Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
beugte er sich vor. »Wo Sie das gerade sagen, mir ist doch etwas aufgefallen. Ich hätte es niemanden erzählt. Man hätte es mir doch nie geglaubt.«
Ich bekam Herzklopfen.
Er flüsterte beinahe. »Ich hatte ernsthaft den Eindruck, die Frau hat drei Brüste. Haben Sie das auch gesehen?«
Ich war ein wenig zermürbt, als ich das Containerbüro verließ und zu meinem tischtennisplattengrauen Auto ging. Ich sah die schnurgerade Straße hinunter. Der Asphalt der Alten Bahnhofstraße war aufgebrochen, die Bürgersteige schmal und flach. Geschäfte und Wohnhäuser wechselten sich ab und die wenigen Rasenflächen, die den verbauten steinigen Anblick auflockerten, wurden offensichtlich als Hundeklo benutzt. Gegenüber der Straße, mitten in einer unaufgeräumten Baustelle, stand ein verwohntes Dixie-Klo. Vielleicht ging Sieke dort zum Pinkeln hin.
Ich nagte an meiner Unterlippe. Auch wenn mir sein Gehabe auf die Nerven ging, ich musste zugeben, dass er recht hatte. Wenn es durch ein Loch im Dach ins Zimmer regnet, stelle ich einen Eimer auf. Und wenn mein Wasserbett ein paar Löcher hat, bediene ich mich eines Klebestreifens und halte mit Salatschüsseln und Töpfen die Wassermassen in Schach. Ulrike Pfeiffer hatte nichts in Schach gehalten. Im Gegenteil.
»Warum?«, fragte ich mich laut. Mir kamen drei Möglichkeiten in den Sinn. Entweder wollte, konnte oder durfte sie es nicht.
Letzteres schloss ich kategorisch aus und übrig blieben die Schlussfolgerungen, dass, aus welchen Gründen auch immer, sie entweder nicht in der Lage gewesen war, den Schaden einzugrenzen, oder sie es gar nicht vorhatte.
Für mich ergab das aber keinen Sinn.
Ich rief Metin an. »Warum sollte eine wohlhabende Frau absichtlich ihr Schlafzimmer überschwemmen und die Versicherungsprämie einsacken, wenn sie sich ohne Probleme zehn neue Ausstattungen leisten konnte?«
»Vielleicht wollte ihr Alter ihr kein neues Schlafzimmer kaufen?«, mutmaßte er.
Ich überlegte, ob dies ein Motiv wäre, seinen Alten umzulegen.
»Corinna schickt dir gerade die Adresse von dem Ex-Nowak rüber. Guck dir die Dreckstöle mal an. Vielleicht ist es ja ein Säbelzahnterrier.« Er kicherte, als er auflegte.
Ich war weniger amüsiert, weil ich keine Lust auf eine Hundebeschau hatte. Viel lieber malte ich mir aus, ob die Pfeiffer ihren toten Mann wie eine Roulade in den Flurteppich verpackt und allein die Holztreppe hinunter geschlört hatte.
Mein Handy piepste, ich stieg in den Wagen und nahm Kurs auf die Unternehmensberatung in Essen, bei der Richard Pfeiffer angestellt war.
Die Firma Vargas, van Houten & Partner hatte ihren Sitz im Stadtinneren von Essen, weniger als fünf Fußminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Die Fassade des repräsentativen Neubaus war weiß und großporig und darin eingelassen waren bodentiefe Fensterwände aus blauem blickdichtem Glas. Ich fand einen Parkplatz zwischen einem Porsche Cayenne und einer champagnerfarbenen S-Klasse und war mir im Unklaren darüber, ob ich von einem Parkplatznachbarn wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses belangt werden könnte. Dann steuerte ich den Haupteingang an. Durch eine dunkel verglaste Drehtür gelangte man in die Firma, welche sich wiederum derart trödelig bewegte, dass ich wie ein versprengter Pinguin hindurchtippeln musste. Im Foyer war der Marmorboden auf Hochglanz poliert, zu meiner Linken lud eine auf Teppich gebettete Ledergarnitur zum Verweilen ein. Hinter der fünf Meter langen Empfangstheke saß eine lockige Brünette und begegnete meiner demolierten Nase mit einem Paar fragender Augen.
»Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte sie sich.
Darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Ich wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, denn im Gegensatz zu Polizisten konnte mir die Dame den Zutritt ohne Weiteres verweigern, wenn sie keinen Bock darauf hatte, dass ich irgendwem unangenehme Fragen stellte.
»Roloff mein Name. Ich habe einen Termin mit Herrn Pfeiffer«, sagte ich leise und stülpte meine Finger über den Thekenrand.
Ohne irgendeine Regung wählte die Empfangsdame eine kurze Rufnummer auf einem ihrer drei Telefone. Ich hörte, wie sie jemanden in der Leitung begrüßte. Dann kündigte sie eine große blonde Frau Roloff für Herrn Pfeiffer an und nahm den Hörer vom Ohr.
»Herr Pfeiffer ist zurzeit nicht im Haus. Um was für einen Termin handelt es sich?«
»Ich habe den Termin schon vor einer Woche mit ihm am Telefon vereinbart. Womöglich steht er gar
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