Terra Mater
Hofdame
und der Gedankenschützer, einen kleinen, in blauem Licht gebadeten Raum, mit bequemen Luftsesseln möbliert. Über die Bildschirme mehrerer Bullovisionsgeräte liefen unablässig Reportagen über die staatstragenden Aktivitäten des Imperators.
Aus dem Nichts tauchte plötzlich ein Kammerdiener auf und eilte auf die Kaiserin zu. Seine Überraschung, sie hier zu sehen, war derart groß, dass seine Verbeugung misslang.
»Madame! Warum habt Ihr mich nicht von Eurem Besuch informiert? Der Kaiser hat mir ausdrücklich befohlen, niemanden einzulassen.«
»Das gilt doch sicher nicht für seine Gemahlin, nehme ich an!«, entgegnete Dame Sibrit mit schneidender Stimme.
Der Kammerdiener straffte die Schultern, doch sein ausweichender Blick verriet seine Verlegenheit. Seine Überraschung war so groß, dass er die mentale Kontrolle verloren hatte. Durch das unerwartete Erscheinen der Kaiserin stand er plötzlich zwischen den Fronten. Wem auch immer gegenüber er loyal sein würde, er riskierte, seine mühsam und auf schäbige Weise erlangten Privilegien zu verlieren.
»Wir kehren um, Madame!«, flüsterte Alakaït de Phlel. »Seht Ihr nicht, wie peinlich diese Situation für diesen Mann ist?«
»Ihr wartet hier mit meinen Gedankenschützern auf mich«, sagte die Kaiserin. »Der Imperator Menati ist mein legitimer Gemahl, und ich empfange keine Befehle von seiner Dienerschaft! Öffnen Sie die Tür!«, fügte Dame Sibrit, an den Kammerdiener gerichtet, hinzu.
»Madame, ich beschwöre Euch …«
»Tun Sie, was ich Ihnen befehle, oder ich werde mich persönlich um Sie kümmern!«
Der arme Mann wurde aschfahl und gehorchte. Ein leises Klicken durchbrach die Stille des Vorzimmers, und ohne auf die Verzweiflung des Dieners oder auf die flehenden Blicke ihrer Hofdame zu achten, betrat Dame Sibrit das Schlafzimmer ihres Gatten.
Der Imperator Menati jedoch hörte weder noch sah er die Imperatrix eintreten.
Es dauerte nur Sekunden, ehe seine Frau die nackte, auf ihm liegende Frau erkannte: Veronit de Motohor, die Jüngste der Familie, eine bösartige Intrigantin, eine giftige Viper. Sie war mit Jokiri Passat-Païr verheiratet, den die Kaiserin gerade im Vestibül gesehen hatte. Ihre Schwester hatte man während der Razzia unter dem Triumphbogen von Bella Syracusa verhaftet. Wahrscheinlich hatte Jokiri seine Frau dem Kaiser angeboten, damit seine jüngere Schwester ihrer Strafe entging. Ein Arrangement, das Früchte getragen haben musste, denn Annyt war freigekommen und würde in ein paar Monaten den jungen Emmar Saint-Gal ehelichen.
Dame Sibrit warf nur einen zerstreuten Blick auf das ineinander verschlungene Paar, weil Eifersucht ihr fremd war. Sie empfand mittlerweile nichts als Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Mann. Ihre Liebe war ein Strohfeuer gewesen, das sich schnell in kalte Asche verwandelt hatte.
Die körperlichen Vorzüge der Geliebten ihres erhabenen Gemahls ließen ebenfalls zu wünschen übrig. Ihr Hinterteil war fett und ausladend, während ihre Brüste schlaff herunterhingen, als sie sich stöhnend wenig inspirierenden Reit-übungen hingab. Und ihr rotes Haar war gefärbt, wie die Kaiserin sofort erkannte.
Der Imperator selbst wurde auch immer dicker. Speckrollen verunstalteten seinen einst muskulösen Körper, wie Dame Sibrit ihn in Erinnerung hatte.
Sie hatte genug gesehen. »Monseigneur …«
Dame Veronit zuckte zusammen und drehte sich um. Als sie die Kaiserin erkannte, stieß sie einen Schrei aus. Ihre braunen Augen wurden vor Entsetzen groß. Ihre mentale Kontrolle löste sich wie Nebel im Wind auf. Sie rollte zur Seite und bedeckte ihre Blöße mit einem Zipfel des Betttuchs. Dort saß sie zitternd und hoffte, nur einen bösen Traum zu träumen.
Menati jedoch machte nicht die geringste Anstrengung, sich zu bedecken – obwohl der Zustand animalischer Nacktheit von der Kirche des Kreuzes als Sakrileg angesehen wurde und theoretisch mit dem Tod am Feuerkreuz bestraft werden konnte. Sein »Zepter« – dessen Größe und Kräfte insgeheim den Gesprächsstoff vieler Damenzirkel bildete – büßte seine Pracht schnell ein. Er wandte nur den Kopf und sah seine Frau gelangweilt an.
»Es wäre übertrieben zu behaupten, dass Euer Besuch zum jetzigen Zeitpunkt opportun ist, Madame«, sagte er müde. »Sehr Ihr nicht, dass Ihr dieser jungen Person einen Schrecken eingeflößt habt?«
»Diese junge Person, wie Ihr sie nennt, ist eine Dirne!«, entgegnete Dame Sibrit kalt. »Sie hat einen
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