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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Erinnerungen und Fähigkeiten, die im Verborgenen schlummern, zu einem Jungen oder Mädchen aus der Familie des Verstorbenen. Das ist einer der Gründe, weshalb die Echten Menschen ihre Kinder niemals bestrafen, selbst wenn sie sich noch so ungebärdig und frech benehmen. Neben der Kinderseele wohnt in dem Kind auch die inua eines Erwachsenen – eines Vaters, Onkels, Großvaters, Urgroßvaters, einer Mutter, Tante, Großmutter oder Urgroßmutter mit all ihrer jägerischen, matriarchischen oder schamanischen Weisheit. Daher dürfen Kinder nicht gescholten werden.
    Die Robbe ergibt sich nicht jedem Jäger aus den Reihen der Echten Menschen. Der Jäger muss sie nicht nur durch seine List und Kunst für sich gewinnen, sondern auch durch seinen Mut und die Beschaffenheit seiner inua.
    Die inuat – die Seelen der Echten Menschen, Robben, Walrosse, Bären, Rentiere, Vögel, Wale – existierten als Geister schon vor der Erde, und die Erde ist sehr alt.
    Im ersten Zeitalter des Universums war die Erde eine schwebende Scheibe unter einem von vier Säulen getragenen Himmel. Unter der Erde war ein dunkler Ort, wo die Geister lebten (und wo die meisten von ihnen noch heute leben). Diese frühe Erde stand meistens unter Wasser, und es gab keine Menschen – weder Echte noch andere – auf ihr, bis Aakulujjuusi und Uumarnituq aus Erdhaufen krochen. Diese beiden wurden die ersten Echten Menschen.
    Damals gab es noch keine Sterne, keinen Mond und keine Sonne. Die zwei Menschen und ihre Nachkommen mussten in völliger Dunkelheit leben und jagen. Da die Echten Menschen in ihrem Verhalten noch nicht von Schamanen geleitet wurden, hatten sie fast keine Macht und konnten nur ganz kleine Tiere jagen wie Hasen, Schneehühner oder gelegentlich auch Raben. Sie verstanden sich nicht darauf, richtig zu leben, und ihre einzige
Besonderheit bestand darin, dass sie manchmal ein arnquaq trugen, ein Amulett aus einer Seemuschel.
    Schon in den frühesten Zeiten hatten sich zu den zwei Männern Frauen gesellt, die aus den Gletschern gekommen waren, so wie die Männer aus der Erde, aber sie waren unfruchtbar und wanderten immer nur an der Küste entlang, um auf der Suche nach Kindern aufs Meer hinauszublicken und im Boden zu graben.
    Das zweite Zeitalter des Universums begann nach einem langen, erbitterten Streit zwischen einem Falken und einem Raben. Nun erschienen die Jahreszeiten und danach auch Leben und Tod. In diesem neuen Zeitalter starb der Lebensgeist der Menschen mit ihrem Körper, und der inua-Geist zog weiter.
    Bald erlernten die Schamanen einige Geheimnisse der kosmischen Ordnung und konnten den Echten Menschen dabei helfen, zu einem richtigen Leben zu finden. Sie schufen Gesetze, die Inzest und Heiraten außerhalb des Stammes, aber auch Mord und andere Taten verboten, die gegen die Ordnung der Dinge verstoßen. Die Schamanen blickten zurück bis in die Zeit, bevor Aakulujjuusi und Uumarnituq aus der Erde gekrochen waren, und konnten den Echten Menschen von den Ursprüngen der großen Geister des Universums – der inuat – berichten. Da waren der Geist des Mondes, da war Naarjuk, der Geist allen Bewusstseins, und da war Sila, der Geist der Lüfte. Sila ist es, die die Kraft geschaffen hat und sie allen Dingen verleiht, und sie ist es auch, die ihrem Zorn mit Gewittern und Schneestürmen Ausdruck verleiht.
    In dieser Zeit geschah es auch, dass die Echten Menschen von Sedna erfuhren, die an anderen kalten Orten auch die Namen Uinigumasuittuq und Nuliajuk trägt. Die Schamanen erklärten, dass alle Menschen – die Echten Menschen, die weit im Süden lebenden Eingeborenen mit rötlicher Haut, die Gestaltwandler ijirait und auch die bleichen Menschen, die erst viel später
erschienen – geboren wurden, nachdem sich Sedna-Uinigumasuittuq-Nuliajuk mit einem Hund gepaart hatte. Aus diesem Grund dürfen Hunde einen Namen und eine Namensseele haben und sind sogar Teil der inua ihres Herrn.
    Die inua des Mondes, Aningat, verging sich an seiner Schwester Siqiniq, der inua der Sonne. Aningats Frau Ulilarnaq liebte es, ihre Opfer in Stücke zu reißen, ob Tier oder Mensch, und war so erbost über die Einmischung der Schamanen in die Welt der Geister, dass sie sie mit unkontrollierbarem Gelächter bestrafte. Bis auf den heutigen Tag kann es vorkommen, dass Schamanen von einem solchen Lachanfall erfasst werden und daran sterben.
    Für die Echten Menschen ist es eine große Freude, von den drei mächtigsten Geistern des Kosmos zu wissen:

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