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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Goodsir:
     
     
    Den 11. April 1845
    In einem Briefe an meinen Bruder schrieb ich heute: »Sämmtliche Officiere sind voller Zuversicht, die Nordwest-Durchfahrt glücklich zu vollenden, und hoffen, schon zum Ende des nächsten Sommers im Pacifischen Oceane zu seyn.«
    Mich selbst anlangend, muß ich gestehen, ich gebe mich der, freilich nicht ganz uneigennützigen, Hoffnung hin, daß es etwas länger dauern möge, bis wir Alaska, Rußland, China und die warmen Gewässer des Pacifischen Oceans erreichen. Obzwar als Anatom ausgebildet und von Capitain Sir John Franklin lediglich als Hülfsarzt in Dienst gestellt, bin ich doch in Wahrheit nicht nur ein Wundarzt, sondern ein Doctor, der – auch das gestehe ich freimüthig ein – sich mit seinen schwachen Kräften vorgesetzt hat, auf dieser Reise zum Naturforscher zu werden. Auch wenn ich über keine unmittelbaren Erfahrungen in Ansehung der arctischen Flora und Fauna verfüge, plane ich, schon bald Bekanntschaft zu schließen mit den Lebensformen jener eisigen Gefilde, zu denen wir binnen Monathsfrist
aufbrechen werden. Vorzüglich interessirt mich hierbei der Weiße Bär, wenngleich die meisten Berichte über denselben, welche von Walfängern und alten Polarforschern erstattet werden, ob ihrer Wunderlichkeit jedes Maaß an Glaubwürdigkeit übersteigen.
    Ich bin mir durchaus bewußt, wie äußerst ungewöhnlich dieses private Tagebuch ist. Davon unterschieden, sollen alle zur Sache gehörigen Bemerkungen über die Geschehnisse, welche mir an Bord der HMS Erebus in meiner Eigenschaft als Hülfsarzt und als Theilnehmer an Capitain Sir John Franklins Expedition zur Erzwingung der nordwestlichen Durchfahrt begegnen, in das officielle Logbuch Eingang finden, welches ich zu beginnen gedenke, sobald wir nächsten Monath in See stechen. Aber ich bin durchdrungen von der Überzeugung, daß auch eine gänzlich andere Chronik von persönlichem Character Noth thut. Gesetzt den Fall selbst, daß ich sie nach meiner Heimkehr nie einer Menschenseele zeigen werde, so verstehe ich es doch als meine Pflicht gegen mich selbst, diese Aufzeichnungen zu führen.
    Nur eines glaube ich zu diesem Zeitpuncte mit Sicherheit sagen zu können: die Expedition mit Capitain Sir John Franklin wird sich für mich als einzigartige Erfahrung erweisen.
     
     
    Sonntag, den 18. May 1845
    Alle Mann sind an Bord, und obgleich noch unausgesetzt letzte Zurüstungen für die morgige Abreise getroffen werden – insonderheit was die Verladung der, wie mir Capitain Fitzjames versichert, über achttausend Büchsen Victualien anlangt, die gerade noch zur rechten Zeit eingetroffen sind –, hat Sir John am heutigen Tage für uns auf der Erebus sowie für alle Besatzungsmitglieder der Terror , die sich dazugesellen wollten, die Heilige Messe gelesen. Mir fiel auf, daß der Capitain der Terror , ein Ire namens Crozier, nicht anwesend war.
    Niemand hätte dem langen Gottesdienste beiwohnen und der überaus langen Predigt Sir Johns lauschen können, ohne tief gerührt zu seyn. Ich frage mich, ob je ein Marineschiff, gleich welcher Nation, von einem solch
religiösen Manne befehligt wurde. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß wir uns auf der kommenden Reise wahrhaft und unwiderruflich in Gottes Hand befinden.
     
     
    Den 19. May 1845
    Da ich noch niemals zur See gereist bin oder gar an einer solch rühmlichen Expedition Theil genommen habe, wurde ich von den Ereignissen bei unserem Aufbruch völlig überrascht. Nichts hätte mich auf den Glanz dieses Tages vorbereiten können.
    Nach Capitain Fitzjames’ Schätzung drängten sich über zehntausend Schaulustige und Honoratioren im Hafen von Greenhithe, um von uns Abschied zu nehmen.
    Reden erklangen, bis ich vermeinte, es sey ein Ding der Unmöglichkeit, unsere Abreise noch bei Tageslicht zu bewerkstelligen. Kapellen spielten. Lady Jane – die bis zuletzt bei Sir John verweilt hatte – schritt unter dem brausenden Hurra der über sechzig Mann auf der Erebus die Laufbrücke hinab. Und abermals spielten Kapellen. Dann setzte Jubel ein, als endlich die Leinen losgemacht wurden, und während einiger Minuten herrschte ein derart betäubender Lärm, daß ich keinen Befehl mehr vernommen hätte, selbst wenn ihn mir Sir John höchstselbst ins Ohr gerufen hätte.
    Gestern abend hatten Leutnant Gore und der Schiffsarzt Stanley die Güte, mir zu erklären, daß es beim Ablegen eines Schiffes für Officiere nicht schicklich sey, Gefühle zu verrathen, und so stand

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