Terror auf Stiles Island
ist nicht der springende Punkt. Der Punkt ist doch der: Willst du den Kindern und ihren Familien das wirklich antun? Die Eltern wollen eine Entschädigung zahlen. Die beiden schwulen Gentlemen können ihr Haus renovieren. Das Leben geht weiter.«
»Und die ,zwei schwulen Gentlemen‘, was werden die wohl denken?«
»Sie bekommen immerhin ihr Haus im Top-Zustand zurück«, sagte Fogarty.
»Leute sollten in der Lage sein, mit jedem ficken zukönnen, ohne dass gleich ihr Haus abgefackelt wird«, schnaubte Jesse.
Abby wusste, wie stur Jesse sein konnte, aber sie hatte ihn selten so wütend erlebt.
»Und du glaubst, an diesem Zustand würde sich was ändern, wenn du drei Kinder und ihre Familien durch den juristischen Fleischwolf drehst.«
»Ich werd sie aber durch den Fleischwolf drehen«, sagte Jesse.
»Um was zu beweisen?«
»Dass Kinder nicht nach Belieben Mitmenschen misshandeln können, nur um dann von ihren Eltern freigekauft zu werden.«
Die beiden Anwälte schwiegen. Abby wusste, dass weiteres Bohren sinnlos war, doch Fogarty machte noch einen letzten Versuch.
»Sie werden keinen Staatsanwalt finden, der den Fall verfolgt«, sagte Fogarty.
Jesse antwortete nicht.
»Sie werden sich nur zum Idioten machen, weil es gar nicht erst zur Klageerhebung kommt«, sagte Fogarty.
»Ich möchte Ihnen ja nicht zu nahe treten, Herr Anwalt«, antwortete Jesse, »aber in diesem Punkt würde ich mich auf Ihre Einschätzung nicht verlassen wollen.«
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14
In Jesses Wohnzimmer hing ein großformatiges Foto von Baseball-Legende Ozzie Smith, das man nicht übersehen konnte, wenn man am Tresen in der Küche saß.Jesse schaute zu dem Foto hinüber, während er gleichzeitig Soda in seinen großzügig bemessenen Scotch kippte. Er nahm einen Schluck. Wer selbst nicht trinkt, dachte er, wird’s nie kapieren. Er wird dieses Gefühl nie kennen. Gelegenheitstrinker, die nur der Geselligkeit wegen trinken, die sich sogar an einer Limo festhalten würden, wenn es nicht so verdammt uncool wäre – diese Leute konnten natürlich nicht nachvollziehen, was es mit diesem ersten Schluck auf sich hatte. Jesse hatte immer das Gefühl gehabt, dass die ersten Schlucke wie das Leben selbst seien: angenehm, weich, temperamentvoll und leicht herb. Jesse verabscheute Menschen, die sich mit diesem Geschmack nicht anfreunden konnten. Wobei sich das größte Glücksgefühl eigentlich immer einstellte, wenn man vom Zustand der Trunkenheit noch weit entfernt war. Mit dem ersten Glas – und der Gewissheit, dass noch weitere folgen würden – kam das Gefühl, mit dem Leben im Einklang zu sein. Nach ein paar Gläsern löste sich diese Magie langsam auf, bis am Ende nur noch die nackte Sucht blieb.
»Musst die Sucht in den Griff bekommen«, sagte Jesse zu Ozzie.
Ozzie, den behandschuhten Arm völlig gestreckt, befand sich parallel zum Boden, ja schien geradezu in der Luft zu schweben. Soweit Jesse bekannt war, hatte Ozzie Smith nie mit einer Sucht zu kämpfen gehabt. Er war der beste Shortstop , der je gelebt hat, dachte er – auch wenn ihm umgehend schwante, dass diese Einschätzung vielleicht ein wenig überzogen war. Er war zumindest der beste Shortstop , den Jesse je gesehen hatte. Über Marty Marion und Pee Wee Reese konnte er sich keinUrteil erlauben, von Honus Wagner ganz zu schweigen. Er gönnte sich noch einen Schluck. Sollten sie besser als Ozzie gewesen sein, mussten sie schon auf einem galaktischen Niveau gespielt haben. Aber eines wusste er: Niemand konnte einen Salto rückwärts so perfekt schlagen wie Ozzie.
»Wizard of Oz«, murmelte Jesse.
Wäre er nicht verletzt worden, hätte er da oben mitspielen können, dachte Jesse. Intuitiv hatte er immer gewusst, dass er als Shortstop eine große Zukunft gehabt hätte. Ohne seine Verletzung würde er in diesen Tagen wohl gerade seine Baseball-Laufbahn beenden. Wäre vielleicht in den letzten Jahren auf die dritte Base gerückt. Hätte sicher einen lifetime average von .275 bis .280 schaffen können. Und zehn, zwölf home-runs . Vielleicht wäre er an Ozzies average nicht rangekommen, aber er hatte den etwas besseren Wurf-Arm. Konnte von seinem Platz zwischen der zweiten und dritten Base einen hard ball punktgenau werfen. Keine Frage: Für einen Defensiv-Spieler war sein average ausgezeichnet. Sein Glas war leer. Er ging zum Kühlschrank, holte sich ein paar Eiswürfel und mixte sich
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