Terror
Südpolexpedition zur Seite gestanden hatte, der Großtoppmann Farr, Dr. Goodsir, Leutnant Le Vesconte von der Erebus , der Unterleutnant Robert Thomas sowie eine Garde aus den drei Seesoldaten Hopcraft, Healey und Pilkington unter dem Kommando von Korporal Pearson.
Harry Peglar hoffte sich nicht zu schmeicheln mit der Ansicht, dass Kapitän Crozier, aus welchen Gründen auch immer, für diese Unternehmung nur Leute seines Vertrauens ausgesucht hatte. Die Unzufriedenen und Unfähigen waren im Lager geblieben. Der Querulant Hickey war einer Gruppe zugeteilt worden, die Leutnant Irvings Grab für die Bestattung am Nachmittag ausheben sollte.
Croziers Trupp war lange vor der Morgendämmerung aufgebrochen und folgte den Fußabdrücken und den Spuren des Eskimoschlittens, der die Leiche ins Lager gebracht hatte. Die Fährte verschwand zwar immer wieder auf den felsigen Hügelkämmen, aber unten in den Tälern war sie leicht wiederzufinden. In der Nacht war die Temperatur um mindestens vierzig Grad gestiegen, und dichter Nebel hatte sich ausgebreitet. Harry Peglar, der schon auf allen Weltmeeren gefahren war, fand keine Erklärung dafür, wie es so dunstig sein konnte, wo doch alles Wasser in einem Umkreis von vielen Hundert Meilen gefroren war. Vielleicht waren es lediglich niedrige Wolken, die knapp über dem Packeis dahinzogen und sich dann an dieser gottverlassenen Insel brachen, die an ihrem höchsten Punkt nur wenige Faden über den Meeresspiegel hinausragte. Der Sonnenaufgang drang bloß als undeutliches gelbes Schimmern durch die wirbelnden Nebelschwaden und schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen.
Schweigend hatten sich die dreizehn Männer um den Ort des Geschehens versammelt. Es gab kaum etwas zu sehen. Farr hob John Irvings Mütze auf, die der Wind auf einen Felsbrocken geweht hatte. An den gefrorenen Steinen klebte gefrorenes Blut, gleich daneben lag der Haufen Gedärme. Ansonsten nur noch einige Kleiderfetzen.
Schließlich ergriff Crozier das Wort. »Leutnant Hodgson, Mr. Farr, haben Sie hier oben irgendwelche Spuren von den Eskimos entdeckt, als Mr. Hickey Sie hierher geführt hat?«
Hodgson schien verwirrt von der Frage, also übernahm Farr die Antwort. »Nein, außer ihrem blutigen Werk nichts, Sir. Wir sind auf dem Bauch über den Hügelkamm gekrochen und haben mit Leutnant Hodgsons Glas ins Tal gespäht. Da waren sie und haben sich um Leutnant Irvings Sehrohr und die andere Beute gebalgt.«
»Soll das bedeuten, Sie haben wirklich beobachtet, wie sie miteinander gekämpft haben?«, zischte Crozier.
Peglar konnte sich nicht erinnern, seinen Kapitän – oder irgendeinen anderen Kapitän – schon einmal so müde gesehen zu haben. In den vergangenen Tagen und Wochen waren Croziers Augen förmlich in den Höhlen versunken. Und seine sonst so befehlsgewohnte Stimme war nur noch ein schwaches Krächzen. Es hatte den Anschein, als könnte ihm jederzeit das Blut aus den Augen treten.
Seit einiger Zeit erfuhr Peglar am eigenen Leib, was Bluten hieß. Er hatte es seinem Freund John Bridgens noch nicht verraten, aber der Skorbut setzte ihm schwer zu. Seine früher so starken Muskeln schwanden. Seine Haut war übersät mit Blutergüssen. In den letzten zehn Tagen hatte er zwei Zähne verloren. Nach dem Zähneputzen war die Bürste immer rot. Und immer wenn er sich hinhockte, um sich zu erleichtern, schiss er Blut.
Farr schüttelte den Kopf. »Ob ich wirklich gesehen habe, dass die Eskimos untereinander gekämpft haben? Nein, eigentlich nicht, Sir. Aber sie haben gerangelt und gelacht. Und zwei von den Kerlen haben an Leutnant Irvings schönem Messingfernrohr gezogen.«
Crozier nickte. »Gehen wir hinunter ins Tal, meine Herren.«
Peglar, der noch nie Zeuge einer Schlacht gewesen war, war entsetzt über das viele Blut. Selbst kleine Scharmützel wie dieses waren ihm fremd. Er hatte sich zwar auf den Anblick der Toten vorbereitet, aber er hatte sich nicht vorstellen können, wie rot das vergossene Blut auf dem Schnee leuchten würde.
»Hier war jemand«, bemerkte Hodgson.
»Was soll das heißen?«, fragte Crozier.
»Ein paar von den Leichen wurden bewegt.« Der junge Leutnant deutete nacheinander auf zwei Männer und eine alte Frau. »Und ihre Jacken – diese Pelzanoraks, wie auch Lady Silence einen trägt – und sogar ein Teil der Fäustlinge und Stiefel sind verschwunden. Außerdem mehrere Waffen … Harpunen und Speere. Da sind noch die Abdrücke im Schnee, wo sie gestern gelegen
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