass Kerle wie er nie den Hals voll kriegen.«
Ein Schatten schlich an dem Schaufenster vorbei und Metin stand auf. Ein Typ Mitte 20 trat durch die Tür. Er war kleiner als ich, vielleicht 1,70, und hatte kräftig gebaute Oberarme, eng stehende Mandelaugen, den Teint von Kaffeesahne sowie tiefdunkles Haar, das in Locken bis zu seinen Schultern reichte. Über seinen Armen breitete sich eine Gänsepelle aus und er schüttelte sich. Seine hellgraue Arbeiterhose war über und über mit Farbe bekleckert. Er lächelte charmant und putzte imaginäre Fenster, als er winkte. Plötzlich zog mich jemand ruppig am Arm und etwas Klobiges stemmte sich gegen meinen Rücken. Noch ehe ich die Situation einschätzen konnte, wurde mir mein Handgelenk grob zwischen die Schulterblätter geschoben und ein Schmerz strahlte von meinem Arm bis in die oberen Halswirbel.
»Metin! Aua!« Ich quiekte und trampelte, doch er verstärkte nur den Druck, sodass ich gepeinigt nachgab und einen Kniefall machte.
»Die Schlüssel!«, fauchte er.
»In meiner Hosentasche!«, brüllte ich zurück und hielt mich halbwegs aufrecht auf den Knien. Ich fühlte Metins Wurstfinger, wie sie an meinen Hosentaschen herumfummelten, doch durch meine gekrümmte Körperhaltung bekamen sie die Schlüssel nicht zu fassen. Metin lockerte den Schwitzkasten, ich warf mich mit Schwung zur Seite und rollte mich auf den Rücken. Unsere Blicke trafen sich. Seine Geheimratsecken waren puterrot. Dann sah ich seinen Wanst auf mich zufliegen. Er landete quer über mir und ich rang nach Luft. Sabbernd und zähnefletschend wie ein Rottweiler wackelte sein Kopf und ich hatte Mühe, ihn von mir fernzuhalten. Meine Hände pappten an seiner Stirn und zogen sämtliche Hautfalten zurück, sodass ich die Adern auf seinen Augäpfeln sehen konnte. Er schlug meine Hände aus seinem Gesicht, sein Kopf schnellte nach vorn und seine Stirn knallte gegen meine Nase. Ich schrie auf und Metin rollte mit dem Schlüssel von mir herunter. Als ich mir an den Riechkolben fasste, hatte ich Blut an meinen Fingern.
»Das erzähl ich deiner Mutter!«, heulte ich los. Ich konnte meine Augen kaum offen halten. Tränen rannen mir über die Wangen und meine Nase pulsierte.
Nach Luft lechzend fummelte Metin den Autoschlüssel vom Schlüsselring. Auf seiner Stirn loderten die krebsroten Abdrücke meiner Hände.
»Das wagst du nicht!«, nölte er. »Oder willst du sie unter die Erde bringen?« Er warf den Schlüssel dem Türken zu, der genauso schnell wieder ging, wie er gekommen war. Anschließend pfefferte er mir den restlichen Bund vor die Füße.
»Was soll’s?«, pöbelte ich. »Du sagst doch selbst, sie wäre schon so gut wie tot!«
Im Nachhinein bereute ich meine Worte. Aber mein Gesicht war voller Blut, mein Knie war wund gescheuert und mein Arm tat mir weh.
»Ja, bald«, sagte Metin leise.
Ich bekreuzigte mich.
Metin bekreuzigte sich auch. »Mann, hör auf mit dem Scheiß!«, schimpfte er. »Du bist doch gar nicht katholisch.«
»Du doch auch nicht.«
»Das kommt von dieser beknackten Integrationspolitik.« Er sah zu mir herunter. »Mann. Du bist echt eine Flenntrine.«
»Was soll das denn schon wieder heißen? Du bist von hinten auf mich draufgesprungen! Und du wiegst mindestens doppelt so viel wie ich.«
»Ich wiege keine 100 Kilo! Also hau nicht so auf die Kacke, Spargeltarzan!«
Darauf erwiderte ich nichts mehr. Ich überragte Metin um 20 Zentimeter und mein Gewicht befand sich jenseits der 60-Kilo-Grenze. Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, flog urplötzlich die Glastür auf und Sven kam ins Büro geschlendert. Neben mir war Sven Borbeck der zweite Aktivposten bei Tozduman Securities. Wir ähnelten uns in Alter und Körpergröße, doch bei Windböen hatte ich den entscheidenden Vorteil, dass ich mich nirgendwo festbinden musste. Sven hatte dunkelblondes Haar, Knubbelknie und zwei spärlich behaarte Trommelschläger. Er kam
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