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Terra Anchronos (German Edition)

Terra Anchronos (German Edition)

Titel: Terra Anchronos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andree Leu
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mit dem Namen „Astronomie heute“. Er hatte seinen Vater gebeten, das wissenschaftliche Magazin bestellen zu dürfen. Der Wunsch wurde ihm nicht abgeschlagen. Also wartete Arne Monat für Monat auf das dünne Heft, das mit der Post ins Haus kam. Kaum hatte der Bote den Hof wieder verlassen, eilte Arne zum Briefkasten und nahm die Zeitschrift mit auf den Dachboden, wo er jede Seite voller Hoffnung und gründlich las. Am Ende warf er das Blatt dann aber doch immer wieder enttäuscht achtlos in eine Ecke. Es ließ sich kein Artikel von Stewart finden.
    Seit Monaten nicht. Einen einzigen Brief hatte der Astronom an Arne verfasst, der in kurzen Worten von seinen Beobachtungen berichtete. Noch immer war es so, dass nach seiner Überzeugung ein ganzer Tag in der Konstellation der Sterne fehlte. Stewart sei auch schon zu ersten Gesprächen in der Akademie der astronomischen Gesellschaft zu London gewesen. Dort habe man seine Ausführungen angehört und mit großem Interesse zur Kenntnis genommen.
    „Wir stehen kurz vor dem Durchbruch“, hatte Stewart hoffnungsfroh geschrieben. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die von uns entdeckten Tatsachen zu zählbaren Erfolgen werden.“
    Arne hatte beim Lesen der Zeilen einen kurzen Moment des Glücks erlebt und war auch stolz darauf, dass Stewart den Erfolg offenbar nicht für sich allein beanspruchen wollte. „Wir stehen kurz vor dem Durchbruch“ und „... die von uns entdeckten Tatsachen“ hatte er formuliert. Der Gedanke an zukünftigen Ruhm wurde aber fast augenblicklich von der Trauer um Martha verdrängt.
    In „Astronomie heute“ war von all dem bisher kein Wort erwähnt worden.
    Zwei weitere hoffnungslose Tage vergingen, in denen Arne sich trüb und ohne jede Lebensfreude von Stunde zu Stunde quälte. Dann war es wieder an der Zeit, eine sinnlose Stunde in Hamburg zu verbringen und den unendlichen Fragen des Psychologen mit Schweigen zu begegnen.
    „Ich sehe zwei schwer ins Gewicht fallende Krankheiten“, sagte der Psychologe und wandte sich mit der Feststellung nicht an Arne, sondern an dessen Vater, der bei jeder Sitzung anwesend war.
    „Erstens: Ihr Sohn leidet an einer schweren Amnesie.
    Ein so vol kommenes Vergessen, und das über Monate hinaus, ist äußerst ungewöhnlich. Zumal Arne nicht im Geringsten bereit zu sein scheint, an sich zu arbeiten.
    Sein hartnäckiges Schweigen scheint mir mit veränderten Strukturen im Gehirn zusammenzuhängen.“
    „Sie meinen eine Kopfverletzung?“ Der Kapitän räusperte sich. „Mit Verlaub, Herr Doktor. Arne hatte keine Wunde am Kopf.“
    „Ein heftiger Schlag reicht oft schon aus“, erwiderte der Psychologe. „Eine Wunde ist nicht zwangsläufig erforderlich. Vielleicht war es nur eine Beule, die nicht bemerkt wurde.“
    „Dazu kann ich nichts sagen.“ Der Kapitän sah Arne an.
    „Eine mögliche Erklärung hat der Junge uns ja angeboten.“
    „Ich bitte Sie.“ Der Psychologe hob abwehrend beide Hände. „Unter uns gesagt, sind das nur Spinnereien, die im Zustand des Schocks ausgesprochen wurden. Das können Sie nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.“
    „Und zweitens? Was hat mein Sohn Ihrer Meinung nach noch?“ Der Kapitän klang leicht gereizt.
    „Brokenheart-Syndrom“, formulierte der Psychologe knapp, als sei damit alles gesagt.
    „Liebeskummer?“, rief der Kapitän entrüstet und sprang auf.
    „Beruhigen Sie sich doch. Ihr Sohn zeigt alle Anzeichen. Kurz gesagt heißt das, Ihrem Sohn ist jede Lebenslust aufgrund eines schweren Verlustes abhanden gekommen. Liebeskummer ist also nicht ganz falsch, beschreibt den Zustand aber nur unzureichend.“
    „Als unzureichend empfinde ich Ihre erbrachte Leistung, sehr verehrter Herr Psychologe.“
    Arnes Vater war im Gesicht vor Zorn rot angelaufen und er donnerte die Faust auf den Schreibtisch.
    „Ihre Erkenntnisse nach all den Monaten sind äu ßerst dürftig. Ich will endlich Erfolge sehen“, schrie er ungehalten. „Unterbreiten Sie mir gefälligst endlich Therapievorschläge, die auch Erfolge zeigen.“
    Der Psychologe faltete in aller Seelenruhe die Hände vor der Brust.
    „In Gottes Namen. Alles, was ich anzubieten habe, ist eine Konfrontationstherapie.“
    „Und mit was soll der Junge bitte konfrontiert werden?“
    „Greifen wir die Erzählung auf, die der Junge unter Schock zum Besten gebracht hat.“ Der Psychologe lä chelte herablassend. „Geben wir ihm das Gefühl, seine Fantastereien entsprächen der Wahrheit.“
    „Wie soll das

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