Terror der Tongs
er den Hörer abnahm, zuckte Rasana zusammen. »Was… was haben Sie vor?«
»Ich rufe an.«
»Wen?«
»Das ist uninteressant für dich.« Mandra begann bereits zu wählen. Er ließ den Gegner nicht aus den Augen, aber Rasana schätzte seine Chancen sehr gut ein. Er wußte, daß ihm sein ungebetener Gast an Kräften überlegen war.
Der Anruf jedoch paßte ihm überhaupt nicht. Wen konnte Korab in London kennen?
Die Nummer kannte Mandra auswendig. Er tippte sie ein und brauchte nicht einmal lange zu warten, als er eine ihm bekannte Stimme hörte. Glenda Perkins meldete sich.
Als sie hörte, wer am Apparat war, schrie sie auf. »Mandra, Himmel! John hat versucht, dich…«
»Gib ihn mir.«
Glenda merkte, daß der Inder unter Druck stand. »Er ist nicht im Büro, aber du kannst mit Suko sprechen.«
»Gern.«
Auch der Inspektor war überrascht, die Stimme des indischen Freundes zu hören. Und er war noch perplexer, als er vernahm, daß Mandra aus London anrief.
»Das kann doch nicht wahr sein.«
»Es ist aber so. Hör jetzt genau zu. Ich bin…« Mandra erklärte ihm in wenigen Sätzen die Lage, und Suko war ein Mensch schneller Entschlüsse.
»Ich bin so schnell wie möglich bei dir.«
»Das ist gut. Wo steckt John?«
»Er sucht die Tongs.«
Mandra verzog das Gesicht und mußte sich schließlich anhören, daß John Sinclair mit einer Inderin namens Sari dem India House einen Besuch abstatten wollte.
Das paßte ihm nicht, aber er mußte sich mit den Tatsachen abfinden und legte auf.
Rasana stand die Neugierde ins Gesicht geschrieben. Natürlich wollte er wissen, mit wem Mandra Korab telefoniert hatte, aber er traute sich nicht, die entsprechende Frage zu stellen. Mandra wollte ihn aber nicht dumm sterben lassen, deshalb gab er eine Erklärung ab.
»Ich habe einen Freund von mir angerufen. Er wird herkommen. Dann möchte ich noch erwähnen, daß dieser Freund Inspektor bei Scotland Yard ist.«
»Sinclair?«
»Den kennst du auch?«
»Nein, mein Freund ist Chinese. Er heißt Suko, aber er haßt Kali ebenso wie ich.«
Rasana nickte. Er fühlte sich plötzlich unwohl und suchte nach einem Ausweg. Sein Blick durchstreifte das Zimmer. Er glitt auch über die Tür, die zu Kalis Reich führte.
Das merkte Mandra ebenfalls. »Was liegt dort hinter der Tür verborgen?« fragte er scharf.
»Nichts, gar nichts.« Die Antwort kam viel zu schnell, als das Mandra sie ihm geglaubt hätte.
Er lächelte scharf. »Gehen wir hin! Du zuerst!«
Rasana wußte, daß es keinen Sinn hatte, sich aufzulehnen. Zudem dachte er an die Göttin und deren Stärke. Dieser Korab würde sich wundem, wenn es soweit war.
Der Arzt hob die Schultern in einer ergeben wirkenden Geste, drehte sich um und ging zur Tür.
Mandra blieb dicht hinter ihm. Schon auf halbem Weg fiel ihm der Geruch auf.
Es war ein alter widerlicher Gestank. So rochen Leichen, die lange in der Erde gelegen hatten. Mandra rann es kalt den Rücken hinab. Dieses Haus schien noch mehr schreckliche Geheimnisse zu bergen. Vor der Tür blieb Rasana stehen.
»Öffnen!«
»Ich will dir sagen, wen oder was du in dem Zimmer findest. Es gehört Kali.«
»Das rieche ich.« Mandras Gesichtszüge verhärteten sich. »Sind dort Tote zu finden?«
»Nein!«
»Werdann?«
»Nur Kali.«
»Öffne!«
»Ich will dich warnen, Korab. Du weißt, wie gefährlich Kali ist. Und sie ist mächtig!« flüsterte er.
Mandra war es leid. Er stieß den anderen in den Rücken, und dem blieb nichts anderes übrig, als die Tür zu öffnen. Es war schlimm. Der Leichengeruch raubte dem Inder den Atem. Rasana wollte Mandra den Vortritt lassen. Er jedoch packte den Kerl, wirbelte ihn herum und drückte ihn über die Schwelle. Taumelnd betrat der Arzt den Raum, und Mandra blieb hinter ihm. Sein Blick fiel auf die Statue.
Ja, das war sie.
Das war Kali, die Todesgöttin!
Vier Arme besaß sie. Das Deckenlicht fiel wie ein Schleier auf ihren Kopf. Es zeigte deutlich die häßliche Kette aus Menschenschädeln, das aufgedunsene und aufgeworfene Gesicht der Statue, all das Grauen, das diese Person ausstrahlte.
Mandra war beeindruckt. Im Vergleich zu dieser Todesgöttin kam er sich direkt klein vor, und er schüttelte sich, als wollte er die Beklemmung vertreiben, die ihn erfaßt hielt.
Dr. Rasana hatte sich verändert, obwohl er äußerlich der gleiche geblieben war. In seinen Augen lag ein anderer Ausdruck. Ein inneres Fieber stieg in die Höhe. Fast demütig schaute er Kali an und hob beide Arme,
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