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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wusste Goodsir, dass es sich um Planeten handelte. Wie auch immer – das Licht wollte nicht verschwinden.
    Und auch die Kälte nicht. Ohne Eigenbewegung war Goodsirs schmächtiger Körper hilflos der Kälte ausgesetzt, die durch die zu weite Öffnung des Schlafsacks hereindrang, die aus dem Eis durch das Wolfsfell und die dicken Decken kroch wie ein Raubtier mit Frostkrallen. Goodsir fing an zu zittern. Seine Zähne klapperten.
    Die vier schlafenden Männer um ihn herum – zwei weitere hielten Wache – schnarchten so laut, dass sich der Arzt allen Ernstes fragte, ob man dieses Sägen und Schnauben und Raspeln nicht vielleicht noch auf den beiden Schiffen hören konnte, die mehrere Meilen nordwestlich jenseits der zahllosen Pressrücken im Eis lagen.
    Goodsir schlotterte. Wenn das so weiterging, war er sich sicher, den nächsten Morgen nicht mehr zu erleben. Sie würden versuchen, ihn wachzurütteln, aber auf seinem Wolfsfell nur noch eine erfrorene, verkrümmte Leiche finden.
    Er rutschte so tief in seinen Schlafsack hinein, wie er nur konnte, und zog die eisgesäumte Öffnung fest über sich zusammen. Lieber atmete er seinen säuerlichen Schweißgeruch ein, als sich weiter der frostigen Luft auszusetzen.
    Doch es war nicht nur das unbarmherzige Licht und die noch unbarmherzigere Kälte – die Kälte des Todes, die Kälte des Grabes und der schwarzen Felswand über den Gedenktafeln auf der
Beechey-Insel –, die Goodsir bedrängten. Es waren auch die Geräusche. In zwei dunklen Wintern hatte sich der Arzt an das Ächzen der Planken, an das Quietschen und Klirren von Metall und an die launenhaften Laute des Eises gewöhnt, das die Schiffe in seinem Würgegriff hielt. Doch hier draußen, wo ihn nur einige Schichten Wolle und Wolfsfell von den Elementen trennten, schien das Rucken und Brüllen des Eises einfach unerträglich. Es war, als müsste er auf dem Bauch eines wilden Tieres schlafen. Das Gefühl, dass sich das Eis unter ihm bewegte, war so stark, dass sich alles um ihn zu drehen begann, als er sich so klein wie möglich einrollte.
    Irgendwann gegen zwei Uhr früh – kurz davor hatte er im schwachen Licht, das durch die Schlafsacköffnung fiel, auf seine Taschenuhr gesehen – war Goodsir in einen halbbewussten Zustand hinübergeglitten, der eine entfernte Ähnlichkeit mit Schlaf hatte, als ihn zwei ohrenbetäubende Detonationen auffahren ließen.
    Er kämpfte mit seinem schweißstarren Schlafsack wie ein Neugeborenes mit einer Glückshaube. Schließlich gelang es dem Arzt, Kopf und Schulter freizubekommen. Die schneidend kalte Nachtluft schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass sein Herz stolperte. Am Himmel wurde es schon wieder heller.
    »Was ist?«, rief er. »Was ist passiert?«
    Der Zweite Unterleutnant Des Voeux und drei Seeleute standen hoch aufgerichtet auf ihren Schlafsäcken, in den geschützten Händen lange Messer, mit denen sie anscheinend geschlafen hatten. Leutnant Gore war aus dem Zelt herausgeschossen. Er war vollständig angekleidet und hielt eine Pistole in der bloßen Hand.
    »Rapport!«, zischte Gore Charlie Best an, einen der beiden Wachposten.
    »Es waren Bären, Sir«, meldete Best. »Zwei Stück. Große Brocken. Haben die ganze Nacht rumgeschnuppert – die haben wir
doch schon eine halbe Meile vor unserem Lager gesehen, wissen Sie noch? Sie sind näher und näher gekommen, immer im Kreis, da haben wir uns nicht mehr anders zu helfen gewusst, John und ich, und auf sie geschossen, um sie zu verscheuchen.«
    Der siebenundzwanzigjährige John Morfin war der zweite Posten der Mittelwache.
    »Ihr habt beide geschossen?« Der Leutnant war auf einen Eishaufen in der Nähe geklettert und suchte die Gegend mit seinem Fernrohr ab. Goodsir wunderte sich, dass die Hände des Mannes noch nicht am Messing festgefroren waren.
    »Jawohl, Sir«, antwortete Morfin. Der Seemann hantierte unbeholfen mit Patronen in den wollbedeckten Fingern herum, um seine Flinte nachzuladen.
    »Habt ihr sie getroffen?«, fragte Des Voeux.
    »Aye aye, Sir«, erwiderte Best.
    »Hat aber nichts genutzt«, sagte Morfin. »Nur mit Flinten auf eine Entfernung von ungefähr dreißig Schritt. Diese Bären haben ein dickes Fell, und der Schädel ist noch dicker. Zumindest hat es ihnen so weh getan, dass sie abgedreht sind.«
    »Ich kann sie nirgends sehen«, erklärte Leutnant Gore von seinem Eishügel in zehn Fuß Höhe über dem Zelt aus.
    »Wir glauben, sie kommen aus diesen kleinen offenen Löchern im Eis«, sagte

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