Terror: Thriller (German Edition)
Hand mit der Waffe baumelte schlaff an seiner Seite. Er hatte Tränen in den Augen.
»Verdammter Idiot«, sagte er, »du hättest ihn retten müssen.«
Schau nicht zu dem toten Jungen. Nicht hinschauen!
»Du willst, dass ich dich umbringe«, sagte Fabrizio, »das wolltest du die ganze Zeit.«
SCHAU NICHT HIN!
»Was muss ich denn noch tun?« Cesare sah Fabrizio betrübt an.
Es war Hass, was in Fabrizio hochstieg, blanker Hass. Aber seine Stimme klang ruhig, als er auf Cesare einredete:
»Du glaubst, deine persönliche Tragödie hat die Ordnung der Dinge auf den Kopf gestellt, aber das stimmt nicht. Gut ist gut und Böse ist immer noch böse. Das hat sich auch nach Valerias Tod nicht geändert.«
Cesare sah Fabrizio müde an.
»Was muss ich noch tun, dass du endlich abdrückst?«
»Du musst mir sagen, was hier passiert ist.«
»Dazu bleibt keine Zeit, Fabrizio.«
Er tippte sich mit dem Finger auf die Brust.
»Du weißt, dass sie jedes Wort mithören. Sie werden nicht wollen, dass ich sie verrate. Wahrscheinlich sind sie schon unterwegs hierher. Sie sind unglaublich schnell. Wie der Wind so schnell.«
»Wer sind sie?«
»Sie werden dich töten, Fabrizio. Du wirst ihnen nicht entkommen.«
»Sag mir, wer sie sind!«
»Spezialisten.«
»Mit welchem Auftrag?«
»Der Bevölkerung zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.«
»Militär? Polizei? Wer befehligt sie?«
»Sie tauchen in jeder beliebigen Uniform auf. Sie wechseln ihre Gestalt und ihr Äußeres, wie sie wollen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, Fabrizio: Dir werden sie als Kollegen gegenübertreten. Sie werden Carabinieri-Uniformen tragen.«
Aus dem Wald, von Gazzo kommend, drangen Motorengeräusche zu ihnen.
»Das sind sie«, sagte Cesare, »mach schnell, Fabrizio.«
»Gehörst du zu ihnen?«
Cesare sah Fabrizio in die Augen – und richtete die Waffe auf ihn.
»Mach schnell.«
Fabrizio drückte ab.
Berlin, Mittwoch, 2. Juni 2010, 20:46 Uhr
Er rannte. Nach etwa vierhundert Metern war die Beerenstraße zu Ende. Er blieb stehen und drehte sich um. Sein Herz raste. In einiger Entfernung zuckten Blaulichter durch die Dämmerung. Die Polizei war unglaublich schnell da gewesen. Wie war das möglich?
Du hast keine Zeit zum Nachdenken. Du musst hier weg.
Er warf einen Blick auf das Straßenschild. Busseallee. Das sagte ihm nichts. Er kannte sich hier nicht aus. Von links näherte sich ein Mann, der einen Yorkshire-Terrier an der Leine führte. Rechts schien die Busseallee durch ein Waldstück zu führen. Er wandte sich nach rechts und begann wieder zu rennen. In den Wald hinein.
Was machst du jetzt?
Vor ein paar Monaten noch hätte er sich jetzt der Polizei gestellt, hätte versucht, seine Lage zu erklären, auch wenn sie noch so verworren war. Er hätte vollstes Vertrauen gehabt in die Institutionen dieses Staates. Er hätte darauf vertraut, dass man ihm helfen würde. Dieses Vertrauen war weg. Das war das Schlimmste.
Ein Trupp Radfahrer in voller Montur überholte ihn.
Er griff in die Innentasche seiner Jacke. Seine Papiere waren da. Gut. Er hatte um die fünfzig Euro in der linken und seinen Hausschlüssel in der rechten Hosentasche. Und er hatte das Handy. Erst jetzt realisierte er, dass er es noch immer in der rechten Hand hielt. Fest umklammert. Es war das Wichtigste, was er hatte. Mit der Kamera seines Handys hatte er den Mord an Hans Kersting gefilmt. Es war der Beweis, dass er unschuldig war. Für einen Moment war er versucht anzuhalten und sich die Aufnahme anzusehen. Doch plötzlich zuckten Lichter durch den Wald. Blaulichter. Sie kamen geräuschlos auf ihn zu, waren noch etwa hundert Meter entfernt.
Weg von der Straße!
Marc rannte nach rechts ins Unterholz, etwa zwanzig Meter, und ließ sich hinter einem Baum zu Boden fallen. Er lag auf dem Bauch und presste seinen Körper auf den Waldboden. Die Blaulichter schwappten wie Wellen über ihn hinweg. Es waren zwei Streifenwagen. Als sie verschwunden waren, rappelte er sich auf und hastete zurück zur Straße. Er hatte weiche Knie. Trotzdem rannte er weiter. Er musste hier weg. Er musste raus aus Berlin. Er musste zu Conny und Anna. Aber natürlich würde er seinen gebuchten Flug nicht wahrnehmen können. Wenn sie nicht heute Nacht schon in der Schliemannstraße auf ihn warteten, dann auf jeden Fall morgen am Flughafen. Nach Hause konnte er nicht. Mit Klaus Kontakt aufzunehmen war ebenfalls zu gefährlich. Er erreichte eine vierspurige Straße. Er blieb stehen und
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