Terror
sein unvorstellbar großes Maul aufgerissen und es in einem Stück verschlungen hat. Die einzigen genauso erschreckenden Geräusche sind vielleicht die Schreie der Opfer. Ich habe schon eine ganze Herde von Schafen blöken und plärren hören, als sie eins nach dem anderen von einem einzigen Teufel gefressen wurden. Nicht einen Huf hat er übrig gelassen.«
»Sie machen Witze.« Crozier starrte sie noch immer forschend an.
»Über den Teufel mache ich keine Witze, Francis.« Sie ritten durch ein dunkles Stück Wald.
»Fressen diese Teufel auch Schnabeltiere?« Croziers Frage war ernst gemeint, trotzdem war er froh, dass weder James Ross noch einer seiner Seeleute zugegen war, so lächerlich kam sie ihm vor.
»Ein tasmanischer Teufel frisst alles «, erwiderte Sophia. »Aber auch in diesem Fall ist Ihnen das Glück hold, Francis. Der Teufel jagt nur nachts, und wenn wir uns nicht ganz fürchterlich verirren, sollten wir den Schnabeltierweiher – samt seinem Namensgeber – gesehen und unser Picknick verspeist haben und zum Government House zurückgekehrt sein, bevor es dämmert.
Gott steh uns bei, wenn wir nach Einbruch der Dunkelheit noch hier draußen im Wald sind.«
»Sie fürchten sich vor dem Teufel?« Eigentlich hatte Crozier einen leichten und neckenden Ton anschlagen wollen, aber die Anspannung in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Sophia zügelte ihre Stute und wandte sich ihm mit einem wahrhaft betörenden Lächeln zu. Nicht sonderlich geschickt brachte auch Crozier seinen Wallach zum Stehen.
»Nein, mein Lieber«, hauchte die junge Frau, »ich fürchte mich nicht vor dem Teufel. Ich fürchte um meinen Ruf .«
Ehe Crozier eine passende Erwiderung eingefallen war, gab Sophia ihrem Pferd lachend die Sporen und galoppierte davon.
In der Flasche war nicht mehr genügend Whiskey für zwei Gläser. Crozier schenkte sich fast alles ein und hielt das Glas vor die flackernde Öllampe, die am inneren Schott hing. Er betrachtete das tanzende Licht in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Dann trank er das Glas langsam leer.
Das Schnabeltier ließ sich nicht blicken. Sophia versicherte ihm, dass es sich in diesem Weiher – einem kleinen Tümpel, der nicht breiter als fünfundzwanzig Faden war und ungefähr eine Viertelmeile von der Straße entfernt im dichten Wald lag – sonst fast immer zeigte und dass die Eingänge zum Bau hinter knorrigen Baumwurzeln am Ufer lagen. Aber Crozier bekam kein Schnabeltier zu Gesicht.
Nur die nackte Sophia Cracroft.
Am schattigeren Ende des Weihers hatten sie ein teures Tischtuch aus Baumwolle auf dem Gras ausgebreitet, auf dem der Picknickkorb, die Gläser, die Teller und sie selbst Platz fanden, und dann ein beschauliches Mahl genossen. Im Government House hatte Sophia die Diener angewiesen, zarten Rinderbraten in wasserdichte Tücher einzuschlagen und zusammen mit einem hier auf der Insel besonders kostspieligen Gebrauchsartikel zu verpacken, der dort, wo Crozier gerade herkam, der allerbilligste war –
Eis –, damit das Fleisch in der Hitze nicht verdarb. Es gab Röstkartoffeln und kleine Schüsseln mit schmackhaftem Salat. Außerdem hatte Sophia auch eine gute Flasche Burgunder und zwei Kristallgläser aus Sir Johns wappengeschmückter Sammlung mitgenommen, und sie trank mehr als der Commander.
Nach dem Essen lagen sie nur eine Fußlänge voneinander getrennt zurückgelehnt da und redeten eine Stunde über dies und das, während ihr Blick auf der dunklen Oberfläche des Tümpels ruhte.
»Warten wir auf das Erscheinen des Schnabeltiers, Miss Cracroft?« Crozier stellte seine Frage, als in ihrer Unterhaltung über die Gefahren und Reize von Polarreisen eine kleine Pause eintrat.
»Ich glaube, wenn es Lust darauf gehabt hätte, hätte es sich schon gezeigt. Nein, ich habe nur auf eine Gelegenheit gewartet, um mit Ihnen baden zu gehen.«
Crozier konnte sie nur fragend ansehen. Wenn er etwas gewiss nicht dabeihatte, dann war das passende Badekleidung. Er besaß nicht einmal passende Badekleidung. Es musste wieder einer ihrer Späße sein, aber sie redete immer mit solchem Ernst, dass er sich nie völlig sicher war. Doch genau diesen spitzbübischen Humor fand er so fesselnd an ihr.
Und sie setzte ihren ziemlich gewagten Scherz noch fort. Sie stand auf, streifte sich ein paar Blätter von der dunklen Gauchohose und blickte sich um. »Ich denke, ich ziehe mich hinter den Büschen aus und gehe an der grasigen Stelle dort drüben ins Wasser. Sie können sich
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