Terminal 3 - Folge 3: Tanz der Marionetten. Thriller (German Edition)
lieber, wenn wir jemanden direkt vor Ort hätten.«
»Und was ist mit dem Virus?«, frage ich.
»Was soll damit sein?«, fragt er, obwohl er wahrscheinlich ganz genau weiß, wovon ich rede.
»Kann ich raus, ohne mich wieder zu infizieren?«, frage ich.
»Ich denke schon«, sagt er. »Die Ärzte sind der Meinung, dass dein Organismus inzwischen genügend Antikörper gebildet haben müsste.« Seine Stimme verändert sich nicht ein bisschen.
»Wo soll das Geld übergeben werden?«
»Bei den Gepäckbändern. In einem Lederkoffer.« Er nennt mir eine Flugnummer und eine Uhrzeit. »Du musst nur den Koffer im Auge behalten. Okay, Leo? Den Rest übernehmen wir. Halt dich einfach im Hintergrund. Nur beobachten, nicht eingreifen. Kannst du das für mich machen?«
Und ich denke: erst Versuchskaninchen, jetzt Aufpasser für einen Geldkoffer. Und ich denke: Macht euren Scheiß doch alleine, ich bin raus!
Doch ich sage: »In Ordnung.«
»Eine Hand wäscht die andere«, sagt Charles. »Ich wusste, dass wir auf dich zählen können.«
Dann legt er auf.
Ich rufe Rachel an. Nach den ersten sechs Worten stelle ich mein Telefon leiser. »Was hast du dir dabei gedacht?«
Zwei Minuten später komme ich das erste Mal zu Wort.
»Es ging nicht anders«, sage ich. »Jemand musste den Wirkstoff testen.«
Rachel antwortet nicht.
Ich erzähle ihr von der Geldübergabe und schaue auf meine Armbanduhr. »In zwölf Minuten«, sage ich.
Schweigen.
»Rachel? Bist du noch dran?«
Sie hat aufgelegt.
Ich stecke das Telefon in die Innentasche meines Jacketts und gehe hinaus aus dem fensterlosen Pausenraum, hinaus aus dem Burgerladen.
Das Terminal ist immer noch nicht wieder zum Leben erwacht.
Thomas Riley
Ich muss mich beeilen. Nicole braucht ihr Insulin. Doch ich kann nicht laufen. Immer wenn ich es versuche, gerate ich ins Taumeln.
Mein linkes Bein ist auf einmal kürzer als das rechte. Meine Statik hat sich verschoben, das Fundament ist abgerutscht. Mehr als ein schnelles Humpeln ist nicht drin. Wahrscheinlich liegt es am Sturz. Schwindelgefühle, hat der Sanitäter gesagt.
Vor mir gleiten Milchglasscheiben auseinander. Die Gepäckausgabe ist verlassen, die Bänder scheinen alle leer zu sein. Koffer liegen aufgeklappt auf dem Boden, um sie herum verstreute Kleidungsstücke. Über den Bändern hängen blaue Monitore. Städtenamen und Flugnummern. Kansas City, UA 6766. Ich schaue mich um. In beide Richtungen erstrecken sich Gepäckbänder und Monitore. Ich versuche, weitere Städtenamen zu entziffern. Mein Kopf pulsiert. Kein New York.
Das rechte Ende der Gepäckbandreihe sieht länger aus. Mehr Bänder heißt, mehr Städte, heißt, mehr Chancen. Also humpele ich nach rechts.
Ich lese: Los Angeles, Portland, Rio de Janeiro, Fresno, Tokio, Austin, New York.
Ich bleibe stehen.
Das Band ist leer. Ein gelber Sticker klebt darauf. Er verschwindet gerade hinter dem Lamellenvorhang. Ich warte, bis er auf der anderen Seite wieder auftaucht.
Der Koffer ist nicht hier.
Ich drehe mich um, suche den Boden ab. Kein Lederkoffer, nichts Cognacfarbenes. Ich versuche, ruhig zu bleiben, nachzudenken.
Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Mein Kopf glüht vor Schmerzen. Bestimmt wegen der Anstrengung.
Nicole hat gesagt, dass es Probleme mit dem Gepäck gab. Vielleicht wurde der Koffer falsch zugeordnet? Davon hört man doch andauernd – dass Koffer nicht da landen, wo sie hingehören. Nur wo soll ich suchen? Wo? Ich brauche jemanden, der sich hier auskennt.
Bookbinder.
So schnell ich kann, humpele ich zurück zum Ausgang. Die Milchglasscheiben trennen sich, als ich noch zehn Halbschritte entfernt bin. Jemand kommt mir entgegen. Ein Mann in einem hellgrauen Anzug. Er sieht mich an und bleibt stehen. Ich schlurfe an ihm vorbei.
»Ich glaube, Sie haben da etwas vergessen«, sagt er.
Ich drehe mich um.
Er zeigt zu den Gepäckbändern hinüber.
Auf dem New Yorker Band gleitet ein hellbraunes Rechteck dahin. Könnte auch cognacfarben sein. Ich kenne den Unterschied nicht.
»Das ist doch Ihr Koffer, oder?«, fragt der Mann.
»Der war eben noch nicht da«, sage ich.
»Die Förderbänder waren wohl langsamer, als Sie dachten.«
»Als wer dachte?«
Er lächelt kurz. »Ich bin nur dafür zuständig, dass nichts wegkommt«, sagt er und schaut zum Koffer hinüber. »Der Rest geht mich nichts an.«
Ich lasse ihn stehen und humpele zurück zum Band. Das Leder glänzt im Deckenlicht. Es ist Nicoles Koffer, kein Zweifel. Er ist schwerer,
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