Teppichporsche: Kriminalroman (German Edition)
um.
Blaue Schatten wurden auf den Asphalt geschleudert. Es war wie im Fernsehen.
In der Zwischenzeit versuchte ich, Gregor zu erreichen, aber es war vergebens und das wiederum war sehr ungünstig, denn in meinem Kopf wuselte es wie in einem Bienenstock. Mir saß die Zunge locker und meine Lippen machten sich langsam selbstständig. Ich musste unbedingt mit jemandem über die Sache sprechen.
»Warum ist gerade sie zu ihm ins Auto gestiegen?«
Ich schaute Thorsten an, der mit Schlagseite in die Kurve steuerte.
»Sie ist mit Ulrike Pfeiffer befreundet«, erklärte ich ihm.
»Ernsthaft?« Thorsten runzelte seine Stirn und die Pickel stapelten sich übereinander.
»Und sie kennt Hugo Sachs. Als ich sie das erste Mal befragte, hat sie mir von ihm erzählt.«
»Du hast sie schon einmal befragt?« Seine Stimme war einen Deut heller geworden.
Vorsichtig sah ich noch einmal zu ihm hinüber und blendete alles oberhalb seiner Augenbrauen aus. »Das war, bevor ihr Pfeiffers Leiche in Sachs’ Kofferraum gefunden habt.«
»Weißt du, wie das für mich klingt?«
Erwartungsvoll sah ich ihn an.
»Für mich klingt das, als kennt er diese Frau doch. Bestimmt hat er gelogen.«
Für mich klang es, als hatte mich Marisa Nowak seinerzeit dazu antreiben wollen, Sachs aufzusuchen. Sie wollte mich zu ihm führen.
Und zu der Leiche.
Ich navigierte Thorsten zur Seitenstraße am Ückendorfer Platz und er parkte den Streifenwagen quer auf dem Bürgersteig. Überschwänglich drückte ich auf die Klingel, doch wie schon zuvor machte niemand die Tür auf.
»Sie wollen doch da nicht stehen bleiben?«
Die alte grauhaarige Schreckschraube stülpte ihr Haupt gefährlich weit über den Fenstersims und ihre Arme umklammerten stramm ihre Brüste. Ihr graues langes Haar fiel nach vorn und ein monströses Doppelkinn quoll unter ihrem Kopf hervor. Feixend gab ich Thorsten einen Hieb in die Hüfte und er legte seinen Kopf in den Nacken.
»Sie da oben! Ich bin Polizeihauptmeister Funke-Trenkelbach.«
»Das sehe ich selbst, dass Sie von der Polizei sind. Trotzdem parken Sie im absoluten Halteverbot!«
Sie keifte und ich bekam große Ohren. Thorsten Trenkelbach! Er war der Rotzlöffel aus der achten Klasse. Heiliger Bimbam.
»Haben Sie letzten Dienstag oder Mittwoch ein silbernes Fahrzeug der Marke Audi A6 vor diesem Haus gesehen? Ein Mann war in Begleitung Ihrer Nachbarin. Bochumer Kennzeichen.«
»Welcher, der Schwatten?«
»Was heißt ›der Schwatten‹?«
»Na die mit den langen schwarzen Haaren, die nie den Flur macht.«
»Marisa Nowak«, warf ich ein.
Die Alte zuckte mit den Schultern. »Ich hab das Auto gesehen. Hat sich auch im Halteverbot hingestellt. Genau da, wo Ihr Polizeiwagen steht. Direkt vor der Tür!« Sie ging richtig auf in ihrer Schimpftirade.
»Ist Ihnen irgendetwas an dem Tag aufgefallen?«
»Bis auf dass der Wagen im Halteverbot stand und niemand kam, als ich die Polizei rief?«
»Sie haben deswegen die Polizei gerufen?« Thorsten war entsetzt. »Ich bitte Sie, werte Dame. Für solche Kleinigkeiten kommt keine Streife vorbei. Dafür sind die Politessen zuständig.«
»Und was ist mit der Behinderung? Ich konnte ja kaum meine Einkaufstüte durch die Tür tragen, weil diese Haudegen mit ihrem Müll den Weg versperrt haben. Das ist doch wohl nicht im Sinne der Gesetzeshüter, oder?« Sie fuchtelte mit einer Faust in der Luft und die Haare flogen umher.
Mir wich in der Zwischenzeit sämtliche Farbe aus dem Gesicht. »Welchen Müll?«, fragte ich.
»Eine Riesentüte. Bestimmt Tapetenreste. Haben sich dreist mit ihrem Auto dahinter gestellt und ihren Müll in den anderen Kofferraum geschlört. Und die Schwatte, so faul wie Gott sie geschaffen hat, hat kaum einen Finger gerührt, sondern nur den Wagen aufgemacht. Aus dem Fenster den Knopf am Schlüssel gedrückt.«
Da war es wieder, dieses Betongefühl. Mein Blutkreislauf erschlaffte und lümmelte irgendwo an meinen Füßen herum. Ein wenig Blut transportierte noch ein paar Ideen durch die Gehirnwindungen. Der Rest dazwischen war weich und nutzlos geworden.
Das waren keine Tapetenreste. Das war Pfeiffer.
»Und der Typ, dem der Audi gehörte?«
»Was weiß ich, was der gemacht hat. Hat gepennt oder Fernsehen geguckt. Sehe ich etwa so aus, als würde ich in den Angelegenheiten anderer Leute herumschnüffeln?«
Ich merkte kaum, wie ich meine Unterlippe zerbiss. So sehr beschäftigte mich die Frage, was Hugo Sachs in Marisa Nowaks Wohnung zu suchen
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