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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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gesehen … Alles Ereignisse, die miteinander in Verbindung stehen mussten, davon war sie überzeugt, aber sie wusste nicht, worin diese Verbindung bestand.
    Und heute Nacht war Wal-Hua zurückgekehrt, und Dame Sibrit hatte Entsetzliches gesehen.
    Jetzt näherte sie sich mit ihrer Hofdame den Gemächern des Kaisers.
    »Habt Erbarmen, Madame!«, flehte Alakaït wieder. »Es wäre besser, wir kehrten um … Ihr spielt mit dem Leben …«
    Die beiden gingen an einer Gruppe adeliger Matronen vorbei, die vor einem parfümierten Springbrunnen in ihren Klatsch vertieft waren. Diese eitlen Schabracken intrigierten Tag und Nacht; das war ihr einziger Lebensinhalt; kein Mann, kein Liebhaber, kein Kind wartete auf sie. Dame Sibrit fragte sich manchmal, wann sie Zeit zum Schlafen fänden. Vielleicht gingen sie nicht zu Bett, weil sie fürchteten, von ihrer eigenen Gehässigkeit vergiftet, nicht wieder aufzuwachen.
    Trotzdem verloren sie sich beim Anblick der Kaiserin in tiefen Hofknicksen und ließen sich den Hass in ihren gifterfüllten Blicken nicht anmerken, eine eherne Regel der autopsychischen Verteidigung bei Hofe. Sie verziehen ihr nicht, die Entnahme von Eizellen verweigert zu haben; sie verziehen
ihr nicht, schön, intelligent und rebellisch zu sein … Sie verziehen ihr nichts, weil sie nicht verzeihen konnten und voller Neid und Verachtung waren.
    Dank ihrer Ränke hatten Xaphit, Dame Sibrits Tocher, und der Seigneur Ranti Ang, ihr erster Gemahl, ins Exil gehen müssen. Jetzt bedrängten sie den Muffi Barrofill XXIV., die Ehe des Imperators Menati mit der Provinzlerin zu annullieren, weil sie vom Hof als tragischer Irrtum angesehen wurde.
    Doch Dame Sibrit rauschte an ihnen vorbei, als wären sie Luft, eine kühne Demonstration ihrer Verachtung angesichts ihrer nachlässigen Kleidung und ihrer verbotenen Handlungsweise. Noch monatelang würde darüber geredet werden.
    Das Ende des Flurs bildete eine monumentale Flügeltür – der Eingang zu den Gemächern des Herrschers – mit einem Sturz aus weißem Marmor, mit dem in diamantenen Lettern eingravierten Wahlspruch: Für das Schöne und für das Gute.
    Vor dieser Tür herrschte lärmendes Treiben. Diener, Kardinäle, Scaythen der heiligen Inquisition, Höflinge, Offiziere, Gelehrte und Künstler drängten sich vor dem zellularen Identifikator.
    Beim unerwarteten Erscheinen der Kaiserin und ihrer Hofdame erstarrten alle. Plötzlich herrschte Schweigen, und ungläubige, schockierte Blicke richteten sich auf beide Frauen. Diese Schranzen hatten eine solche Unverschämtheit noch nicht erlebt: Die Kaiserin hatte kein Recht, dem absoluten Herrscher des Universums einen Überraschungsbesuch abzustatten, sondern der Kaiser befahl seine Gemahlin zu sich, sollte er denn diesen Wunsch hegen. So schrieb es die Etikette vor.

    Trotzdem verneigten sich alle Anwesenden vor der Kaiserin  – schließlich wusste man, was sich gehörte, und wollte sich nicht dieselbe Blöße wie diese Provinzlerin geben, und so gelangte Dame Sibrit mit ihrer Eskorte ungehindert in die Privatgemächer ihres erhabenen Gemahls.
    Sie durchschritt das erste Vestibül, ebenfalls voller Diener, Adeliger und Scaythen, die alle bei ihrem Anblick erstarrten. Sie erkannte ein paar Gesichter, unter ihnen Burphi de Kervaleur und Jokiri Passit-Païr, zwei Männer, deren Familiennamen durch den Mashama-Skandal in den Schmutz gezogen worden waren, und sie sah diese herausgeputzten Kokotten, deren einziges Ziel es war, nur einmal das Bett mit dem Imperator zu teilen.
    Plötzlich war das Vestibül von Statuen bevölkert. Eisiges Schweigen herrschte.
    »Kommt, wir kehren um«, flüsterte Alakaït de Phlel. Sie fürchtete sich vor den mörderischen Blicken, die auf ihre Herrin gerichtet waren, doch sie wusste, dass ihr Rat ungehört bleiben würde.
    Die beiden Frauen und ihre Gedankenschützer umrundeten den Springbrunnen in der Mitte des Raumes, der mit seinen unterschiedlichen Wasserstrahlen eine melodische und nostalgische Symphonie komponierte. In die Wände, die mit Wassertapeten geschmückt waren, deren Motive ständig wechselten, waren etwa zehn Türen eingelassen. Die Statuen erwachten wieder zum Leben, verneigten sich und traten zurück, als Dame Sibrit auf eine Tür rechts von der Fontäne zuging, vor der Wachsoldaten der Purpurgarde standen.
    Zielgerichtet drückte sie auf den in einer Nische verborgenen Knopf. Die Wachsoldaten salutierten. Dame Sibrit betrat das Vorzimmer, noch immer in Begleitung ihrer

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