Terror: Thriller (German Edition)
weg!«
Fabrizio schien sich zu fangen. Er steckte die Waffe weg, eilte zum Schrank und riss ihn auf.
»Was suchen Sie?«, fragte Carla.
»Den Computer. Ich hatte ihn hier versteckt.« Er durchwühlte hektisch das Fach. Aber der Computer war weg. Sie hatten ihn bereits gefunden.
In dem Moment fuhr der erste Mannschaftswagen auf den Kirchplatz.
»Schnell! Raus hier!« Carla zerrte Anna hinter sich her. Fabrizio folgte ihnen.
Als sie aus dem Haus stürmten, hörten sie, wie Wagentüren aufgerissen wurden.
»Hier entlang.« Fabrizio dirigierte Carla und Anna um das Haus herum zur Straße, die talwärts führte. Als sie die Straße erreicht hatten, hörten sie hinter sich Schritte und Kommandos. Sie rannten in den Nebel. Hinter der Kurve waren sie von oben nicht mehr zu sehen.
Ein paar Minuten später hatten sie unbemerkt den Schuppen erreicht. Fabrizio löste die Handbremse des Alfas. Sie mussten nicht schieben, der Hang war steil genug. Der Wagen rollte von selbst. Sie sprangen ins Auto, Carla und Anna auf die Rückbank. Fabrizio hinter das Steuer. Carla legte den Arm um Annas Schulter, und Fabrizio steuerte sie durch den Nebel. Geräuschlos glitten sie den Berg hinunter.
Narbonne, Samstag, 5. Juni 2010, 5:30 Uhr
Der Morgen dämmerte über dem Meer. Die Scheinwerfer erfassten das Schild: Narbonne 10 km. Fabrizio war die ganze Nacht durchgefahren, ohne klares Ziel. Ein Blick auf die Treibstoffanzeige sagte ihm, dass er tanken musste.
Ihre Flucht war entgegen allen Erwartungen reibungslos verlaufen. Auf der Strecke nach Vessalico war ihnen niemand entgegengekommen. Bei Gian-Luca im Restaurant war noch Licht gewesen, und der hatte sie wie selbstverständlich nach Pieve gefahren. Dort waren sie in Cesares Privatwagen umgestiegen. Vor der Grenze hatten sie alle Angst gehabt, aber nirgendwo waren Polizisten zu sehen gewesen. In Frankreich hatten sie sich etwas sicherer gefühlt. Kurz hinter Nizza war Anna eingeschlafen. Carla hatte sich dann nach vorne auf den Beifahrersitz gesetzt, und sie hatten endlich die Gelegenheit gehabt, sich auszutauschen. Jeder hatte dem anderen erzählt, was er an diesem furchtbaren Tag erlebt hatte. Endlich verstand Fabrizio Carlas Reaktion. Und er war ihr dankbar.
Ohne sie wäre er jetzt tot gewesen.
Eine Art natürlicher Trägheit hatte ihn übermannt, als er vor dem Maggiore stand. Er wollte nicht mehr kämpfen. Er wollte, dass alles gut würde. Er hätte nicht auf ihn geschossen. Bestimmt nicht. Und das wäre fatal gewesen, denn Carla hatte recht gehabt: Der Maggiore gehörte zu den Mördern. Er war nicht nach Lenzari gekommen, um ihm und Cesare zu helfen, wie er behauptet hatte, sondern um Anna einzufangen, eine Zeugin des Massakers. Und wegen des Handys.
Es war gespenstisch gewesen. Gleich hinter der Grenze hatte Anna ohne besonderen Anlass zu erzählen begonnen. Wie ihr Vater ihr das Handy gegeben und sie angeschrien hatte, wie sie losgerannt war und sich im Garten des Nachbarhauses hinter einem Oleander versteckt hatte. Von dort aus hatte sie beobachtet, wie sie Mario abschlachteten. So viel Blut. Und sie hatte die Todesschreie der anderen Opfer gehört, die irgendwann von den plötzlich einsetzenden Glocken übertönt worden waren. Sie hatte beobachtet, wie Enzo, der ihnen irgendwie entkommen sein musste, sich Marios Leiche auf den Rücken packte und damit in Richtung Wald verschwand. Sie war hinter dem Oleander sitzen geblieben, bis sie die Männer ohne Gesichter nicht mehr sehen konnte. Dann war sie losgerannt, wie ihr Vater es gesagt hatte, den Berg hinunter, durch mannshohe Dornenhecken hindurch. Sie hatte nicht mehr nach ihren Eltern geschaut. Sie wusste nicht, was mit ihnen passiert war. Deshalb hatte sie Carla später hinauf nach Lenzari geführt. Sie wollte zurück zum Haus. Sie wollte zu ihren Eltern. Aber ihre Eltern waren verschwunden.
Nachdem sie das erzählt hatte, war sie sehr bald eingeschlafen. Fabrizio und Carla hatten sich sofort das Handy vorgenommen und das Video schnell entdeckt. Carla hatte ihm übersetzt, was da gesprochen wurde. Ihm war die Bedeutung des Films sofort klar. Er konnte ihre Lebensversicherung, aber auch ihr Todesurteil sein. »Woher wusste der Maggiore eigentlich, dass Anna das Handy mit dem Video bei sich hatte?«, fragte Carla, nachdem sie sich die Aufzeichnung zum zweiten Mal angesehen hatten. Fabrizio stutzte – so weit hatte er bis jetzt noch nicht gedacht, aber es war tatsächlich eine entscheidende Frage. Nicht einmal Anna
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