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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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dem Gebäude war um gut 40 Grad abschüssig. Hinter den Häusern brachte eine als Privatweg beschilderte Einbahnstraße die Anwohnerautos auf die Hauptstraße. Ich hatte eine Aversion gegenüber Einbahnstraßen, wenn ich sie nicht einsehen konnte, und parkte den Wagen daher unten und zog es vor, zu Fuß über die Anhöhe zu marschieren.
    Familie Sachs wohnte in einer zweigeschossigen Villa mit Schieferdach und grünen Fensterläden. Der Bau war relativ neu, aber die Optik sollte Bergisches Flair aus dem 19. Jahrhundert vermitteln. Ein kräftiger Gong erklang, als ich auf die Klingel drückte. Eine schlanke blonde Frau in einem weißen Sportanzug öffnete die Tür. Ihre Haare lagen streng zurückgekämmt an ihrem Schädel und ihre Augenbrauen waren im exorbitanten Stil der Nina Hagen, halb rasiert und halb gemalt, gestaltet. Ihre Schultern zeigten sich breit und eckig, ihr Kehlkopf war maskulin ausgeprägt. Ich nahm an, dass sie die Ehefrau von Hugo Sachs war. Keine Frage, wer in dieser Ehe die Hosen anhatte. Ich konnte es nicht verhindern, ihr Gesicht in eine Schublade zu verschieben, in der die Unsympathischen lagerten.
    »Frau Sachs?«, fragte ich sie.
    Sie nickte.
    »Mein Name ist Esther Roloff. Dürfte ich bitte Ihren Mann sprechen? Es geht um etwas Geschäftliches.«
    »Geschäftlichtes?«, wiederholte sie, ohne eine Frage abzuwarten. Stattdessen kehrte sie mir den Rücken zu und zeigte mir ihren Stiernacken. Ich wagte einen Blick an ihr vorbei und fand hauptsächlich Mobiliar aus rustikalem Eichenholz. Die Treppen waren mit Teppich ausgelegt. Der Einblick wurde der Bergischen Außenfassade nicht gerecht, denn ich hatte mit Kiefer und Messing gerechnet.
    »Hugo! Hier ist Besuch für dich.« Schmuck wie eine Kuhmelkerin trällerte sie ihren Ruf durch den Hausflur.
    »Einen Moment bitte, ja?« Sie lächelte mir spartanisch zu und lehnte die Tür an. Ich hörte, wie sie die Treppen hinaufstieg.
    In der Zwischenzeit öffnete sich neben dem Haus das extrabreite Garagentor. Ich lief hinüber und stellte mich in die Ausfahrt. Ein silberner Audi A6 mit Stufenheck war vorwärts in der Garage geparkt. Der Motor war leise, aber die Rücklichter brannten bereits.
    »Herr Sachs?« Ich winkte in den Innenspiegel, doch außer einer ausgeprägten Stirn winkte nichts zurück. Ich beäugte den Hauseingang in der Erwartung, die Hausherrin würde ihn aus dem Wagen krähen, doch ich sah niemanden.
    Danach ging alles sehr schnell.
    Der Motor des Wagens jaulte auf, die Räder drehten durch und ihr Quietschen schallte gegen die Gemäuer der Doppelgarage. Wie in Zeitlupe machte ich einen Schritt zur Seite und sah die beiden Rücklichter auf mich zukommen. Die Heckklappe zerstieß die dunkle Abgaswolke, die unter der Stoßstange hinaufstieg. Wie gelähmt glotzte ich auf das zitternde Endtopfrohr, wie es sich auf mich zu bewegte. Dann schickte mein blutleeres Hirn endlich ein paar Signale nach Süden und ich machte einen Hechtsprung ins Kiesbett, doch die athletische Einlage reichte nur annähernd, um mich aus der Gefahrenzone zu bringen. Mit einem dumpfen Knall, den ich wie aus weiter Ferne wahrnahm, schlugen meine Füße gegen die Kofferraumklappe und ich landete quer im Kies. Ein strahlendes Brennen kroch durch meine Beine. Staub flog auf und verklebte sich in meinen Wimpern, scharfkantige Schottersteine schnitten sich in meine Handflächen.
    Ich sah dem Wagen nach, wie er hinter der Garage auf der Pflasterstraße verschwand und kniff reflexartig die Augen zu, als ein Paar Turnschuhe auf mich zukam.
    »Meine Güte!«, riefen die Schuhe.
    Frau Sachs ging vor mir in die Hocke. Ich krümmte mich, umfasste meine Unterschenkel und schrie auf, als ich sie berührte. Es tat höllisch weh. Mein Gesicht war nass. Sachs schüttelte mich grob an der Schulter und ich war noch zu benommen, um mich darüber aufzuregen.
    »Geht es Ihnen gut?«, donnerte sie.
    »Mein Bein«, stöhnte ich und zeigte auf den linken Unterschenkel. Frau Sachs griff herzhaft nach dem Knöchel. Ich schrie erneut auf und eine Lochpapierrolle voller Schimpfwörter ratterte durch mein Nervenzentrum. Doch zum Glück brach aus mir nur ein hohles Krächzen heraus.
    »Entschuldigen Sie.« Sie ließ sofort los. »Ich werde einen Arzt rufen. Warten Sie hier.«
    Als würde ich mich jetzt aus dem Staub machen wollen!
    Völlig entnervt setzte ich mich auf und betrachtete meine Beine. Das rechte wies nur ein paar Kratzer auf. Das linke allerdings leuchtete in den üblichen Kirmesfarben

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