Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
zwischen meinen Füßen auf. Mich überkam das dringende Bedürfnis zu duschen.
Gregor ging voraus und drehte sich nicht mehr nach mir um.
»Hat Metin Sie geschickt?« Ich humpelte hinter ihm her. Natürlich hatte er das. Niemand anderes würde einen angesäuselten Penner seinen Kameraden nennen. Aber Gregor antwortete nicht. Draußen wartete er vor dem Treppenansatz und beobachtete mit verschränkten Armen, wie ich mich von Stufe zu Stufe hangelte. Dann ging er weiter voraus und blieb vor einem Taxi stehen.
»Sind Sie Taxifahrer?«, fragte ich.
»Ich habe viele Jobs.«
»Ist Faschist auch so ein Job?« Erschrocken erstarrte ich zur Salzsäule. Es war mir einfach herausgerutscht. Seine Augenbrauen rutschten tiefer ins Gesicht und die wunden Fingerknöchel traten weiß hervor. Er öffnete mir die Beifahrertür und warf meine Tasche auf den Rücksitz. Ein Potpourri intensiver Düfte aus verrottetem Tabak, fliegender Asche und eingesessenem Alkohol trieb mir entgegen. Angewidert drehte ich mich weg.
»Ich steige nicht in dieses Taxi.« Ich wedelte die Wolke aus meinem Dunstkreis.
»Ich wurde gebeten, Sie abzuholen«, wiederholte er mit Nachdruck und deutete mir einzusteigen, aber ich drehte mich weg und zückte stattdessen mein Handy. Von dem Mief in der Blechkiste war mir inzwischen schon übel geworden und ich humpelte ein paar Schritte den Vorhof hinunter.
»Was ist?«, meldete sich Metin. Er war offenbar immer noch sauer. Aber stimmungsmäßig konnte ich mittlerweile gut mithalten.
»Wen hast du mir da geschickt?« Ich gab mir Mühe, leise zu sprechen.
»Gregor ist ein Kamerad.«
»Dein letzter Kamerad, der mich chauffierte, hat während der Fahrt auf einen Fahrradreifen geschossen!«
»Das war was Persönliches. Wo liegt das Problem?«
»Der Typ riecht wie ein Penner, sieht aus wie ein Penner und kleidet sich wie ein Penner.«
»Pass auf, was du sagst. Mach ihn bloß nicht sauer«, warnte mich Metin. »Steig in das Auto und zick nicht rum.«
Frustriert humpelte ich zum Taxi zurück. Ich hasste es, wenn Metin mir seine Befehle aufdrückte, aber noch mehr hasste ich mich , wenn ich ihnen Folge leistete. Dies war wieder so ein Moment. Jede normal denkende Frau mit einem funktionierenden Selbstschutzmechanismus wäre mit dem Bus gefahren. Bei mir funktionierte der Selbstschutz zwar, der Drang nach Bequemlichkeit war aber wesentlich stärker ausgeprägt. Ich hatte keinen Bock, mit einem Gipsbein mit dem Bus zu fahren. Und auch wenn ich es Metin gegenüber niemals zugeben würde – ich vertraute seinem kameradschaftlichen Netzwerk, mochten die Kameraden auch manchmal noch so durchgeknallt erscheinen. Ich wusste, dass Metin mich nie in die Fänge eines wirklichen Irren treiben würde.
Gregor und ich tauschten nichtssagende Blicke. Dann stiegen wir ein. Ich klemmte mir die Krücken zwischen die Beine und leckte meine Wunden, indem ich die frische Kruste meiner Schürfblessuren auf den Handinnenflächen abkratzte.
»Anschnallen«, befahl Gregor.
Mit einem Augenrollen zog ich an dem Gurt und popelte die Steckzunge unter den Gehhilfen hindurch in das Gurtschloss. Das Taxi fuhr gemächlich vom Parkplatz. Ich kurbelte die Seitenscheibe hinunter und steckte den Kopf aus dem Fenster. Taxameter und Funk blieben während der Fahrt ausgeschaltet.
Vor der Detektei schälte ich mich mit den Krücken aus dem Wagen, schnappte mir meine Tasche und hängte sie mir um den Hals. Metin stand bereits in der Tür und trat mit seinem Fuß unentwegt gegen die Glastür, die ihm mit Schwung immer wieder entgegenkam. Seine Miene war finster und kaum einladender als der verstopfte Gully vor unserem Laden. Er machte mir damit schon lange keine Angst mehr.
Das Taxi in meinem Rücken fuhr, anders als erhofft, nicht weiter. Ganz im Gegenteil. Der Motor soff ab.
Metin machte mir den Weg frei und belegte meinen Gipsfuß dabei mit einem abfälligen Blick. Ich hinkte in das Büro, die Tasche vor meiner Brust baumelnd, und fand Corinnas Schreibtisch unbesetzt vor, da sie montags immer Berufsschule hatte. Gemächlich ließ ich mich in Metins Ledersessel nieder und legte das kaputte Bein auf der Tischplatte ab. Chef kam herein, schubste den Fuß vom Tisch und bugsierte sein teigiges Gesäß darauf. Ich quiekte vor Schmerz.
»Woher hast du das?« Er sah mich mit großen runden Augen an und deutete mit seinem Zeigefinger auf den Gipsfuß. Die Haut, die seine Geheimratsecken überspannte, war gerötet, seine Stirn verschwitzt. Wenn Metin
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