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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Francis.«
    Ich würde Lord Stanley seine Eier in einem Kuchen, gebacken aus seiner eigenen Scheiße, zu fressen geben. Crozier blieb stumm und nickte nur zum Zeichen, dass er über ihre Wortwahl hinwegsah.
    Als Sophia den Faden wieder aufnahm, zitterte ihre Stimme, aber nicht aus Schwäche, sondern vor Zorn, da war sich Crozier sicher. »Dann, als Onkel John und Tante Jane schon glaubten, schlimmer kann es nicht mehr kommen, hat Montagu seinen befreundeten Plantagenbesitzern ein dreihundertseitiges Konvolut mit allen privaten Briefen, Dokumenten des Government House und offiziellen Depeschen geschickt, mit denen er den Gouverneur bei Lord Stanley angeschwärzt hatte. Das Konvolut
liegt hier in der Hauptstadt in der Central Colonial Bank, und Onkel John weiß, dass zwei Drittel der alteingesessenen Familien und führenden Geschäftsleute in diese Bank gepilgert sind, um zu lesen, was darin steht. In diesen Papieren bezeichnet Montagu den Gouverneur als ›hoffnungslosen Kretin‹, und nach allem, was wir hören, ist dies noch der höflichste Ausdruck in diesem grässlichen Dokument.«
    »Sir Johns Position hier scheint unhaltbar«, bemerkte Crozier.
    »Manchmal fürchte ich um seine geistige Gesundheit, wenn auch nicht um sein Leben«, pflichtete ihm Sophia bei. »Gouverneur Sir John Franklin ist ein sensibler Mann.«
    Er könnte schließlich nicht einmal einer Fliege was zuleide tun. »Wird er zurücktreten?«
    »Man wird ihn abberufen. Die ganze Kolonie weiß es bereits. Deswegen ist Tante Jane so außer sich … ich habe sie noch nie in einem solchen Zustand gesehen. Onkel John erwartet die offizielle Benachrichtigung über seine Abberufung noch vor Ende August, wenn nicht schon früher.«
    Mit einem Seufzer stieß Crozier seinen Spazierstock durch eine Furche im Kies des Gartenwegs. Da hatte er sich zwei Jahre lang im südlichen Eis auf diese Wiederbegegnung mit Sophia Cracroft gefreut, und nun drohten diese läppischen politischen Streitigkeiten um den Gouverneur seinen Besuch zu überschatten. Er unterdrückte einen weiteren Seufzer. Er war sechsundvierzig Jahre alt und benahm sich wie ein Narr.
    »Haben Sie vielleicht Lust, morgen mit mir den Schnabeltierweiher zu besichtigen?«, fragte Sophia unvermittelt.
    Crozier schenkte sich wieder ein Glas Whiskey ein. Von oben erklang das Kreischen einer Todesfee, doch es war nur der Wind im spärlichen Tauwerk. Dem Kapitän taten die wachhabenden Männer leid.
    Die Flasche war fast leer.
    Mit einem Mal stand für Crozier fest, dass sie die Transportfahrten
mit den Schlitten nach King-William-Land noch in diesem Winter wiederaufnehmen mussten – trotz der Dunkelheit, der Stürme und der ständigen Bedrohung durch das Wesen aus dem Eis. Er hatte keine andere Wahl. Die Erebus würde dem gewaltigen Druck nicht mehr lange standhalten. Wenn sie in den kommenden Monaten die Schiffe aufgeben mussten, genügte es nicht, gleich in ihrer Nähe ein Seelager aufzuschlagen. Unter gewöhnlichen Umständen wäre dies ein vernünftiges Vorgehen. Mehr als eine glücklose Polarexpedition hatte ihr Lager auf dem Eis aufgeschlagen und sich von der Strömung der Baffin-Bucht Hunderte Meilen hinaus bis auf die offene See tragen lassen. Aber das Eis hier wanderte nirgendwohin, und ein Lager auf dem gefrorenen Meer wäre gegen das Ungeheuer noch schlechter zu verteidigen als ein Lager im gefrorenen Geröll an der Küste der Halbinsel oder Insel, die fünfundzwanzig Meilen südöstlich im Dunkeln lag. Außerdem hatte er bereits über fünf Tonnen Ausrüstung dort.
    Vor der Rückkehr der Sonne musste auch der Rest hinübergeschafft werden.
    Nach einem weiteren Schluck beschloss Crozier, die nächste Schlittenfahrt selbst zu leiten. Für die Moral durchfrorener Seeleute gab es – außer vielleicht der nahenden Rettung und einer Extraration Rum – nichts Besseres als warme Mahlzeiten. Daher wollte er für die nächsten Transporte die Kochherde aus den vier großen Walbooten ausbauen. Der Patentherd auf der Terror und sein Gegenstück auf der Erebus waren zu wuchtig, um sie an Land zu schleppen. Außerdem sollte Mr. Diggle an seinem Herd noch bis zur letzten Minute Zwieback zubereiten, ehe Crozier den Befehl zum Verlassen des Schiffs gab. Also kamen nur die Bootsherde in Frage. Die vier Öfen waren aus Eisen und so schwer wie Satans Hufe, vor allem wenn auf den Schlitten zusätzlich anderes Gerät, Lebensmittel und Kleidung befördert wurde. Sobald sie dann an der Küste aufgestellt
waren,

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