Terror: Thriller (German Edition)
Beifahrertür des vorderen Wagens wurde geöffnet. Ein Carabiniere sprang heraus. Und plötzlich wusste Fabrizio, dass der Ellbogenschoner, den er auf der Straße nach Lenzari gefunden hatte, nichts mit Inlineskating zu tun hatte. Er gehörte zur dunkelblauen Kampfmontur der Spezialkräfte, die keine hundert Meter von ihm entfernt in Stellung gingen.
Albenga, Donnerstag, 3. Juni 2010, 13:48 Uhr
Er setzte den Blinker und fuhr von der A10 ab. Die Mautgebühr von 8,20 Euro zahlte er in bar. Er hatte sich vorgenommen, keine Kreditkarten mehr zu benutzen. Bloß keine Spuren hinterlassen. Wenn die Karten nicht sowieso schon gesperrt waren. Er streckte den Kopf aus dem Fenster. Der Fahrtwind tat gut. Er fuhr in den Kreisverkehr und auf der Via Aurelia weiter in Richtung Alassio. Marc war seit sechzehn Stunden unterwegs, hatte nur zum Tanken angehalten und dabei hin und wieder einen Kaffee oder ein Sandwich zu sich genommen. In der Nacht waren ihm die Tankstellen wie große Raumschiffe vorgekommen. Aus der Ferne hatten sie etwas Tröstliches. Sie waren Inseln in der Dunkelheit. Doch sobald er anhielt, packte ihn die Angst. Immer hatte er das Gefühl, die wenigen Menschen, die um diese Zeit unterwegs waren, warteten nur auf ihn. Sie würden aus dem Schatten treten und sich auf ihn stürzen, sobald er sich ihnen näherte. Und überall Videokameras.
Im Handschuhfach des BMW s hatte er ein Basecap gefunden und sich angewöhnt, es aufzusetzen und den Schirm tief ins Gesicht zu ziehen, bevor er aus dem Wagen stieg. Der Umweg über Frankreich hatte ihn mindestens fünf Stunden gekostet, aber er hatte Angst gehabt vor den Schweizer Grenzübergängen. Da wurde immer noch genauer nachgesehen. Er war also über Nürnberg, Karlsruhe und Straßburg nach Lyon gefahren und von dort aus über die Rhonetal-Autobahn ans Mittelmeer.
Und jetzt konnte er nicht mehr.
Der Himmel war bedeckt. Das Thermometer zeigte eine Außentemperatur von 16°C an. Um 14:03 Uhr passierte er das Ortseingangsschild von Alassio. Er konzentrierte sich auf den Verkehr. Die Ampel an der Kreuzung vor dem Bahnhof war rot, sodass er anhalten musste. Er scannte den Bahnhofsvorplatz: Es herrschte eine träge Ruhe. Siesta-Zeit. Ein paar Taxifahrer, die sich vor der Bar im linken Teil des Gebäudes versammelt hatten. Eine elegant gekleidete Dame um die fünfzig stieg aus einem Taxi. Ein Vater zerrte seinen brüllenden Sohn hinter sich her. Nichts, was ihm irgendwie verdächtig vorkam. Hinter ihm wurde gehupt. Er schaute nach oben. Es war grün. Er gab Gas, setzte den Blinker und bog nach rechts ab. Die Straße führte an der Längsseite des Bahnhofs entlang unter den Gleisen hindurch. Auf der anderen Seite bog Marc nach rechts ab. Die Straße führte nun steil den Berg hinauf. Hinter der ersten scharfen Kurve fand er einen Parkplatz. Er schaltete den Motor aus und ließ sich in den Sitz zurücksinken. Erschöpft schloss er die Augen. In zwei Stunden erst würden Conny und Anna hier sein. Am liebsten hätte er den Sitz nach hinten gestellt und geschlafen. Aber das kam nicht infrage. Er setzte das Basecap auf und stieg aus. Er schloss den Wagen ab und ging durch die Unterführung hindurch zurück zum Bahnhof. Er sah sich jeden genau an, der sich in der Nähe des Bahnhofs aufhielt, Taxifahrer, Reisende. Er ging an den parkenden Autos vorbei und spähte durch die Scheiben ins Innere. Aber er konnte nirgendwo etwas Verdächtiges entdecken. Man schien ihn nicht zu erwarten. Gut.
Er ging in die Bar und bestellte einen Espresso. Am Zeitschriftenladen in der Bahnhofshalle kaufte er sich eine Repubblica und setzte sich damit auf eine Bank auf der anderen Seite der Hauptstraße. Von hier aus hatte er den Bahnhofsvorplatz gut im Blick. Er sah die ganze Zeitung durch, ohne irgendetwas von ihrem Inhalt mitzubekommen. Seine Gedanken kreisten immer und immer wieder nur um das eine Bild: den in seinem Blut liegenden Hans Kersting.
Um 16:30 Uhr bog Conny von der Hauptstraße auf den Bahnhofsvorplatz ein. Vor ihr parkte eben ein weißer Fiat Punto aus, sodass sie den Wagen auf dem frei gewordenen Parkplatz abstellen konnte. Marc beobachtete gespannt, wie sich die Türen öffneten und Conny und Anna ausstiegen. Sie wirkten fröhlich und ausgelassen. Sie wussten noch von nichts. Anna schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie nur die Puppe oder auch noch den Eisbären mitnehmen sollte, was zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter führte. Das
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