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Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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zwinkerte. »Hübsches Auge.«
    Michael führte uns ins Vereinsheim. Das Haus war rustikal eingerichtet: Holzpaneelen an den Wänden, braune Fliesen auf dem Boden. In der Mitte standen zwei Tische aus massiver Eiche, um sie herum waren die Stühle akkurat aufgereiht. An den Wänden hingen Fotos von dicken Männern, um ihre Hälse ließen sich Medaillen so groß wie Espressoteller ausmachen. Wir gingen die Treppe hinunter. Im Keller war es alles andere als rustikal: Patinagrüne Waffenschränke reichten bis unter die Decke. Auf der anderen Seite des Flurs stapelten sich Kopfhörer und Sichtschutzbrillen. Über den Regalen hingen Rostige Flinten und Plakate von Faustwaffen, in ihre Einzelteile zerlegt. Im Vorübergehen streifte ich einen Mülleimer und sah hinein. Er war voll mit leer geschossenen Projektilen. Es roch nach angebranntem Stein, die Luft war trocken und flüchtig. Der Schießstand war unbesetzt.
    »Das Training beginnt erst in zwei Stunden«, sagte Michael. »Solange haben wir Ruhe.« Er guckte Gregor an. »Hast du deine eigene dabei?«
    Gregor sah zu mir herüber, dann auf meine Handtasche und ich nahm jene Knarre heraus, die ich seit Tagen illegal mit mir herumschleppte.
    Michael nahm sie mir ab und richtete den Lauf sofort auf den Boden. »Eine Browning GPDA 9.« Er warf einen Blick zu Gregor hinüber, der nicht mit Freundlichkeit beschienen war. »Die ist geladen. WBK?«
    »Es ist alles in Ordnung«, beruhigte Gregor ihn.
    Michael schien nicht beruhigt. Er öffnete den Schlitten, löste das Magazin heraus und legte es auf den Tisch. Dann pulte er eine bleistiftdicke flache Kunststoffschiene aus der Hosentasche und schob sie durch den Lauf. Er gab mir das Magazin und die dekorierte Knarre. Dabei unterließ er es nicht, Gregor mit argwöhnischen Tränensäcken abzufertigen. »Zu deiner Sicherheit.«
    Gregor ging einen Schritt voraus und auch ich machte Anstalten zu gehen, doch Michael hielt mich auf.
    »Warte.«
    Er drehte sich um, zog einen Kopfhörer von der benagelten Wand und stülpte ihn mir über die Ohren. Er tat mit den seinigen das Gleiche. Die Gummimuscheln hefteten sich wie Pömpel an meine Ohren und sie schienen alles, was zwischen meinen Ohren lag, aussaugen zu wollen. Mir wurde ein wenig usselig. Michael klaubte derweil noch ein paar Munitionspackungen aus einer Schublade. Dann folgte ich den Männern durch eine Glastür zu den Schießständen, die wie öffentliche Toiletten mit Spanplattenwänden voneinander getrennt waren. Zwischen ihnen und dem Boden klaffte eine Lücke, die bis zu den Knöcheln reichte, und wäre noch jemand mit uns im Raum gewesen, hätte man seine Füße unter den Platten gesehen. Unter den Decken der Kabinen hingen Bedienungselemente für den Transport der Zielscheiben. Alles war wie im Fernsehen.
    Im Vorbeigehen nahm Michael eine von zahllosen kreisförmigen Zielscheiben aus einem Umzugskarton neben uns, überholte mich auf halbem Wege und klemmte das Papier an die Arretierung der ersten Kabine. Sein Daumen versank in der Blende des Bedienknopfes und das Plakat surrte flatternd nach hinten. Die Fahrt wollte gar nicht aufhören.
    » Das soll ich treffen?«
    Gregor tauchte hinter meinem Rücken auf und grinste, obwohl ich bezweifelte, dass er mich angesichts des Kopfhörers auf seiner Birne überhaupt verstanden hatte. Ich verstand ja selbst kaum ein Wort von dem, was ich sagte. Michael zuckte mit den Mundwinkeln und Gregor ging zur Nachbarkabine, um sich seine eigene Zielscheibe aufzuhängen. Ich schielte an meiner Holztür vorbei. Seine Zielscheibe fuhr einen weiteren Weg als meine.
    »Großkotz«, sagte ich laut genug, damit ich es auch verstand.
    Gregor richtete seine Flanke zur Zielscheibe aus, zog seine Beretta aus dem Hosenbund, entsicherte die Waffe und streckte den Arm aus. Der andere Arm hing locker von seinem Körper herab. Der Schießarm war in Sekundenschnelle von gut sichtbaren Muskelfasern und Adern durchzogen. Mit den Kopfhörern über den Locken sowie dem ungezähmten Fusselbart sah er aus wie Jeff Goldblum in ›Die Fliege‹. Seine Augen formten sich zu Schlitzen und er rümpfte die Nase, was ich witzig fand. Dann drückte er einige Male ab. Trotz des Gehörschutzes zuckte ich bei jedem Schuss zusammen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Kopfhörer wirklich gegen den Lärm halfen. Es klang und roch nach Feuerwerk. Gregors Lider zuckten ebenfalls, doch die Waffe blieb fest in seiner Faust, während das Handgelenk geübt den Rückstoß

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