Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
Vom Netzwerk:
eingefroren hatte. Doch die Gesichtszüge des Jersaleminers hatten sich verhärtet, und er war stumm geblieben. Nach einem einstündigen Marsch erreichten sie einen Platz, auf dem ein quadratisches, von beleuchteten Säulen umgebenes Gebäude stand. Auch in ihm befanden sich die Leichen unversehrter Frauen und verstümmelter Männer.
    »Der Thorial«, murmelte San Francisco, »mit dem Saal des Rates …«
    Er versuchte, unbeteiligt zu wirken, konnte seine Ergriffenheit nach zwanzigjähriger Abwesenheit von seiner Heimat jedoch nicht verbergen. Und jetzt, vor dem großen Portal des Thorials, wurde ihm bewusst, dass der Einzige Schöpfer und seine Diener ihn aus nur einem Grund ins Exil geschickt hatten: einem anderen Prinzen, dem Prinzen der Hyänen, zu helfen, das ihm bestimmte Schicksal zu vollenden. Und aus diesem Grund musste er die Abyner überzeugen, dem kleinen Anjorianer einen Platz in einem der Xaxas zu überlassen. Für sich selbst wollte er nicht viel, nur mit Phoenix zusammenleben, denn sein Herz sagte ihm, dass sie ihn immer noch liebte.
    Sie umrundeten den Tempel, bogen in eine breite Straße
ein und gingen zum Tempel Salmons, auf dessen riesigem Vorplatz sich Tausende drängten, alle, die keinen Platz im Innern gefunden hatten.
    Strahlte das Ratsgebäude eine schlichte Schönheit aus, so wirkte es, verglichen mit dem Tempel Salmons, fast plump und schwer.
    »Ein Meisterwerk, ein Wunder!«, rief Robin de Phart. »Was sagen Sie dazu, Marti? Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass Jer Salem einen Umweg lohnt.«
    Marti war das Gotteshaus aus Eis völlig egal. Die unerträgliche Kälte hatte von ihm Besitz ergriffen und lähmte ihn fast. Er dachte an die sanften Winde der Zweiten Nacht auf Syracusa, die wärmenden Strahlen von Rose Rubis und der Sonne Saphyr und an die betörenden Düfte in seiner Heimatstadt Venicia. Und er fragte sich, aus welchen Gründen Menschen in einem Gletscher lebten. Aus den Augenwinkeln warf er Jek einen Blick zu. Der Junge war blass, seine Lippen waren blau, und er musste wohl ebenso frieren wie er selbst.
    Der Andere, der Dämon lag unablässig auf der Lauer und wartete auf den Moment, wo der kleine Anjorianer allein sein würde. Bisher hatte sich eine solche Gelegenheit noch nicht ergeben, denn Jek war immer in Gesellschaft eines oder mehrerer Erwachsener gewesen. Das unerklärliche Verschwinden Montreals hatte das Problem nicht vereinfacht. Der Dämon hatte durch Marti erklärt, dass Montreal durch die falsche Handhabung einer der Schleusen ums Leben gekommen sein müsse. Die Jersaleminer hatten nicht an eine Nachlässigkeit ihres Kameraden glauben wollen, doch glücklicherweise war niemand auf den Gedanken gekommen, Martis Kabine zu durchsuchen.
    »Wie gefällt dir der Tempel unserer Freunde, Jek?«, fragte
Robin de Phart nun seinen kleinen Freund, weil er das Bedürfnis hatte, seine Begeisterung mit jemandem zu teilen.
    »Er ist schön«, antwortete Jek aufrichtig. Die einfache Majestät der Eiskonstruktion rief staunendes Entzücken in ihm hervor. Die fein ziselierten, durch Arkaden und Wölbungen unterteilten Wände, die von zweihundert Meter hohen, gotisch anmutenden Türmen gekrönt wurden, die Skulpturen an den Stützpfeilern und über dem Hauptportal, das alles fügte sich zu einem einmaligen Kunstwerk im Licht der gleißenden Projektoren zusammen.
    »Ein Meisterwerk!«, rief Robin de Phart voller Bewunderung, mit Tränen in den Augen.
    Der syracusische Gelehrte bedauerte, dass San Francisco ihm verboten hatte, sich seines holographischen Aufnahmegeräts zu bedienen. Die Jersaleminer haben kein Recht, anderen Völkern dieses einzigartige Kunstwerk – ein Zeugnis ihres Wissens und ihrer Kultur – vorzuenthalten, dachte er.
    Jeks Augen waren vom Staunen müde geworden. Er sah zu Robin auf. An Bord des Raumschiffs der Gleba hatte er mit dem alten Syracuser über Martis seltsames Benehmen sprechen wollen. Aber Robin hatte sofort das Thema gewechselt, so als verbäte er sich jede Kritik an seinem Mitplanetarier. Da begriff Jek, dass der Gelehrte ebenso an der Einsamkeit litt wie der Doge Papironda. Beide Männer handelten völlig unvernünftig, wenn es um Menschen ging, die sie in ihr Herz geschlossen hatten. Daraufhin hatte Jek versucht, sich San Francisco anzuvertrauen, aber der ehemalige erste Offizier des Dogen war immer derart beschäftigt gewesen, dass nie Zeit für ein Gespräch unter vier Augen gewesen war. Also beschloss er, nie mit Marti allein zu bleiben.

    »Der

Weitere Kostenlose Bücher