Terror von Rechts
aus, um Macht zu demonstrieren.
Die rechtsextreme Bewegung hat sich ausdifferenziert, um den harten Kern haben sich Sympathisanten, Unterstützer und Basisaktivisten versammelt. Nach gängigen wissenschaftlichen Kriterien umfassen soziale Bewegungen vier Dimensionen: Sympathisanten, Unterstützer, Basisaktivisten und Bewegungseliten. Kulturelle Codes sind notwendig, um die Bewegung zusammenzuhalten, um sich im Alltag unauffällig zu erkennen zu geben und um eine gemeinsame Identität zu schaffen. Dafür sind die Bewegungseliten beziehungsweise Bewegungsunternehmer zuständig; es handelt sich dabei um einflussreiche NPD-Kader oder parteiungebundene Neonazis. Diese Kader genießen Ansehen in der Bewegung, verfügen über eine extrem hohe Vernetzung, entwickeln Strategien, melden und leiten Demonstrationen, gründen Versandunternehmen, schreiben Reden, streiten kontrovers untereinander und sind fast immer männlich.
Die Bewegungseliten liefern den programmatischen Rahmen für die Bewegung, sie geben Strategien und Argumentationsmuster vor. Streitigkeiten innerhalb der Bewegungseliten werden bisweilen Gegenstand von Berichterstattung, beispielsweise wenn sich führende Neonazis gegen eine Erklärung der NPD-Spitze aussprechen. Die Bewegungseliten definieren sich zumeist als politische Soldaten, investieren äußerst viel Kraft, Zeit und Geld in ihre Aufgabe. Die Politik bestimmt ihr Leben. Sie fallen eher selten durch Gewalttaten auf, da dies aus ihrer Sicht kontraproduktiv wäre. Allerdings liefern sie der Bewegung das intellektuelle und kulturelle Rüstzeug, auch zur Rechtfertigung von Gewalt.
Die Basisaktivisten organisieren sich in den Parteien und anderen Organisationen, nehmen regelmäßig an Aufmärschen teil, verteilen Flugblätter, kandidieren bei Wahlen, übernehmen Hilfsfunktionen bei Veranstaltungen. Wer sich hier besonders hervortut, kann in den Kreis der Bewegungseliten aufsteigen. Auch die Basisaktivisten stecken oft viel Geld und Zeit in die Bewegung, suchen hier nach Anerkennung und Gemeinschaft. Häufig übernehmen Frauen Aufgaben in diesem Bereich, beispielsweise das Verteilen von Flyern, das Kassieren bei Konzerten oder Erste Hilfe bei Demonstrationen. Basisaktivisten geraten bei Demonstrationen oder anderen Aktionen oft mit der Polizei oder Gegendemonstranten aneinander.
Das Fußvolk und die Unterstützer sind eher auf den Konsum der rechtsextremen Angebote aus. Sie besuchen Konzerte, gehen gelegentlich auf eine Demonstration, sind eher subkulturell geprägt und zumeist nicht strikt politisiert. Sie unterstützen zwar die Ziele der Bewegung – die Schaffung einer Volksgemeinschaft durch Ausweisung oder Vernichtung aller Feinde, die im Sinne der Völkischen keine Deutschen sind –, engagieren sich aber nicht aktiv in den Organisationen und Parteien. Die Grenzen zu den Basisaktivisten sowie den Sympathisanten sind fließend. Hier dürften die meisten Straftäter zu finden sein, oft gibt es Überschneidungen mit kleinkriminellen Milieus. Spontane Gewalttaten werden zumeist von diesen Mitläufern verübt – möglicherweise auch, um sich Anerkennung in der Bewegung zu verschaffen.
Die Sympathisanten schließlich sind beispielsweise Wähler, die der NPD ihre Stimme geben, oder auch billigendes Publikum wie der sogenannte bürgerliche Mob. Sie gehen fast nie auf Demonstrationen und sind nicht aktiv in Parteien engagiert. Hier handelt es sich oft um die oft zitierten Protestwähler, die auch rechtsextreme Einstellungen haben, aber kein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Sie sehen sich selbst auch nicht als Rechtsextremisten.
Parteien stellen zwar bürokratisch strukturierte Organisationen dar, gleichwohl können deren Angehörige Teil einer sozialen Bewegung sein. In diesem Fall sehen sich Parteimitglieder nicht zuallererst als Parteifunktionäre, sondern nutzen die Organisation für ihre Aktionen und Ziele. Ein typisches Beispiel für ein NPD-Mitglied, das sich aber offenkundig dem aktionistischen Teil der Bewegung verbunden fühlt, ist Christian Hehl. Lange als »dümmster Nazi Deutschlands« verspottet, baute »Hehli« in und um Mannheim im Umfeld des Fußballvereins SV Waldhof Mannheim und eines Geschäfts, das Neonazi-Artikel verkauft, neonazistische Strukturen auf. Auch Hehl schloss sich der NPD an und kandidierte bei mehreren Wahlen, nachdem er schon einige Jahre in der neonazistischen Szene engagiert war. Doch sein Engagement war offenbar rein strategischer Natur. Im August 2008 schrieb
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