Terror der Tongs
Sari war nur mehr die äußere Hülle. In ihr steckte Kali.
»Und mich hast du bewußt in diese Falle gelockt?« fragte ich.
»Ja, das mußte so sein. Mandra, der Chinese und du. Ihr seid eine gewisse Macht. Wir kennen eure Stärke, und wir wollen auf keinen Fall, daß ihr zusammenbleibt. So haben wir euch getrennt, unsere Falle steht, sie wird euch vernichten.«
Hatte es Sinn, noch an den Menschen Sari zu appellieren? Nein, wahrscheinlich nicht. Ich hätte den Geist der Todesgöttin aus ihr heraustreiben müssen.
»Du wolltest doch zu Kali«, sagte sie leise und mit ihrer rauhen Stimme.
»Los, geh hin…«
»Wozu?«
»Umarme sie. Fühle den alten Geist. Vielleicht bekehrt er auch dich. Möglich ist alles…«
»Nein.«
»Das habe ich mir gedacht.« Sie ging noch einen Schritt zurück.
»Deshalb muß ich so reagieren.« Ihre nächsten Worte galten den beiden Tongs. »Tötet ihn!«
Ich griff zur Beretta!
***
Noch im Wagen sah Suko den besorgten Blick des Superintendenten, der ihm zum Abschied zugeworfen worden war. Nach Mandras Anruf hatte der Inspektor seinen Chef sofort informiert, und Sir James hatte sich nicht nur überrascht, sondern auch sehr ängstlich gezeigt.
»Irgend etwas stimmt da nicht. Man hat Sie getrennt. Das ist der Gegenseite gelungen. John ist zu diesem India House gefahren, und Sie werden woanders sein. Weshalb? Ein Zufall?«
»Daran glaube ich nicht, Sir.«
»Ich ebenfalls nicht.«
»Außerdem habe ich dieser Sari nie richtig getraut«, gab Suko zu bedenken.
»Sie ist zwar Dennings Freundin gewesen, aber gleichzeitig auch Inderin, und sie gehört einem anderen Volk an, in dessen Mystik wir uns kaum hineindenken können, auch Sie als Chinese nicht, Suko. Aberfahren Sie. Kämpfen Sie mit Mandra Seite an Seite. Versuchen Sie, die Macht der Todesgöttin zu brechen.«
Das hatte Suko vor, als er sich auf dem Weg zu seinem Ziel befand. Mandra brauchte ihm nicht erst zu sagen, wie gefährlich diese Dämonin war. Das wußte der Inspektor aus eigener Erfahrung. In London hatte der Winter seine Spuren hinterlassen. Es lag zwar kein Schnee, aber an einigen Stellen glitzerte es, das Zeichen für Glatteis. Suko fuhr vorsichtig und kam nur langsam voran. Er mußte an den Stadtrand von London, war demnach weit von seinem Freund John Sinclair getrennt.
Und er dachte über Mandra nach, den es nach London verschlagen hatte. Er war heimlich gekommen, niemand wußte Bescheid. Daß er nun angerufen hatte, ließ bei ihm auf einen Erfolg schließen. Es war nun schon eine ländliche Gegend, die Suko erreichte. Wenig Häuser, viel Grün, im Winter allerdings mehr grau und braun wirkend. Dunkle Farben herrschten eben vor.
Die Wände der meisten Häuser bestanden aus rotbraunen Steinen. Die an den Mauern hochrankenden Efeupflanzen hatten ihre Blätter verloren. Allein die Stiele sahen aus wie abgebrannte Schlangenkörper. Mandra hatte am Telefon von einem Hausgeviert gesprochen, das auf einem kleinen Platz zwischen zwei Straßen lag.
Suko suchte es und wäre fast daran vorbeigefahren, denn eine Mauer verdeckte die Sicht.
Mehrere Kinder spielten dort Ball. Sie ahnten nicht, was in einem der Häuser vorging. In Sichtweite der Kinder stellte Suko seinen Leihwagen ab und näherte sich zu Fuß seinem Ziel. Auch jetzt gab er schon sehr genau acht. Seine Blicke waren überall, denn er mußte stets mit einem Angriff aus dem Hinterhalt rechnen.
Den Tongs war nicht zu trauen.
Die Stimmen der spielenden Kinder waren weit hinter ihm zurückgeblieben. Die winterliche Stille einer relativ einsamen Gegend umfing ihn, und Suko fand auch das von Mandra beschriebene Haus. Es war eine alte Villa, die eine Breitseite des Gevierts bildete. Dicht an den Mauern wuchsen Büsche, in die sich der Chinese schlug. Die zurückschnellenden Zweige wirkten wie glatte Peitschen, als sie gegen seinen Körper hieben.
Der Chinese kam, so hoffte er, ungesehen bis zum Haus vor und verharrte dort.
Er hatte sich mehr zur Rückseite hin orientiert. Wenn er das Haus betrat, wollte er nicht unbedingt gesehen werden, und er wunderte sich darüber, daß an der hinteren Front ein Fenster nicht geschlossen war. Glück?
Suko war mißtrauisch. Dieses offenstehende Fenster roch förmlich nach einer Falle, die der Chinese allerdings als eine Einladung auffaßte und die äußere Kante der Fensterbank umklammerte, damit er sich dort bei seiner Kletterei abstützen konnte.
Geschmeidig kam Suko hoch und drehte sich in den Raum hinein, wo das graue
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