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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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zugeschrieben, die mutmaßlich die Frau des Prinzen San Francisco der Amerikaner war.

     
    S eit einigen Monaten herrschte auf Jer Salem große Aufregung wegen des Vorüberziehens der Xaxas, ein Ereignis, auf das die vierzig Stämme des erwählten Volkes seit achttausend Jahren warteten. Der Älteste, der Exeget der Neuen Bibel, hatte das ungefähre Datum der Landung der himmlischen Zugvögel auf dem eisbedeckten Trabanten des Planeten Franzia bestimmt. Seinen Berechnungen nach würde in weniger als einer Woche die Reise zu dem neuen Jer Salem – dem Jer Salem des Ruhms und des Lichts – beginnen.
    Die dreitausendfünfhundert Mitglieder des Stammes Brasiliens unter der Leitung des Prinzen Rio de Janeiro, die sich um die Grundversorgung gekümmert und deshalb in anderen Welten gelebt hatten, waren in ihre Heimat zurückgekehrt. Die Vorbereitungen fanden in einer Atmosphäre feierlicher Andacht statt, alle Stämme verzichteten auf ihre sonst üblichen Streitereien und Auseinandersetzungen. Sie waren von demselben Geist erfüllt wie vor achttausend Jahren, als der Abyner Elian das große Volk Phraëls in einem riesigen Raumschiff aus Eisen in seine neue Heimat aus Eis und Schnee gebracht hatte.
    Ständig fanden in Anwesenheit der vier prunkvoll gekleideten, großen Abyner im Tempel Salmons Zeremonien statt. Dort befanden sich die beiden heiligen großen Glebas. Sie standen auf Sockeln mit zwanzig Metern Durchmesser.
Die eine stellte die Erde der Herkunft dar, den Planeten, auf dem sie ursprünglich zu Hause gewesen waren. Sie war so alt, dass die Farben, die die Kontinente darstellten, ebenso verblasst waren wie das Blau der Meere. Die zweite Gleba symbolisierte das himmlische Jer Salem, das Ziel der Xaxas, und sie war in perfektem Zustand. Wie die Erde der Herkunft war dieser mythische Planet zu zwei Dritteln mit Wasser bedeckt. Es gab drei Kontinente, kleine und größere Inseln und zwei mit Eis bedeckte Pole.
    Auf den weisen Rat des Abyners Elian hatten die ersten Jersaleminer diese Gleba mit einer ungefähren kartographischen Darstellung versehen. Schwarze Linien teilten die drei Kontinente und die größten Inseln in vierzig Länder – für jeden Stamm eins – auf.
    So wusste jeder, wo sein Stamm leben würde: die Australier des Prinzen Melbourne auf der Hälfte der großen Insel der südlichen Hemisphäre; die Japaner des Prinzen Kyoto auf einer schmalen Insel der Levante; die Franzosen des Prinzen Paris und die Spanier des Prinzen Grenada auf den westlichen Territorien des großen Kontinents Eurasien; die Inder des Prinzen N-Delhi in einem Land, das von einer Gebirgskette begrenzt wurde, und weit in einen Ozean reichte; die Nordländer des Prinzen Oslo auf Gebieten in der Nähe des Arktischen Meeres …
    Nur ein einziger Stamm hatte kein Land zugewiesen bekommen: die Amerikaner des Prinzen San Francisco. Er war verbannt worden, weil er die Auslegung der Neuen Bibel öffentlich angezweifelt hatte. Also mussten die Amerikaner auf die endgültige Beantwortung dieser Frage – ein Entscheid der vier großen Abyner und der neununddreißig regierenden Prinzen – warten. Würde ihr Territorium von dem Prinzen Vancouver und seinen Kanadiern oder dem
Prinzen Acapulco und seinen Mexikanern annektiert werden? Oder würden die Abyner einen neuen Prinzen ernennen? Auf keinen Fall würde er, wie von seinem Stamm und einigen Mitgliedern anderer Stämme verlangt, freigesprochen werden. Rebellen anderer Herkunft – Kanadier, Chinesen, Russen, Engländer … – hatten sogar ein Raumschiff der Gleba gestohlen und waren von Jer Salem geflohen, um San Francisco zu dienen. Es kursierten Gerüchte, die Rebellen würden zurückkehren, aber ihnen wurde nicht die geringste Chance eingeräumt, mit den Xaxas in das Jer Salem des Lichts zu gelangen.
    Und während die vier großen Abyner und die neununddreißig Prinzen über diese Fragen im Thorial, dem Saal des Rates, diskutierten, probten die Jersaleminer ein letztes Mal ihre Abreise. Anlässlich des letzten Zwischenaufenthalts der Xaxas vor Jahrtausenden waren drei der himmlischen Zugvögel durch plötzlich abrutschende Eismassen verschüttet und in einer Wand des Golan-Zirkus’ konserviert worden, der sich einhundertdreißig Kilometer von Elian, der Hauptstadt Jer Salems, entfernt befand.
    Die geistigen Führer des erwählten Volkes hatten es für ratsam gehalten, dem Volk erst im letzten Moment die Existenz dieser Relikte zu enthüllen, weil sie fürchteten, konkrete

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