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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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interessierte sich dafür. Es war so ungerecht.«
    Grant programmierte den Autopiloten, und die Maschinen liefen an. Das Schiff wendete, bis der Bug auf das Riff zeigte, dann fuhr es auf dem sicheren Weg zurück, den sie bei ihrer Ankunft genommen hatten.
    Als sie die Küste umrundeten und dann aufs offene Meer hinausfuhren, stand Prabir in der Nähe des Bugs an Deck und wartete, dass die Spitze des Vulkans am Horizont auftauchte. Allerdings war die Insel noch zu weit entfernt – und zu klein, um sich im Dunst abzeichnen zu können.
    Grant gesellte sich zu ihm. »Haben Sie sich schon überlegt, wer Ihre Rolle in der Verfilmung übernehmen sollte?«
    Prabir zuckte zusammen. »Habe ich wirklich vorgeschlagen, dass wir die Filmrechte verkaufen sollten? Ich dachte, ich hätte diesen Teil nur geträumt. Könnten Sie nicht einfach nur ein Parfüm herausbringen, so wie es die Physiker machen?«
    »Nur weil ihre Geschichten keine verfilmbare Handlung haben. Außerdem glaube ich, dass sie als Samenspender viel mehr verdienen.« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Einer der Kapoor-Brüder könnte es vielleicht mit Ihrem Charme aufnehmen.«
    »Sie schmeicheln mir, aber ich bezweifle, dass irgendeiner von ihnen bereit wäre, die Rolle zu übernehmen.«
    Grant lachte verdutzt. »Warum nicht?«
    »Vergessen Sie’s. Und was ist mit Ihnen?«
    »Oh, natürlich Lara Croft, wer sonst?«
    Sie holte ein Fernglas und richtete es auf den Horizont. Nach wenigen Sekunden gab sie bekannt: »Ich kann sie jetzt sehen. Wollen Sie auch einen Blick darauf werfen?«
    Prabirs Kehle füllte sich mit bitterer Säure. Er war immer noch nicht bereit. Aber jeder kehrte irgendwann zurück: zu Schlachtfeldern, zu Todeslagern, zu Orten, die zehntausendmal schlimmer als dieser waren. Auch Subhi war zweifellos zu seinem zerstörten Dorf zurückgekehrt. Jeder Streifen Land, jedes Stück Ozean war für irgendjemand zum Grab geworden. Prabir war nichts Besonderes.
    Er nahm das Fernglas entgegen und schwenkte es hin und her, bis die rote Azimuth-Nadel genau im Zentrum stand. Der Autopilot stellte die entsprechenden Daten zur Verfügung. Zuerst war nicht mehr als ein verwaschener, dunkler, dreieckiger Fleck zu erkennen. Dann rechnete der Prozessor die atmosphärischen Turbulenzen heraus und lieferte ein klares Bild: ein Kegel aus schwarzem Eruptivgestein, der hoch über das Blätterdach des Waldes hinausragte. Die Verzerrung der unteren Bereiche war zu stark, um sie korrigieren zu können; das Bild zerfiel in schwarze und grüne Farbkleckse, bevor das Meer völlig die Sicht versperrte.
    »Das ist sie«, sagte er.
    Wir fahren zur Insel der Schmetterlinge.

11
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    Prabir hatte gehofft, dass sie auf einen bislang unentdeckten Weg durch das Riff stießen, aber als sie langsam die Insel umkreisten und die Anzeige des Sonars beobachteten, wurde die Wahrscheinlichkeit immer geringer, bis sie völlig auf Null sank. Die alte Durchfahrt im Süden war sehr eng, und noch vor zwanzig Jahren hätte es niemand gewagt, mit einem so großen Schiff hindurchzufahren, aber der Autopilot erklärte selbstbewusst, dass die Klarierung völlig ausreichend war.
    Sie gingen unmittelbar hinter dem Riff vor Anker. Es war zu spät, um noch an Land zu gehen, da es noch höchstens eine Stunde lang hell genug war. Der Strand wirkte kleiner als in Prabirs Erinnerung, obwohl er nicht sagen konnte, ob der Dschungel ihn erobert hatte, ob der Sand von einem Sturm fortgespült worden war oder ob es nur an den Gezeiten lag. Der Strand wurde immer noch von Kokospalmen gesäumt, aber er konnte auch die dornigen Sträucher erkennen, die alles andere im Unterholz erstickten. Vom Weg, der früher einmal den Strand mit dem Kampung verbunden hatte, war nichts mehr zu sehen.
    Nachdem sie gegessen hatten, tätigte Grant ihren allabendlichen Anruf nach Hause. Prabir saß auf dem Deck und fühlte sich von der Hitze erschlagen. Er konnte Felix nicht anrufen; er wollte nicht gezwungen sein, sich für das zu rechtfertigen, was er Madhusree angetan hatte, ganz zu schweigen von einem Vermittlungsgespräch, falls sich die beiden miteinander in Verbindung gesetzt hatten.
    Er legte sich hin und versuchte zu schlafen.
    Kurz nach Mitternacht kam Grant auf das Deck. Sie blieb neben ihm stehen. »Prabir? Sind Sie noch wach?«
    Als er sich herumdrehte, sah er, wie sie ihn genau mit jener unverhohlenen Faszination betrachtete, die er sich bereits mit fünfzehn Jahren hatte abgewöhnen müssen. Doch dann wanderte ihr

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