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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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einer
weiteren Marineexpedition, die im kommenden Sommer zur Baffin-Bucht aufbricht, um nach dem verschollenen Franklin zu suchen. Möglicherweise wird sogar ein dritter Navy-Verband ausgesandt und sich in der Nähe der Beringstraße mit den anderen Rettungsschiffen treffen, nachdem er Kap Horn umsegelt und in der westlichen Arktis nach der Erebus und Terror geforscht hat, eine Gegend, die tausend Meilen und mehr von ihrer jetzigen Position entfernt ist. Diese gewichtigen Unternehmungen werden bis über das Jahr 1849 hinaus andauern.
    Dabei ist jetzt erst die zweite Woche des Jahres 1848 angebrochen. Crozier weiß nicht einmal, ob seine Leute noch den Sommer erleben werden.
    Wird die Royal Navy auch einen Überlandtrupp von Kanada den Mackenzie-Fluss herauf zur arktischen Küste und dann östlich nach Wollaston-Land und Victoria-Land schicken, um herauszufinden, ob die Schiffe der Franklin-Expedition irgendwo entlang der trügerischen Nordwestpassage gestrandet sind? Ja, das wird sie, Crozier ist sich völlig sicher. Aber die Chance, dass sie fünfundzwanzig Meilen nordwestlich der King-William-Insel von einer solchen Überlandexpedition entdeckt werden, sind gleich null. Solch ein Trupp wird nicht einmal wissen, dass die King-William-Insel eine Insel ist.
    Wird der Erste Lord der Admiralität im Unterhaus eine Belohnung für die Errettung Sir Johns und seiner Mannschaft aussetzen? Crozier hält das für wahrscheinlich. Und wie viel? Tausend Pfund? Fünftausend Pfund? Zehntausend? Crozier schließt die Augen und erkennt wie auf einem vor ihm hängenden Pergament den Betrag von zwanzigtausend Pfund, der jedem angeboten wird, der »zweckdienliche Hilfe zur Errettung Sir Johns und seiner Besatzung« leistet.
    Wieder muss Crozier lachen und sich übergeben. Die Kälte, der Schmerz und die offenkundige Absurdität der Bilder in seinem Kopf lassen ihn erzittern wie Espenlaub. Überall um ihn
herum stöhnt das vom Eis bedrängte Schiff. Der Kapitän kann das Ächzen des Schiffes nicht mehr von seinem eigenen unterscheiden.
    Vor ihm erscheinen acht Schiffe – sechs britische und zwei amerikanische –, zusammengedrängt in einem Umkreis von wenigen Meilen auf gefrorenen Ankerplätzen, die für Crozier nach der Gegend um die Devon-Insel oder vielleicht die Cornwallis-Insel aussehen. Es ist offenbar ein arktischer Spätsommertag, vielleicht Ende August, nur noch wenige Tage bis zu einem plötzlichen Frosteinbruch, der sie alle einschließen kann. Crozier hat den Eindruck, dass diese Szene zwei oder drei Jahre nach seiner schrecklichen Realität des Jahres 1848 spielt. Weshalb sich acht Rettungsschiffe so an einem Ort zusammenballen sollen, statt über Tausende von arktischen Quadratmeilen auszuschwärmen, um nach Spuren von Franklins Expedition zu suchen, ist Crozier völlig unbegreiflich. Es kann sich nur um Wahnbilder seiner kranken Phantasie handeln.
    Die Bandbreite reicht von einem kleinen Schoner und einem Schiff in Jachtgröße, das für das Fahren im Eis viel zu schmächtig ist, über zwei fremdartige amerikanische Schiffe – das eine hundertvierundvierzig, das andere einundachtzig Tonnen schwer –, bis hin zu einem merkwürdigen englischen Lotsenschoner, der behelfsmäßig für die Arktisseefahrt umgerüstet wurde. Auch stattliche britische Navy-Schiffe und Schraubendampfer sind dabei. Vor dem Auge seines gepeinigten Geistes erscheinen die Namen der Schiffe: Advance und Rescue unter amerikanischer Flagge, Prince Albert , der ehemalige Lotsenschoner, und Lady Franklin an der Spitze der britischen Staffel. Zwei Schiffe bringt Crozier unwillkürlich mit dem alten John Ross in Verbindung: den kleinen Schoner Felix und die völlig untaugliche Jacht Mary. Zuletzt noch zwei Segler der Royal Navy, Assistance und Intrepid.
    Als würde er sie aus den Augen einer hoch fliegenden Seeschwalbe betrachten, kann Crozier erkennen, dass sich diese acht
Schiffe in einem Umkreis von vierzig Meilen zusammendrängen  – vier der kleineren britischen Seefahrzeuge vor der Griffith-Insel, die zwei anderen englischen Schiffe in der Bucht an der Südspitze der Cornwallis-Insel und die zwei Amerikaner weiter nördlich auf der Ostseite dieser Insel, nur durch den Wellington-Kanal von Sir Johns erstem Winterliegeplatz vor der Beechey-Insel getrennt. Alle sind mindestens zweihundertfünfzig Meilen von der Stelle im Südwesten entfernt, wo die Erebus und die Terror im Eis festsitzen.
    Kurz darauf lichtet sich ein Schleier, und Crozier sieht

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