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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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anatomische, genetische. Noch gibt es keine Schlussfolgerungen, aber wir sind schon dabei, alles ins Netz zu stellen, damit sich jeder selbst ein Bild machen kann.«
    »Ja? Dann sollte ich Felix davon erzählen.«
    Madhusree runzelte die Stirn. »Meinst du nicht, er weiß vielleicht längst, dass er von Toronto aus alles verfolgen kann? Ich hätte gedacht, es sei für jeden völlig offensichtlich, wie leicht und bequem so etwas ist.«
    Prabir war von ihrer Selbstbeherrschung beeindruckt. Diese Botschaft war nicht gerade subtil, aber sie hatte nicht die leiseste Spur von Ärger in ihre unschuldige Erklärung einfließen lassen – kein Aufblitzen der Augen, keine Spannung in der Stimme. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte er. »Ich werde ihn danach fragen müssen.«
    Madhusree warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Das könntest du zum Beispiel sofort machen. Jetzt wäre die beste Zeit, um ihn zu erreichen.«
    »Ja, danke. Eine gute Idee.«
    Er nickte noch einmal ihren Freundinnen zu und entfernte sich. Als er nach einer Stelle suchte, wo er ungestört seine Mahlzeit beenden konnte, verspürte er eine überwältigende Erleichterung. Er hatte getan, was er getan hatte, und sie hatte ihm gesagt, was sie darüber dachte, und jetzt war die Sache vorbei und bedeutungslos geworden. Er hatte sie nicht mehr entwürdigt als die peinlichen Eltern, die mit vergessenen Lunchpaketen aufgetaucht waren, um seinen Klassenkameraden unendliche Qualen der Erniedrigung zu bereiten. Und im Gegensatz zu Schulkindern würden die meisten ihrer Kollegen sie bestimmt beglückwünschen, statt sich darüber lächerlich zu machen, dass sie ein solches Kreuz zu tragen hatte.
    Jetzt hatte er sich davon überzeugt, dass sie hier in Sicherheit war – auch wenn er selbst nur knapp dem Tod entronnen war. Sie hatte zehnmal so viele Leute, die auf sie Acht gaben. Morgen früh würde er mit Grant aufbrechen; ihr Ärger würde sich in ein oder zwei Tagen verflüchtigt haben, und wenn sie sich in Toronto wiedersahen, würde sie ihm einen Stoß in die Rippen versetzen, ihn als Mistkerl beschimpfen und ohne Zorn lachen. Und damit hätte sich die Angelegenheit für den Rest ihres Lebens in einen Scherz verwandelt.
    *
    »Komm aus dem Zelt! Ich will mit dir reden.«
    Madhusree ragte in der Dunkelheit vor ihm auf und stieß mit dem Fuß gegen seinen Brustkorb.
    Ojany teilte sich ein Zelt mit zwei weiteren Postdocs, die einverstanden waren, dass er die Nacht hier verbrachte, nachdem sie Bettzeug für ihn gefunden hatten. Alle Zelte hatten insektensichere Bodenplanen; obwohl es unerträglich heiß war, hätte Prabir niemals freiwillig draußen schlafen wollen, um die Ameisen nicht unnötig in Versuchung zu führen.
    »Wie spät ist es?«, flüsterte er.
    »Kurz nach zwei«, gab sie zischend zurück. »Jetzt komm aus dem Zelt!«
    Prabir blickte grinsend zu ihr hinauf. »Wenn meine Kollegen mich später fragen, wie ich meinen Urlaub verbracht habe – ob ich dann zugeben sollte, dass ich mit drei wunderschönen Frauen eine Nacht auf einer tropischen Insel verbracht habe?«
    Doch Madhusree war jetzt nicht in Stimmung für Scherze. »Hör auf mit dem Blödsinn! Steh endlich auf!«
    »Also gut. Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn du mich um einige meiner Sorgen erleichterst.«
    Er folgte ihr nach draußen in das verlassene Zentrum des Lagers.
    »Wie konntest du nur!«, sagte sie. »Was hast du dir dabei gedacht, hierher zu kommen?«
    Prabir hatte sie noch nie so wütend erlebt, aber es fiel ihm schwer, sich darauf einstellen. In seinem Kopf war die Angelegenheit längst geklärt, nachdem sie ihn bereits angemessen bestraft hatte.
    »Es tut mir Leid, falls ich dich in Verlegenheit gebracht habe«, sagte er sanft. »Ich wollte mich nur persönlich davon überzeugen, dass es dir gut geht. Ich wollte sehen, wie es hier wirklich ist.«
    Madhusree starrte ihn an und wäre vor Verzweiflung fast in Tränen ausgebrochen. »Es interessiert mich nicht, ob du mich in irgendwelche Verlegenheiten bringst! Für wie oberflächlich hältst du mich eigentlich? Was denkst du, was ich meinen Freunden in der Schule erzählt habe? Glaubst du, ich hätte dich täglich verleugnet? Glaubst du, ich hätte behauptet, dass unsere Eltern noch bei bester Gesundheit wären? Es ist mir scheißegal, was irgendwer hier über dich oder mich denkt. Wer etwas gegen meine Familie hat, kann mir den Buckel runterrutschen!«
    Prabir fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Ihre leidenschaftliche Erklärung

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