Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
aufleuchtete. Er las die Kurznachricht und fluchte leise.
»Ich lasse Sie ungern allein. Aber ich muss für ein paar Stunden weg. Und es ist besser, wenn Sie nicht dabei sind.« Ich hatte kein Problem damit, nicht dabei zu sein. Wenn ich dabei war, passierte immer etwas. Entweder wurde jemand bedroht oder getötet oder irgendwelche Leute bekamen einen Zusammenbruch. Er setzte mich zu Hause ab.
»Ich werde Sie später wieder abholen. Packen Sie in der Zwischenzeit ein paar Sachen zusammen. Nur für den Fall.«
Nur für den Fall, dass Bolker mir nachts zu Hause auflauern will, um mir zwischen die Augen zu schießen, dachte ich zu Ende.
Noch ehe ich die Haustür aufschließen konnte, stellte sich Anastasios mir bereits in den Weg.
»Du siehst grauenvoll aus.« Er schüttelte den Kopf. »Die Handwerker waren da und haben dir eine neue Tür eingebaut. Hier ist der Schlüssel.« Er gab mir einen Schlüssel für ein Sicherheitsschloss. Damit war ich besser ausgerüstet als alle anderen Mieter, die mit Schlüssellöchern leben mussten, in die die Daumen von Nashörnern passten.
»Du hast doch nicht in meiner Wohnung herumgeschnüffelt, oder?«
»Ich doch nicht!«, tönte er großspurig.
Ich konnte es ihm nicht so richtig abkaufen.
Ich ging die Treppe hinauf. Mein Fuß tat mir weh und mein Auge fühlte sich taub an. Die Wohnungstür war im gleichen Braun gehalten wie die anderen. Ein neues Schloss funkelte mich an. Ich steckte den Schlüssel hinein und das satte Geräusch des Schließmechanismus, der sich um den klapperdürren Schlüssel schmiegte, löste ein erhabenes Gefühl in mir aus.
Abgeschlafft warf ich alles, was lose an mir herunterhing, auf den Boden. Zielstrebig ging ich ins Bad und ließ mir Badewasser ein. Der dichte weiße Wasserstrahl stob mit einem Zischen aus dem Hahn und knallte schäumend auf die Oberfläche. Ich versank für einen Moment in dem Anblick und schloss die Augen. Der Duft des Lavendelbades trieb mir in die Nase und der warme Wasserdampf benetzte wie Morgentau mein Gesicht. Feuchte Haarsträhnen fielen nach vorn und umklammerten meine Augenwinkel. Mit Wohlbehagen horchte ich meinem genügsam plätschernden Herzschlag. Ich fühlte die Befehlsgewalt meines Gehirns, alle Körperfunktionen auf Sparprogramm zu schalten. Ich schlüpfte aus meiner Unterwäsche und setzte einen Fuß nach dem anderen ins Wasser. Wie Quecksilber in einem Thermometer stieg die Wärme in meinem Körper hoch und ein Kranz aus schweinchenrosafarbener Haut schmückte mein Dekolleté. Dann sah ich an mir herunter und merkte, dass etwas nicht stimmte.
Mist. Mist. Mist.
Ruckartig hob ich meinen Gipsfuß aus dem Wasser. Er war ein Klotz aus Pappmaschee. Badeschaum lag auf dem Fußrücken, Wasser rann in Bindfäden die Ferse hinunter. Ungeschickt beugte ich mich auf dem unversehrten Fuß nach vorn, um den Schaden abzutasten. Ich hielt mich an dem Schlauch des Duschkopfes fest. Plötzlich verlor ich das Gleichgewicht, zerrte an dem Schlauch und als ich nach oben schaute, um mich zu vergewissern, dass das Gerüst halten wird, war es auch schon passiert. Der Duschkopf knallte mir volle Kanone ins Gesicht, hauptsächlich gegen die Lippen. Duschkopf und Gipsfuß machten einen Klatscher in die Wanne und ich schmeckte Blut. Aus der Wanne heraus konnte ich im Spiegel meine blutende Lippe sehen.
Ein wundervoller Anblick.
Sauertöpfisch rammte ich den Duschkopf zurück in seine Verankerung, plumpste zurück ins Wasser und ließ den kaputten Gipsfuß über den Wannenrand baumeln. Das Wasser träufelte zuhauf auf die Fliesen, aber das war mir egal. Ich wollte erneut das Wohlbehagen fühlen, das mich gerade noch ergriffen hatte, doch es stellte sich nicht wieder ein. Stattdessen leckte ich mir die Lippe und fuhr sehr schnell und sehr rabiat wieder auf, als ich meinen sonnenverbrannten Nacken in das heiße Wasser tauchte. So eine Scheißwoche.
Krebsrot, mit verschrumpelten Fingern und Zehen sowie einer klaffenden, gut durchbluteten und demnach überirdisch geschwollenen Platzwunde an der Lippe stieg ich aus der Wanne und rubbelte mir mit meinem Lieblingshandtuch den Ärger von der Seele. Hautschüppchen segelten wie Schnee den Boden hinunter und Frotteefussel wirbelten durch die Luft. Der Gips war mittlerweile deformiert und klebte, und die Haut unter dem Material juckte und kitzelte. Ich trocknete das Zeug mit dem Föhn und verbrannte mir beinahe die Zehen dabei.
Ich warf mich in frische Klamotten, einer Sporthose aus
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