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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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den mächtigen Turm der Muffis zu, der so weit in den Himmel ragte, dass drei der fünf Nachtgestirne Syracusas nicht zu sehen waren.
     
    In den Zimmerfluchten des Muffis Barrofill XXIV. herrschte ein ebenso geschäftiges Treiben wie auf dem größten Platz Venicias. Ehe Fracist Bogh und der Assistent das Allerheiligste betreten durften, hatten sie sich zahlreichen Kontrollen, unter anderem auch höchstpeinlichen wie einer
Inspektion sämtlicher Körperöffnungen, unterziehen müssen.
    Glücklicherweise hatte der Kardinal nicht auf seine Gedankenschützer verzichten müssen; in allen Fluren, Vor-und Wartezimmern hielten sich Inquisitoren in ihren purpurroten Kapuzenmänteln auf.
    »Endlich haben wir alle Formalitäten hinter uns gebracht«, sagte der Assistent und seufzte. Er deutete auf einen Luftsessel. »Nehmt Platz, Eminenz. Es dürfte nicht lange dauern, bis Euch jemand abholt. Möge die Zweite Nacht Euch gewogen sein.«
    Er verharrte und wartete darauf, eventuell mit einem Trinkgeld entlassen zu werden, doch der Kardinal musterte ihn nur ernst.
    »Erinnern Sie sich nicht an Ihre Eltern?«
    »Nein, Eminenz.«
    »Und das fehlt Ihnen nicht, macht Ihnen keinen Kummer?«
    Der Assistent senkte den Kopf und verschwand, ehe Fracist Bogh ihn zurückhalten konnte.
    Resigniert setzte sich der Kardinal in den Luftsessel. Die ungeheure Betriebsamkeit um ihn herum nahm er kaum wahr. Überall liefen die persönlichen Dienstboten des Muffis  – ganz in Weiß gekleidete Knaben – durcheinander. Sie kümmerten sich um die Besucher, die in kleinen Gruppen vor der Tür des Empfangssaals warteten. Dazwischen hatten sich Gedankenschützer niedergelassen, die ihre Herren begleiteten. In einer Ecke saßen maskierte und bewaffnete Männer, in einer anderen diskutierten rotgesichtige Vikare mit berühmten Theologen …
    In der Menge erkannte Fracist Bogh einige Mitglieder der großen Familien Syracusas, Offiziere der Interlisten, herausgeputzte
ältere Damen der feinen Gesellschaft – ein Tableau der täglichen Pflichten eines Oberhirten der Kirche des Kreuzes, ein unablässiger Reigen, bestehend aus Bittstellern, Ratsuchenden, Intriganten, Profiteuren und Parasiten …
    Wann fand Barrofill XXIV. die Zeit, sich auszuruhen, Zeit, neue Kraft zu schöpfen, um sich seiner eigentlichen Aufgabe zu widmen: dem Beginn eines Goldenen Zeitalters auf den bekannten Welten.
    Diese eitle Zurschaustellung und das aufgeregte Geschnatter langweilten Fracist Bogh schnell. Er vertiefte sich in die Betrachtung wechselnder Motive eines großen Wandteppichs vom Planeten Orange und schalt sich seiner maßlosen Naivität geglaubt zu haben, diese Welt könne innerhalb kurzer Zeit die seine sein. Denn weder beherrschte er alle Feinheiten der autopsychischen Selbstkontrolle noch den subtilen Gebrauch dieser vieldeutigen Sprache, die am kaiserlichen Hof zu Venicia gepflegt wurde, um Allianzen nach Belieben zu knüpfen oder zu brechen. Nur ein Höfling, ein geborener Syracuser, konnte, ohne Schaden zu nehmen, in diesen trüben Gewässern schwimmen.
    »Seine Heiligkeit erwartet Euch, Eminenz.«
    Fracist Bogh sah zu dem Mann, der ihn angesprochen hatte auf. Vor ihm stand kein Mann der Kirche, sondern ein ganz normaler Bürger. Ein sehr junger Mann, dessen Cape seine Leibesfülle nicht verdecken konnte. Drei gelockte Haarsträhnen umrahmten sein pausbäckiges Gesicht, ein ziemlich lächerlicher Anblick.
    »Ich bin Emmar Saint-Gal, der neue Cheftechniker des Palastes. Mein Gespräch mit dem Muffi ist beendet, und er bat mich, Euch zu holen.«
    Fracist Bogh erhob sich und folgte dem jungen Mann mit seinen Gedankenschützern.

    »In diesem Palast muss alles erneuert werden«, schwatzte Emmar Saint-Gal weiter. »Das Holo-Überwachungssystem und die Plattformen sind veraltet … Auch die Deremats müssen technisch verbessert werden. Wusstet Ihr, dass ich ein Spezialist für Deremats bin? Habe ich Euch schon gesagt, dass Phisar Saint-Gal, mein Vater, der Direktor der InTra, des Intergalaktischen Transportunternehmens, ist? Des bedeutendsten Unternehmens des zellularen Transfers des bekannten Universums … Ich werde bald heiraten, Eminenz … Meine Braut heißt Annyt … Ihre Eltern sind einverstanden … Bald wird sie mich lieben, und …«
    »Sie liebt Euch also nicht?«, unterbrach ihn der Kardinal, dem die Ohren dröhnten. Endlich lernte er einen Syracuser kennen, der die APSK noch weniger als er selbst beherrschte.
    »Ich habe ihr einen großen Dienst

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