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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Geschehen. Er schien aus dem Bottich aufsteigende Energiewellen zu empfangen. Dann wandte er sich anderen, braun-grünen Scaythen zu, die einem zweiten Bottich entstiegen und sich
ihm schwankend näherten. Ihr unsicherer Gang erinnerte Dame Sibrit an die ersten Schritte gerade geborener Schigaline. Dann presste er seinen Mund auf den ihren, um ihre Daten auszutauschen.
    Dieses seltsame Ritual wurde in völliger Stille vollzogen. Es war auf barbarische Weise erschreckend; ein grauenvoller Schöpfungsvorgang. Die rekonditionierten Scaythen zogen ihre weißen Kapuzenmäntel wieder an und nahmen ihre Plätze erneut in der Nähe der Menschen ein, die sie angeblich beschützten, doch langsam und geduldig zerstörten. Zuerst löschten sie bei ihrem Gegenüber jeden negativen Gedanken aus, verstärkten die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit, um dann Gedächtnislücken hervorzurufen. Das alles geschah sehr langsam, auf subtile Weise, um keinen Verdacht zu erregen – sie knabberten an der Erinnerung wie winzige, in einem geistigen Speicher lebende Nagetiere.
    Völlig deprimiert erkannte Dame Sibrit, dass Menati – der Herrscher des Universums – sie nicht anhören konnte, weil sein Geist bereits zerstört worden war. Er hatte praktisch schon abgedankt. Er vernachlässigte seine Pflichten als Regent, denn er war seiner Humanität beraubt worden. Und damit verzichtete er auf den Thron des Ang-Imperiums, wie er bereits auf seinen Status als Mensch verzichtet hatte.
    Plötzlich lichtete sich ein Nebelschleier vor Dame Sibrits geistigem Auge. Sie sah eine Szene vor sich, deren Mittelpunkt sie war.
    Seneschall Harkot war ihr in ihren Träumen in Gestalt Wal-Huas, des kleinen Tigerbären, erschienen und hatte sich ihrer seherischen Kräfte bemächtigt, um den Aufenthaltsort dieser drei Personen auf dem blauen Planeten herauszufinden. Denn diese Frau, dieser Mann und dieses kleine Mädchen waren die letzten Hoffnungsträger der
Menschheit und nicht, wie sie geglaubt hatte, der Imperator des Universums …
    Waren sie jene berühmten Krieger der Stille, von denen einst einer ihrer Liebhaber gesprochen hatte, ein junger leidenschaftlicher Diener? Sollte das stimmen, hatte sie unabsichtlich den Scaythen den Weg zu ihnen gewiesen.
    Jetzt, da der Seneschall an sein Ziel gelangt war, befand sie sich in großer Gefahr. Nun war sie ihm nicht mehr nützlich, und er konnte sie entweder eliminieren oder ihren Geist auslöschen, was er bisher noch nicht getan hatte, da er ihren gesunden Verstand brauchte.
    »Du beschimpfst Kurtisanen als Huren, aber sie tun doch nur, was ihnen an höchster Stelle vorgelebt wird!«, höhnte Menati hasserfüllt. »Und du bist die Schlimmste von allen, Sibrit de Ma-Jahi, du bist die allergrößte Dirne! Jetzt glaube ich auch, dass diese Gerüchte über dich wahr sind. Du bist ein Monster, eine Verfluchte, eine Dämonin, die das Sperma und das Blut ihrer Opfer trinkt!«
    Dame Sibrit sah mit Tränen in den Augen ihren Gemahl an. »Verzeiht mir, Euch gestört zu haben, Monseigneur …«
    »Von diesem Augenblick an wird dein Leben eine einzige Hölle sein, du kleine provinzielle Schlampe! Der Hofstaat wird dir nie die Demütigung Dame Veronits verzeihen. Meine Liebe wird dich nicht mehr beschützen, niemand wird dich beschützen. Von nun an solltest du dich vor den Männern hüten! Ihr Fleisch und ihr Blut könnten vergiftet sein … Verschwinde! Ich kann dich nicht mehr sehen. Ich habe dich schon lange genug ertragen!«
    Dame Sibrit stand auf. Ihre Beine zitterten. Sie musste sich am Beckenrand festhalten, sonst wäre sie hingefallen.
    »Ich wünsche Euch noch eine schöne Zweite Nacht, Monseigneur«, stammelte sie.

    Schwankend durchquerte sie den Privatgarten und das Schlafgemach. Dieselbe Türschleuse öffnete sich vor ihr, durch die Madame Veronit verschwunden war.
    Ihre Visionen würden ihr schaden, denn sie war von nun an wie ein Spiegel der Freiheit und der Klarsicht, in dem die Menschen sich nicht sehen wollen würden.
    Nun war sie allein.
    Und als sie über den schmalen Flur ging, hatte sie das Gefühl, die wehrlose Beute eines Rudels von Raubtieren zu sein.

FÜNFZEHNTES KAPITEL
    Immerfort singt weinend mein Herz deinen Namen.
Immerfort begehrt weinend mein Körper den deinen,
Begehrt deinen Mund, deine Hände,
Die Leidenschaft, die ich in dir fand …
Doch du bist fort.
So unvorstellbar ist mein Sehnen,
Dass aus meinen Tränen
Ein Lied wird – immerfort.
    Gedicht, der Jersaleminerin Phoenix

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