Terakon
den Gesichtern der Anwesenden sah
man Respekt, Bewunderung und Unterwürfigkeit. Jeder schien zufrieden, nur
Nikelaus wurde ärgerlich: "Eine Immunität gegen Gedankenmanipulation ist
noch lange kein Beweis."
Er entfernte sich von uns und nahm erhobenen Hauptes seinen alten Platz ein. Er
zeigte keine Emotion, doch ich war mir sicher, er kochte vor Wut. Schnell
verlor er die Aufmerksamkeit der anderen, nur ich beobachtete ihn stetig. Seine
Lippen bewegten sich unauffällig und er bewegte seine Hand schnell in meine
Richtung. Instinktiv, ohne zu denken, riss ich die meine in einer
Abwehrbewegung nach oben. Die Fassungslosigkeit war ihm ins Gesicht
geschrieben, als er nach hinten geschleudert und mit enormer Wucht gegen die
Wand gedonnert wurde. Mein Blick streifte verwirrt von einem erstaunten Gesicht
zum anderen, dann verlor ich jegliche Kontrolle, zitterte am ganzen Körper,
fiel auf die Knie und klappte mit dem Oberkörper nach vorne. Nur mit Müh und
Not konnte ich den Aufprall am Boden mit meinen Unterarmen abfangen. Mein
Körper zuckte und ich schluchzte. Mein Brustkorb schnürte sich zusammen und ich
begann verzweifelt nach Luft zu schnappen. Ich fühlte mich, als hätte ich mich
mit einem Marathon überbelastet und wäre anschließend noch schnell auf einen
Berg gejoggt. Michael hob mich vorsichtig hoch. In seinen Armen liegend
betrachtete ich sein Gesicht, was ich darin lesen konnte, war Verzweiflung. Er
trug mich in unser Zimmer und setzte sich, mit mir am Schoß, auf die Couch.
Mein Zustand hatte sich noch nicht gebessert. Er gab mir eine Cola zu trinken
und sagte: "Vielleicht tut dir der Zucker gut."
Langsam beruhigte sich mein Körper. Michael legte mich aufs Bett, küsste mich
auf die Wange und fragte sanft: "Wann hast du zum letzten Mal etwas
gegessen oder getrunken?"
Völlig erschöpft flüsterte ich, "gestern", und schlief sofort ein.
In einen grünen Seidenpyjama gekleidet erwachte ich. Neben dem Bett stand ein
Tablett mit Essen und einer Nachricht:
Vergiss bitte nicht zu essen, wir sprechen später.
Ich folgte seiner Bitte sogleich. Als mir langweilig wurde, zog ich mir eine
blaue Jeans, eine weiße Bluse und einen dicken Mantel an. So gekleidet verließ
ich das Haus in Richtung Stallungen. Diese bestanden aus T-förmig angeordneten
Gebäuden. Es gab Boxen für die Pferde und einen Freilaufstall. Neben den
dunkelorangen Ställen waren Weiden für die Pferde und eine große Koppel mit
Hindernissen. Eine junge Frau empfing mich vor der Koppel: "Du bist
Michaels Mensch, Melanie, oder?"
"Ich bin niemandes Eigentum."
"Ein Mensch mit Rückgrat, wie nett. Ich bin Michaels Schwester Iveria.
Hast du wirklich Onkel Nikelaus durch den Raum geschleudert und
versteinert?"
"Eigentlich ist sein Zauber nur an mir abgeprallt, den Rest hat er ganz
alleine geschafft."
"War auch Zeit, dass ihm jemand eine Abreibung verpasst."
Noch nicht bereit, über die Geschehnisse des Vorabends nachzudenken, geschweige
denn zu sprechen, bewegte ich mich etwas verlegen hin und her und
verabschiedete mich.
Lange spazierte ich durch den Wald. Es war ein schöner, gesunder Wald. Während
ich den Geruch von feuchtem Moos genoss, begann ich die Vorfälle des Vorabends
zu analysieren. Was mir am meisten Sorgen bereitete war, dass, sollte der
Verantwortliche für den Angriff auf Michael durch verzauberte Vampire ein
Ratsmitglied sein, kannte er nun meine Identität.
Als ich ins Zimmer zurückkam, wartete Michael bereits auf mich. Er küsste mich
zur Begrüßung in der noch offen stehenden Zimmertüre, schloss sie hinter uns
und schimpfte los. "Bist du denn komplett verrückt geworden? Was sollte
der kleine Stunt gestern? Was hast du an, ‚beantworte nur seine Fragen und sei
ansonsten still‘, nicht verstanden?"
Meine Emotionswelt stürzte ins Chaos. Ich war sauer, weil ich versucht hatte
ihm den Arsch zu retten und dafür angeschrien wurde. Ich war gekränkt, da diese
ganze Küsserei und Umarmerei nur dazu diente, den Schein zu wahren und ich
fühlte mich schuldig, da ich mich angeblich falsch verhalten hatte. Als
logische Konsequenz fing ich sofort zu weinen an. Schluchzend stammelte ich:
"Ich wollte nur helfen. Dieser Nikelaus sprach von Konsequenzen. Man hat
mich dazu erzogen, meine Freunde nicht im Stich zu lassen."
Immer noch verärgert, aber durch meine Tränen etwas irritiert fuhr er fort:
"Seit achthundert Jahren bin ich Mitglied dieses Rates und noch viel
länger politisch tätig, glaubst du ernsthaft, ich hätte
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