Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
möchte wissen, warum sich Pfeiffer abgeseilt hat.«
Kamphausen nickte, erschien mir aber nicht sehr ergriffen. Wahrscheinlich war sie froh, dass sie für eine Weile Ruhe vor ihrem Chef hatte.
»Was weiß ich«, konstatierte sie nach einer kurzen Pause.
Das war nicht sehr hilfreich. »Wundert es Sie denn gar nicht, dass Pfeiffer sich so mir nichts, dir nichts aus dem Staub gemacht hat?«, fragte ich.
»Chefs machen manchmal sehr seltsame Dinge.«
Wie recht sie damit hatte.
»Also gut«, seufzte ich. »Gehen wir es von einer anderen Seite an.«
»Gehen Sie, wohin Sie wollen, aber ich bin hier fertig.« Kamphausen drehte sich um. »Wegen so etwas kann man seinen Job verlieren.«
»Ich habe nur noch eine Frage.« Ich fasste sie am Arm. »Bitte.«
Überraschenderweise blieb sie sogar stehen und mir fiel auf, dass ich mal wieder meine Wirkung auf andere Menschen unterschätzt hatte. Als Kind war ich nie Everybody’s Darling gewesen, vor allem nicht bei meinen Tanten, Omas und Cousinen, weil ich immer als dreckigstes Kind vom Spielplatz gekommen war. Der Schmutz schien mir bis heute anzuhaften. Wenige hielten mich für vertrauenswürdig genug, als dass sie mir ihr Herz ausschütteten. »Wie war das zwischen Hugo Sachs und Richard Pfeiffer?«, hakte ich vorsichtig nach. »Haben sie eng zusammen gearbeitet?«
»Komisch, dass Sie gerade das fragen.«
»Wieso?«
»Die beiden können sich nicht ausstehen. Konnten sie noch nie.« Sie sah mich an, sagte aber nichts weiter. Ihre Augen verrieten mir, dass es in ihr drin rumorte.
»Könnte ich mit Hugo Sachs sprechen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Der hat heute frei. Sein Jüngelchen hat Aua-Bauch.«
»Wo wohnt er?«
»Sind Sie verrückt? Ich gebe doch nicht die Adresse raus. Ich hänge an meinem Job.«
»Ich wette, ich brauche nur die Auskunft anzurufen, um die Adresse zu bekommen«, argumentierte ich. »Mit Ihrer Hilfe könnte ich fünf Euro Telefonkosten sparen.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Der Hugo hat doch nichts damit zu tun, oder?«
»Bestimmt nicht. Ich möchte nur ein paar Fragen stellen.«
Sie schürzte die Lippen. »Wissen Sie was? Geben Sie mir die fünf Euro einfach und Sie kriegen die Adresse. Ist auch für einen guten Zweck.«
Ich holte mein Portemonnaie aus der Tasche und gab ihr den Schein. Dann verflüchtigte sich das Blut aus meinen Fingern. Hatte ich da etwa gerade jemanden bestochen?
Die Kamphausen grinste und plapperte aus dem Stegreif die Adresse herunter. »Und erzählen Sie ihm bloß nicht, dass Sie sie von mir haben.«
Ich wartete, bis Frau Kamphausen durch die Drehtür verschwunden war, ehe ich wieder in mein Auto stieg und dort so lange sitzen blieb, bis ich mich beruhigt hatte.
Ich war einer ausgewachsenen Lüge auf der Spur. Das fühlte ich in meinen Zehenspitzen. Aus welchem Grund sollte Ulrike Pfeiffer sonst herumerzählen, ihr Gatte verstünde sich mit Sachs sehr gut? Selbst ihrer Freundin Marisa Nowak vermittelte sie den Eindruck, Sachs läge etwas daran, Pfeiffer aufzuspüren. Oder hatte ich Nowaks Wink mit den Köpfen, die Sachs und Pfeiffer unentwegt zusammensteckten, falsch verstanden?
Ich stierte auf mein Handy, das völlig leidenschaftslos auf dem Beifahrersitz herumlag. Das Display zeigte zwei Anrufe in Abwesenheit. Ich rief die Anrufliste ab und stellte fest, dass Paps und Metin die Störenfriede waren. Da ich aber keinen von beiden sprechen wollte, warf ich das Telefon zurück und rutschte mit dem Hintern den Sitz hinunter. Ich legte den Rückwärtsgang ein, vollzog ein klassisches Wendemanöver und bugsierte den Twingo auf die Ruhrallee. An der ersten roten Ampel, die meinen Weg kreuzte, fischte ich den Stadtplan aus dem Handschuhfach und suchte nach dem Aufenthaltsort von Hugo Sachs, der sich laut Kamphausen in der Kemnader Straße in Stiepel befand. Die Ampel schaltete auf Grün. Ich ließ den Plan in den Fußraum neben mir segeln, drückte das Gaspedal durch und überlegte mir schon einmal eine Strategie, wie ich einen ausgewachsenen Manager in die Mangel nehmen könnte.
Stiepel war der teuerste, größte und südlichste Stadtteil von Bochum und wurde teilweise durch die Ruhr begrenzt. Infrastrukturell gesehen war Stiepel unterirdisch, doch optisch machte der Stadtteil am Stausee allemal etwas her.
Die Kemnader Straße war die Hauptverkehrsstraße im Ort, soweit man in Stiepel überhaupt von einem Hauptverkehr sprechen konnte. Das Haus von Hugo Sachs lag auf einer Anhöhe und das Grundstück vor
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