Terror
Eisgewirr, hinter einem letzten Pressrücken, über den er gerade stolpernd geklettert war und den in wenigen Sekunden auch das Wesen hinter ihm erreichen würde, befand sich nach seiner Erinnerung ein Labyrinth von ungefähr hausgroßen Trümmern, die sich von ihren größeren Brüdern, den Eisbergen, gelöst und zu einer kleinen Kette zusammengeballt hatten.
Als hätte es im selben Augenblick erkannt, wohin seine Beute strebte, knurrte das unsichtbare Wesen hinter ihm und verschärfte sein Tempo.
Zu spät. Nachdem er dem letzten Zinken ausgewichen war, gelangte Blanky in das Trümmerlabyrinth. Allerdings half ihm hier seine Erinnerung nicht mehr weiter, weil er die kleine Hügelkette nur aus der Ferne durch ein Sehrohr studiert hatte. In der Dunkelheit stieß er gegen eine Eiswand und fiel hintüber. Um Atem ringend, kroch er auf allen vieren weiter durch den Schnee. Als er wieder vernünftig denken konnte, war das Ungeheuer nur noch wenige Schritte entfernt.
Zwischen zwei fuhrwagengroßen Eisbergen klaffte ein knapp drei Fuß breiter Spalt. Immer noch auf Knien und Händen, die längst völlig taub waren und ihm so fremd schienen wie das schwarze Eis darunter, krabbelte Blanky in die Öffnung. Genau in diesem Moment erreichte auch das Ungeheuer die Lücke und schlug mit einer riesigen Pranke nach ihm.
Der Eislotse schob alle Vorstellungen von Katzen und Mäusen von sich, als unfassbar große Klauen keine zehn Zoll von seinen Stiefelsohlen entfernt Eissplitter aufwirbelten. Er stand auf, fiel hin, rappelte sich wieder hoch und taumelte weiter in die Finsternis.
Es hatte keinen Sinn. Der Eisweg war zu kurz, kaum acht Fuß lang, und mündete auf der anderen Seite wieder in eine offene Bresche. Von rechts hörte Blanky bereits, wie das Wesen knurrend den Eisblock umrundete. Hier konnte er nicht bleiben. Genauso gut hätte er sich auf ein offenes Kricketfeld stellen können. Selbst dieser Spalt, dessen Wände mehr aus Schnee als aus Eis bestanden, konnte ihm nur einen vorübergehenden Unterschlupf bieten, vielleicht ein, zwei Minuten Zeit verschaffen, bis das Ungeheuer die Öffnung vergrößert und sich zu ihm durchgegraben hatte.
Es war ein Ort zum Sterben.
Diese vom Wind geformten Eisbergstücke, die er durch sein Sehrohr betrachtet hatte … in welcher Richtung lagen sie? Links, seiner Erinnerung nach.
Er stolperte nach links, stieß sich von Zinken und Zacken ab, die ihm nicht weiterhalfen, stieg über einen Spalt, der zwei Fuß tief ins Eis führte, kletterte auf einen niedrigen, furchigen Kamm, rutschte ab, kletterte wieder hinauf. Plötzlich hörte er, wie das Ungeheuer um den Eisblock herumjagte und keine zehn Fuß hinter ihm schlitternd anhielt.
Unmittelbar hinter diesem Eisbrocken fingen die größeren Berge an. Der mit dem Loch, den er durch das Sehrohr erspäht hatte, musste irgendwo dort drüben sein …
… diese Formationen bewegen sich doch jeden Tag, jede Nacht …
… sie stürzen ein, wachsen und erstehen wieder, so wie sie vom Druck im Eis zusammengeschoben werden …
… hinter ihm krallte sich das Wesen den Hang hinauf zu der flachen Ebene, über die er gerade taumelte …
… eine Ebene, die nirgendwohin führte …
Schatten. Sprünge. Ritzen. Eiswege ohne Ausgang. Nichts davon groß genug, um hineinzuschlüpfen … Halt!
Die dichte Wolkendecke riss ein wenig auf, und im Licht der Sterne konnte Blanky ein, zwei Sekunden lang auf seiner rechten Seite einen unregelmäßigen Kreis erkennen. In der dunklen Wand eines kleinen umgestürzten Hügels befand sich in ungefähr vier Fuß Höhe ein einsames Loch.
Er stürzte darauf zu und sprang kopfüber hinein, ohne zu wissen, ob der Eisschacht zehn Faden oder nur zehn Zoll tief war. Er passte nicht hinein.
Die Kaltwetterplünnen und sein Überrock machten ihn zu sperrig.
Blanky zerrte an seinen Plünnen. Das Ungeheuer hatte den Hang erklommen und richtete sich hinter ihm auf die Hinterbeine
auf. Der Eislotse konnte es zwar nicht sehen, weil er keine Zeit hatte, um nach hinten zu schauen, aber er spürte , wie es sich aufrichtete.
So schnell er konnte, streifte Blanky den Überzieher und weitere äußere Wollschichten ab und schleuderte sie nach hinten auf das Wesen, ohne sich umzusehen.
Er hörte ein überraschtes Grunzen, dem ein stinkender Schwefelhauch folgte, dann ein Reißen und Zerren, als Blankys Kleider zerfetzt und weit hinaus ins Eisgewirr geschleudert wurden. Aber er hatte fünf Sekunden gewonnen.
Wieder stürzte
Weitere Kostenlose Bücher