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Terroir

Terroir

Titel: Terroir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Heymann-Loewenstein
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Wein berge . Ab einer bestimmten Hangneigung verlangt der Berg nach einer stützenden Mauer, um die Bewirtschaftung überhaupt zu ermöglichen. Mehr noch als die Weingärten sind Terrassenweinberge alles andere als eine Naturlandschaft. Hier wird Landschaft bezwungen, in eine Form gebracht. Im großartigen Naturspektakel des Bremmer Calmont kleben in den Kehlen zwischen den steil abfallenden Felsrippen die Terrassen wie Vogelnester am Schiefergestein. Andere Weinberge wie etwa der Uhlen an der Terrassenmosel gleichen gotischen Kathedralen, die geheimnisvoll vom Flussgrund in den Himmel streben.
    Es ist aus heutiger Sicht geradezu unvorstellbar, welche Arbeit in früheren Jahrhunderten bei der Anlage der Terrassen geleistet wurde. Nach dem Verbrennen von Dornen und Gestrüpp mussten zum Aufschichten der Mauern erst einmal Steine gebrochen werden. Bei Schiefergestein wurde längs der Maserung mit Hammer und Meißel ein Schlitz geschlagen. In diesen Spalt wurden am Abend getrockneteKeile aus Eichenholz getrieben, die gewässert und mit feuchtem Moos abgedeckt wurden. Über Nacht sprengte das quellende Eichenholz die Felsen und aus dem, was man dann morgens vorfand, konnten passende Steine geschlagen werden. Im Idealfall gründet eine Mauer auf Felsen. Bei zerklüftetem Gelände gibt es aber immer wieder auch Stellen, an denen selbst in einer Tiefe von einem Meter noch kein Fels gefunden wird. Dort wird auf dem gewachsenen Boden ein Fundament errichtet, auf dem die eigentliche Mauer dann fußt. Durch eine geschickte Abfolge von großen und kleineren Steinen, jeder sorgsam mit kleinen Steinen fest unterlegt, wächst langsam die Mauer. Das Gesicht, die schöne Seite des Stein, wird so nach außen gelegt, dass der obere Teil des Steins immer etwas weiter herausragt als der untere Teil. Die Kraft, die von oben auf den Stein einwirkt, wird so immer in den Berg abgeleitet. Um den Zusammenhalt der Mauer nicht zu gefährden, dürfen keine größeren Fugen entstehen. Und es ist darauf zu achten, dass die Mauer ungefähr drei Grad gegen den Berg geneigt ist. Aus kleineren Steinen wird parallel zur ersten Reihe der Steine der hintere Bereich gemauert und der entstehende Raum mit Karst und Schaufel aufgefüllt. So wächst die Mauer, bis die Neigung der Terrasse eine Bewirtschaftung ermöglicht. Wo der obere Teil auf null, das heißt auf dem Felsen, ausläuft, beginnt man mit dem Bau der nächsten Mauer.
    Anzahl und Höhe der Mauern richten sich nach der Steilheit des Geländes. Oft braucht es eine Mauerhöhe von einem oder zwei Metern, um Terrassen mit einer Tiefe von fünf oder zehn Metern anzulegen. Bei extrem steilem Gelände kann es jedoch vorkommen, dass eine vier Meter hohe Mauer eine Terrasse von nur zwei oder drei Metern Tiefe erlaubt, die dann mit einer gleich hohen Mauer weiter nach oben wächst. Die traditionellen Terrassen der Flusstäler des rheinischen Schiefergebirges haben meist immer noch eine Hangneigungvon dreißig bis fünfundvierzig Grad. Zum Schutz vor Erosion (und manchmal auch zur Bodenverbesserung) wird der Boden – oder besser das Erde-Stein-Gemisch – mit einer dicken Schicht aus Schotter abgedeckt. Durch die Bewirtschaftung arbeitet sich der Schotter langsam immer weiter talwärts, sodass ein Weinberg von oben kontinuierlich mit frischem Schotter versehen werden muss.
    Eine handwerklich korrekt aufgebaute Mauer ist ein Kulturdenkmal, das Jahrhunderte überdauert. Neben der Frage nach dem handwerklichen Geschick der Maurer korreliert die Haltbarkeit letztlich mit der Zusammensetzung der Steine und dem Klima, dem sie ausgesetzt sind. Am Rhein und seinen Nebenflüssen können wir davon ausgehen, dass Mauern aus extrem weichen, tonhaltigen Schiefern nach rund hundertfünfzig Jahren verwittern, während harte, quarzithaltigere Steine auch nach dreihundert Jahren noch stabil sein können.
    Je extremer das Klima, in dem Reben gepflanzt wurden, desto mehr wurde der menschliche Erfindergeist gefordert. Auf dem Hochplateau der griechischen Insel Santorin sind die Reben extremen Winden ausgesetzt. Die Triebe werden daher nicht eingekürzt, sondern im Abstand von etwa einem Meter um den Rebstock herum kreisförmig zusammengesteckt, sodass über die Jahre ein großer Korb entsteht, in dessen Innerem die Trauben geschützt ausreifen können. Auf der niederschlagsarmen Insel Lanzarote reifen die Trauben vor Sonne und Wind geschützt in Erdlöchern. Außer dem morgendlichen Tau steht ihnen kaum ein Tropfen Wasser zur

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