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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Schränken unter der Decke und ich war von dem Anblick weniger beeindruckt, als ich es mir immer vorgestellt hatte. Der schmächtige Sani pflanzte sich hinters Steuer, während der andere bei mir hinten im Wagen Platz nahm und mich dabei nicht aus den Augen ließ. Als wäre ich irgendeine entflohene Irre auf dem Weg in ihre Anstalt.
     
    Im Krankenhaus wurde ich in einen Rollstuhl verfrachtet und zum Röntgen, Schienen und Gipsen durch die Flure gerollt. Das Adrenalin war mittlerweile abgebaut, Blutdruck und Herzschlag hatten sich normalisiert und ein Kopfschmerz machte sich breit. Außerdem war ich ziemlich erschöpft. Mir wurde eröffnet, dass ich eine Fraktur des inneren und äußeren linken Knöchels sowie ein paar Prellungen am Unterschenkel und Schienbein hätte. Eineinhalb Stunden später hatte ich einen klobigen Gips am Fuß sowie schillernde Blutergüsse an Wade und Schienbein. Man gab mir ein Paar Krücken mit auf den Weg und ich verzichtete auf eine weitere stationäre Behandlung. Ich hängte mir die Tasche um den Nacken, begab mich in den Wartesaal und rief zuerst meinen Vater an.
    »Was gibt’s?«, fragte ich ihn. »Du hast vorhin angerufen.«
    »Hab ich das? Das weiß ich gar nicht mehr.«
    Dann rief ich Metin an.
    »Marisa Nowak hat mich vorhin angebimmelt und gefragt, in wessen Auftrag du nach dem Pfeiffer schnüffelst. Wo bist du?« Er klang ziemlich aufgewühlt.
    »Im Bergmannsheil. Kannst du mich dort abholen? Ich kann jetzt nicht Auto fahren.«
    Er sagte nichts, aber sein aufgebrachter Atem klopfte wie eine Funkstörung durch das Telefon. »Wieso? Hast du die Nuckelpinne vor einen Baum gesetzt?«
    Ich registrierte mit eingeschränkter Genugtuung, dass er den Wagen nicht mehr ›Scheißkarre‹ nannte.
    »Nein, Wagen und Lack sind unversehrt. Er steht in Stiepel. Aber ich habe einen Gips am Fuß.«
    »Was macht der Wagen in Stiepel?«, löcherte er weiter.
    »Danke, mir geht es gut«, trotzte ich.
    »Und ich krieg noch die Pimpernellen! Gib mir die Adresse in Stiepel. Ragip soll die Kiste holen und ich guck mal, welcher Kamerad dich einsammeln kann. Und wehe, du bewegst deinen geschmeidigen Arsch nicht hierher und erklärst mir alles!«
    »Keine Sorge. Holt jemand meine Autoschlüssel ab?«, stellte ich eine letzte Frage.
    »Ne. Ragip braucht keinen Schlüssel mehr.«

5.
    Ich wartete noch eine gute halbe Stunde und vertrieb mir die Zeit damit, ein paar Fratzen auf den Gips zu malen. Irgendwann durchschlug ein unangenehmer Geruch die sterile Krankenhausluft. Der Duft hatte eine bissige Note, ähnlich wie Essig, aber wurde verkleidet von einem holzigen und muffigen Unterton. Ich erkannte diesen Geruch sofort. Es war das Aroma intensiv ausgeschwitzten Alkohols. Ich sah auf. Mir gegenüber stand ein drahtiger Typ. Sein dunkler Vollbart kräuselte sich wie Schamhaar um seine Lippen, sein Kopfhaar war ähnlich gelockt und über seinen Nacken gewachsen. Die kahlen Stellen im Gesicht waren gebräunt. Er trug ein schwarzes T-Shirt, eine ausgeblichene Jeans und aus der Mode gekommene Schnürschuhe mit abgewetzten Schnürsenkeln. In der rechten Hand glimmerte eine halb gerauchte Zigarette und die Fingerknöchel waren wund gescheuert, als hätte er mit der bloßen Faust gegen eine Steinwand geprügelt. Seine Augen waren hell, wahrscheinlich blau oder grün, und sie schauten verächtlich an mir herunter. Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und drehte netterweise seinen Kopf zur Seite, um mir den Qualm nicht entgegen zu blasen. Dabei fiel mir auf, dass hinter seinem rechten Ohrläppchen eine kleine Tätowierung prangte. Wahrscheinlich glotzte ich, als ich es registrierte, aber er wird an eine solche Reaktion gewöhnt sein. Die Tätowierung war ein Hakenkreuz.
    »Esther Roloff?«
    Ich zuckte zusammen. Er machte einen Schritt vorwärts und beugte sich vor. Intuitiv zog ich meinen Kopf zwischen die Schultern, aber er tat nichts anderes, als seine Zigarette auf dem neben mir stehenden Mülleimerdeckel auszudrücken. Der Geruch kalter Asche drang aus seiner Kleidung. Er stank wie ein Penner.
    »Ich soll Sie abholen«, sagte er schließlich.
    Auch das noch. Ich riss die Augen auf. »Wer sind Sie?«
    »Gregor.«
    »Gregor wer?«
    »Einfach Gregor. Kommen Sie.« Ohne irgendeine erkennbare Regung streckte er die Hand aus. Ich verzichtete auf sein Angebot, sammelte stattdessen meine Krücken zusammen und kam langsam und holprig auf die Füße. Ich taumelte, er fasste mir an die Schulter und hob meine Tasche

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