Terrorist
auf. Nun, da sie barfuß ist, reicht ihr blond gesprenkelter, stachliger Kopf kaum bis zu Ahmeds Kehle. Sie stößt an seine Brust, als sie erst auf dem einen, dann auf dem anderen Bein balanciert, um aus ihrem roten Vinylrock und dem hauchdünnen schwarzen Höschen zu steigen. Als das geschafft ist, senkt sie das Kinn und die Lider und steht wartend da, die Arme über den Brüsten gekreuzt, als mache das Nacktsein sie schamhafter.
Er tritt zurück und sagt, voller Verwunderung über die wahre, entblößte, verletzliche Joryleen: «So sieht es also aus, das beliebteste Mädchen der Schule.» Dann erklärt er ihr: «Meine Kleider lassen wir an. Ich schau mal, ob ich nicht eine Decke und ein paar Kissen finde.»
«Hier oben ist’s ganz schön heiß und stickig», sagt sie. «Ich weiß nicht, ob wir da eine Decke brauchen.»
«Eine Decke zum Darunterlegen», stellt er klar, «um die Matratze zu schützen. Weißt du, was eine gute Matratze kostet?» Die meisten sind durch dicke Plastikfolie geschützt, aber darauf zu liegen wäre unangenehm, sie klebten an der Haut.
«Hey, können wir nicht mal dalli, dalli machen?», beschwert sie sich. «Ich steh hier völlig ausgezogen da – was ist, wenn jemand raufkommt?»
«Erstaunlich, dass dir das Sorge macht», sagt er, «wo du so viele Nummern schiebst.» Er hat eine Verantwortung übernommen – ein Nest für sich und eine Gefährtin zu schaffen; ein aufregendes, aber auch beängstigendes Gefühl. Als er sich kurz vor der Treppe umblickt, sieht er sie gelassen im Schein der Lampe dasitzen, sich eine weitere Zigarette anzünden, und dann die wellige Struktur, die der Rauch im Lichtkegel erzeugt. Rasch lauft Ahmed hinunter, damit sich Joryleen nicht verflüchtigt. Eine Decke findet er zwischen den Möbelstücken im Hauptausstellungsraum nicht, schnappt sich aber zwei Kissen von einem Sofa mit Chenillebezug und nimmt dazu einen kleinen Orientteppich, eins zwanzig mal eins fünfzig, mit. Diese hastigen Erledigungen beruhigen ihn ein wenig, aber die Beine zittern ihm noch immer.
«Wird auch Zeit», ruft sie ihm entgegen. Er legt den Teppich und die Kissen auf die Matratze, und Joryleen streckt sich auf dem verschlungenen Muster des blau gerandeten Teppichs aus – die traditionelle Darstellung eines Oasengartens, hat Habib Chehab ihm erklärt, von einem Wasserlauf umgeben. Joryleen hat hinter ihrem Kopf auf dem Chenillekissen einen Arm angewinkelt und gibt eine rasierte Achselhöhle den Blicken frei. «Mann, ist das vielleicht schrullig», sagt sie, als er sich neben sie legt, ohne Schuhe, sonst aber angezogen.
Sein Hemd wird verknittern, aber das muss er wohl in Kauf nehmen. «Darf ich den Arm um dich legen?», fragt er.
«Meine Güte! Klar doch. Du hast Anrecht auf viel mehr.»
«Ich will nur das», sagt er. «Mehr ertrag ich nicht.»
«Okay, Ahmed – jetzt entspann dich mal.»
«Ich möchte nichts tun, was du als abstoßend empfindest.»
Darüber muss sie lächeln, dann lachen, und daher spürt er seitlich am Hals ihren warmen Atem. «Das wäre auch schwieriger, als du wissen möchtest.»
«Warum machst du’s dann? Dich von Tylenol so rausschicken lassen, meine ich.»
Sie seufzt, und wieder trifft ein Hauch von Leben seinen Hals. «Du weitit noch nicht viel über Liebe. Er ist der Mann, dem ich gehöre. Ohne mich hat er nicht viel. Er wäre eine traurige Figur, und vielleicht liebe ich ihn zu sehr, um ihn das merken zu lassen. Es ist für einen schwarzen Mann, der in New Prospect arm aufgewachsen ist, keine Schande, eine Frau zu haben, die er verhökern kann – damit beweist er, dass er ein ganzer Mann ist.»
«Schon, aber was kannst du dir damit beweisen?» «Dass ich mit jeder Scheiße klarkomme, nehm ich an. Es ist ja nur für eine Weile. Ich bin nicht auf Drogen, dann kommen die Mädchen nämlich nicht mehr los – sie werfen die Drogen ein, damit sie die Scheiße aushalten können, und dann wird die Sucht zur eigentlichen Scheiße. Ich rauch nur Gras, und ab und zu mal einen Zug Crack; an meine Venen kommt keiner ran. Wenn sich die Umstände ändern, kann ich jederzeit gehen.»
«Joryleen! Wie könnten sie sich denn ändern?»
«Wenn er sich auf irgendwas anderes einlässt, zum Beispiel. Oder wenn ich sage, ich mach’s nicht mehr.»
«Ich glaub nicht, dass er dich so leicht gehen lässt. Du sagst ja selbst, du bist alles, was er hat.»
Durch ihr Schweigen gesteht sie ein, dass dies die Wahrheit ist, und es verleiht ihrem Körper in seinem Arm ein
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